Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Wohngruppenzuschlag. Entgegenstehen heimrechtlicher Vorschriften. Nichtvorliegen einer selbstorganisierten Wohngemeinschaft nach § 6 WTG RP 2009. Zweifel an freier Wählbarkeit des Pflegedienstes
Leitsatz (amtlich)
Die in § 38a Abs 1 Nr 4 SGB XI genannten "heimrechtlichen Vorschriften", die nicht entgegenstehen dürfen, sind solche des Landesrechts. Sie stehen nicht entgegen, wenn die Heimaufsicht nicht greift. Dies ist in Rheinland-Pfalz ausschließlich bei den selbstorganisierten Wohngemeinschaften nach § 6 Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (LWTG; juris: WTG RP 2009) der Fall.
Anschluss an das Urteil des SG Mainz vom 6.2.2015 - S 7 P 14/14 = NZS 2015, 544 betreffend bundesrechtliche Ausschlussgründe.
Orientierungssatz
Auch nach § 38a SGB 11 in der ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung scheidet ein Anspruch aus.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beklagte hat der Klägerin außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Wohngruppenzuschlags nach § 38a SGB XI seit 4. Juni 2013.
Die Klägerin ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Sie erhält Leistungen der Beklagten wegen Pflegebedürftigkeit, seit 6. September 2011 nach Pflegestufe II und seit 1. April 2014 nach Pflegestufe I. Sie lebt seit 15. September 2012 im Haus St N., W., einer Wohngemeinschaft für demenziell Erkrankte mit zwei Gruppen mit jeweils elf Bewohnerinnen oder Bewohnern. Träger ist die C.S. C.-Dienstleistungs- und Serviceunternehmen W. GmbH, eine vom C. Verband W. beherrschte Gesellschaft. Geschäftsführer der GmbH ist der Vorstand des C. Verband W. e.V., Herr C. Direktor G. D. Es handelt sich um eine Einrichtung im Sinne des § 5 des Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe (LWTG) Rheinland-Pfalz. Sämtliche Bewohner sind pflegebedürftig im Sinne der sozialen Pflegeversicherung.
Die Klägerin hat mit der C. S. C.-Dienstleistungs- und Serviceunternehmen W. GmbH einen Mietvertrag über Wohnräume geschlossen. Die Bruttowarmmiete beträgt 367,27 Euro. Laut § 18 dieses Vertrages “ist der Mieter der Mietergemeinschaft im Haus als Mitglied der Mietergemeinschaft berechtigt, darüber zu entscheiden, wer die persönlichen Dienstleistungen Pflege, hauswirtschaftliche Leistungen, Mahlzeitenversorgung, sonstige hauswirtschaftliche Leistungen, persönliche Beratung und Unterstützung, soziale Betreuung und ständige Personalpräsenz jeweils für die Mieter erbringt.„ Die Mietergemeinschaft wählt jährlich einen Sprecher für den Bereich der persönlichen Dienstleistungen. Jährlich ist auch über den Dienstleister zu entscheiden. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit getroffen. Der Mieter ist für den ausgewählten Dienstleister auch dann zahlungspflichtig, wenn er Dienstleistungen in den genannten Bereichen von anderen Leistungserbringern entgegen nimmt. Durch Beschluss mit einfacher Mehrheit darf die Mietergemeinschaft den Sprecher bevollmächtigen, namens und mit Vollmacht aller Mieter, Verträge mit den Leistungserbringern abzuschließen.
Die Klägerin hat weiterhin mit dem C.-Verband einen Betreuungsvertrag über benötigte Hilfestellungen, soweit sie nicht Gegenstand des Pflegevertrages sind. In § 1 des Vertrages sind Mahlzeitenversorgung, hauswirtschaftliche Leistungen (Putzen, Waschen, Bügeln), persönliche Beratung und Unterstützung sowie Betreuung (Tagesstrukturierende Maßnahmen) und ständige Personalpräsenz genannt. Sie zahlt monatlich als von der Pflegestufe und der Leistungshöhe der Beklagten abhängige Betreuungsvergütung in Höhe von 462,75 Euro in Pflegestufe II bzw. 366,25 Euro in Pflegestufe I. Hinzu kommt eine Hauswirtschaftspauschale für die Essensversorgung sowie weitere hauswirtschaftliche Anschaffungen in Höhe von 293,50 Euro. Schließlich hat sie mit der Sozialstation St. L. W. einen Pflegevertrag über Sachleistungen der Behandlungspflege abgeschlossen
In einem Flyer des C.-Verbands W. heißt es: “Sollte ein Mieter Unterstützung im Bereich der körperlichen Pflege oder bei der Übernahme von medizinisch notwendigen Leistungen benötigen, so wird diese nach Bedarf, durch die C. Sozialstation St. L. erbracht. Die Koordination der Leistungen kann über die Präsenzkräfte erfolgen. Auf der im Nachgang zur Entscheidung des Sozialgerichts Mainz mit dem Az. S 7 P 14/14 nicht mehr im Internet aufrufbaren und insoweit als Ausdruck aus diesem Verfahren beigezogenen Internetseite der Wohngemeinschaften im Haus St. N. befand sich auch ein Link zum Flyer der Sozialstation St. L. Die Sozialstation St. L. gehört direkt zum C.-Verband W. Laut Organigramm des C.-Verbandes W. handelt es sich bei beiden Einrichtungen um direkt dem Fachbereich “Fachbereich Kranken- u. Altenhilfe„ unterstellte Dienststellen des Verbandes.
Am 27. Juni 2013 (Datum des Schreibens: 4. Juni 2013) beantragte die Klägerin bei der Beklagten einen Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI.
Mit Bescheid vom 20. August 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da e...