Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vorschuss auf Übergangsgeld bei medizinischer Rehabilitation. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. verfassungskonforme Auslegung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Vorschussleistungen des Grundsicherungsträgers nach § 25 SGB 2 handelt es sich nicht um originäre Leistungen des Arbeitslosengelds II, sondern um Übergangsgeld.
2. Die Vorschussleistungen des Grundsicherungsträgers nach § 25 SGB 2 sind als Einkommen zu bereinigen.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2010 unter Abänderung des Bescheids vom 10. März 2009 und der Änderungsbescheide vom 17. März 2009 und 30. April 2009 verurteilt, den Klägern für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. April 2009 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch in Höhe 47,13 EUR monatlich zu gewähren. Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten der Kläger. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Leistungsgewährung an den Kläger zu 1) die Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR sowie die Kraftfahrzeugversicherung in Höhe von 17,13 EUR bei der Zahlung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Übergangsgeld) durch die Beklagte zu berücksichtigen sind.
Die Kläger beziehen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) Grundsicherung für Arbeitsuchende und bilden eine Bedarfsgemeinschaft. Mit Bescheid vom 10. März 2009 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2009 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 791,80 EUR. Mit Bescheid vom 17. März 2009 hob die Beklagte den Bescheid vom 10. März 2009 teilweise mit Wirkung zum 1. März 2009 auf und berechnete den Leistungsanspruch der Kläger für den Zeitraum vom 1. Februar 2009 bis 30. Juni 2009 aufgrund geänderter persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse neu. Die Beklagte bewilligte nunmehr den Klägern monatliche Grundsicherungsleistungen in Höhe von 831,30 EUR.
Mit Bescheid vom 16. April 2009 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland dem Kläger zu 1) mit Wirkung zum 19. Januar 2009 kalendertäglich ein Übergangsgeld in Höhe von 18,95 EUR. Gleichzeitig teilte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland dem Kläger zu 1) mit, dass die Beklagte aufgrund ihres Vorleistungseintritts einen Erstattungsanspruch angemeldet habe.
Mit Bescheid vom 30. April 2009 hob die Beklagte den Bescheid vom 17. März 2009 mit Wirkung zum 1. Mai 2009 auf und berechnete die Leistung für den Zeitraum vom 1. Mai 2009 bis 30. Juni 2009 neu. Dabei berücksichtigte die Beklagte ab 1. Mai 2009 das Übergangsgeld des Klägers zu 1) als Einkommen und bereinigte diesen um die Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR und die Kraftfahrzeugversicherung in Höhe von 17,13 EUR. Der Bedarfsgemeinschaft bewilligte die Beklagte Leistungen in Höhe von 309,93 EUR.
Am 8. Juni 2009 teilte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland dem Kläger zu 1) mit, dass diesem für den Zeitraum vom 19. Januar 2009 bis 30. April 2009 ein Übergangsgeld in Höhe von 1932,90 EUR zustand und die Beklagte in gleicher Höhe einen Erstattungsanspruch geltend gemacht habe.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2009 berücksichtigte die Beklagte die Zahlung des Übergangsgeldes zum 17. Juli 2009 beim Kläger zu 1) ab 1. Juli 2009 und bewilligte Leistungen in Höhe von monatlich 851,30 EUR. Hierbei berücksichtigte die Beklagte ebenfalls die Versicherungspauschale sowie die Kosten für die Kraftfahrzeugversicherung.
Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2009 stellte der Kläger zu 1) einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) bezüglich des Bescheids vom 10. März 2009 und bat um die Absetzung der Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR und der Kraftfahrzeugversicherung in Höhe von 17,13 EUR bezüglich des Leistungszeitraums vom 1. Januar 2009 bis 30. April 2009. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 16. Februar 2010 eine Änderung des Bescheides vom 10. März 2009 mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Bezug von Übergangsgeld im Rahmen des § 25 SGB II nicht um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II handele und es somit auch nicht um die Absetzungsbeträge der Arbeitslosengeld II-Verordnung bereinigt werden könne. Es handele sich dabei vielmehr um Vorleistungen des Grundsicherungsträgers für den Rentenversicherungsträger und damit um eine Leistung von Arbeitslosengeld II, die nicht bereinigt werden könne.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger zu 1) mit Schriftsatz vom 21. Februar 2010 Widerspruch ein. Diesen begründete er damit, dass durch die Regelung des § 25 SGB II gerade keine Umqualifizierung der Rentenleistungen in eine Grundsicherungsleistung stattfände, sondern es vielmehr bei einer Rentenleistung verbleibe. Diese müsse daher als Einkommen nach § 11 SGB II berücksichtigt und um die Absetzungsbeträge bereini...