Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. verdeckt unzulässiges Mahnverfahren. unzulässige Verbindung von Beitragsrückständen aus privater Kranken- und Pflegeversicherung. Zulässigkeit des sozialgerichtlichen Klageverfahrens zu privaten Pflegeversicherungsbeiträgen nach Abtrennung und Verweisung. Gerichtskosten. Kostentragungspflicht des Klägers
Leitsatz (amtlich)
Wird ein sog verdeckt unzulässiges Mahnverfahren, das gegen § 182a Abs 1 SGG verstößt, da rückständige Beiträge zur privaten Pflegeversicherung mit solchen der privaten Krankenversicherung verbunden wurden, vom zuständigen Amtsgericht nicht als unzulässig zurückgewiesen (§ 691 Abs 1 S 1 Nr 2 ZPO), sondern nach Widerspruch an das örtlich zuständige Landgericht abgegeben, das seinerseits die auf dem Pflegeversicherungsvertrag beruhende Forderung an das zuständige Sozialgericht verweist, ist die Klage vor dem Sozialgericht nicht unzulässig. Ab Eingang beim Sozialgericht ist nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes zu verfahren und nicht nach für das Mahnverfahren geltende Vorschriften (§ 182a Abs 2 SGG). Beim verdeckt unzulässigen Mahnverfahren sind die Gerichtskosten des Mahnverfahrens immer von dem Kläger zu tragen, da dieser im Fall der Zurückweisung auch keine Kostenerstattung vom Beklagten erhalten hätte.
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.515,01 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einem Teilbetrag in Höhe von 1.295,46 Euro seit 5. Juni 2016 und auf einen Teilbetrag in Höhe von 219,55 Euro seit dem 23. September 2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die anteiligen Gerichtskosten des Mahnverfahrens zu tragen, die die in Höhe von 1.431,45 Euro geltend gemachten Pflegeversicherungsbeiträge betreffen. Die Beteiligten haben sich außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens sind rückständige Beiträge zu einer privaten Pflegeversicherung für den Zeitraum 1. September 2009 bis 30. November 2015 in Höhe von insgesamt 1.694,91 Euro.
Die Klägerin ist ein privates Kranken- und Pflegeversicherungsunternehmen. Zwischen ihr und dem Beklagten, einem Selbständigen, besteht seit 1. Juli 1997 ein privater Pflegepflichtversicherungsvertrag PVN (Pflegeleistungen für Personen ohne Beihilfeanspruch), neben einem Krankenversicherungsvertrag und einer Krankenzusatzversicherung. Alle Verträge werden unter der Vertragsnummer 06/24/1.973271.6 geführt.
Für die Pflegeversicherung betrug der monatliche Beitrag laut Versicherungsschein vom 3. Mai 2008 ab 1. Juli 2008 35,98 Euro. Dieser veränderte sich laut Versicherungsschein vom 7. November 2009 ab dem 1. Januar 2010 auf 36,90 Euro, laut Versicherungsschein vom 5. November 2011 ab 1. Januar 2012 auf 35,52 Euro, laut Versicherungsschein vom 3. November 2012 ab 1. Januar 2013 auf 37,62 Euro, laut Versicherungsschein vom 8. November 2014 ab 1. Januar 2015 auf 43,91 Euro. Die Monatsbeiträge werden laut § 8 Abs. 1 AVB (MB/PPV 2009) zum Ersten eines jeden Monats fällig.
Der Beklagte zahlte seine Monatsbeiträge seit 1. September 2009 unregelmäßig. Die Klägerin reichte zur Darlegung einen Kontoauszug ein, in dessen zweiter Spalte von rechts die fälligen monatlichen Beiträge zur Pflegeversicherung und die Zahlungen des Beklagten hierauf im Zeitraum vom 1. September 2009 bis 1. November 2015 dargestellt sind (Anlage K8). Auf dessen Inhalt wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz verwiesen.
Die Klägerin hat kein Mahnschreiben nachgewiesen.
Die Klägerin, vertreten durch den Klägervertreter, stellte am 1. Juni 2015 beim Amtsgericht Stuttgart einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides, der am 2. Juni 2015 erlassen und am 5. Juni 2015 dem Beklagten zugestellt wurde. Sie verband hierbei - in einer durch die Bezeichnung “Prämienrückstand f. Krankheitskostenversicherung„ für das Amtsgericht Stuttgart nicht erkennbaren Weise - ausstehende Krankenversicherungsbeiträge und Pflegeversicherungsbeiträge. Am 18. Juni 2015 ging beim Amtsgericht Stuttgart ein Widerspruch des Beklagten ein, worauf das Verfahren nach Eingang des Abgabeantrags am 4. Juli 2016 an das Landgericht Mainz abgegeben. Im Schriftsatz vom 25. Juli 2016 legte die Klägerin offen, dass im gerichtlichen Mahnbescheid 1.431,45 Euro Pflegepflichtversicherungsbeiträge enthalten waren und beantragte insoweit Abtrennung und Verweisung an das Sozialgericht Mainz, was mit Beschluss vom 26. Juli 2016 (Abtrennung) und Beschluss vom 18. August 2016 (Verweisung) erfolgte. Die Klage ging am 26. August 2016 beim Sozialgericht Mainz ein.
Die Klägerin trägt vor, dass der Beklagte den Rückstand nicht gezahlt habe. Bei den 1.431,45 Euro handele es sich um rückständige Pflegeversicherungsbeiträge bis Mai 2015. Sie erweitert die Klage um 263,46 Euro. Es handele sich hierbei um die Beiträge für sechs weitere Monate.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.694,91 Euro nebst Zinsen in Hö...