Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Abrechnung der Gebührenordnungsnummer 01770 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen bei Betreuung einer Schwangeren

 

Orientierungssatz

Die Regelung in Abs 3 der Gebührenordnungsnummer 01770 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (juris: EBM-Ä) ist eindeutig und abschließend formuliert. Sie enthält keine Einschränkungen und lässt auch nicht erkennen, dass der Abrechnungsausschluss nur grundsätzlich vorbehaltlich etwaiger Ausnahmen gelten soll. Daher kann diese Leistung für die Betreuung einer Schwangeren im Laufe eines Quartals nur von einem Vertragsarzt abgerechnet werden. Dies gilt auch, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung der Schwangeren eingebunden sind (zB bei Vertretung, im Notfall oder bei Mit- bzw Weiterbehandlung).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.02.2015; Aktenzeichen B 6 KA 15/14 R)

 

Tenor

1.

Die Bescheide vom 03.11.2009, 25.01.2010 und 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2012 werden aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über die Honorarberichtigungsanträge der Klägerin vom 29.11.2007 und vom 22.01.2009 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

2.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung sachlich-rechnerischer Korrekturen im Quartal 2/2007.

Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse, nämlich die Allgemeine Ortskrankenkasse für Rheinland-Pfalz und das Saarland (§ 4 Abs. 1, 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V). Die Beklagte ist die Kassenärztliche Vereinigung (KV) für das Land Rheinland-Pfalz (§ 77 Abs. 1 Satz 1 SGB V).

Die AOK - Die Gesundheitskasse für Rheinland-Pfalz (im Folgenden: AOK), deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist, beantragte mit Schreiben vom 29.11.2007, bei der Beklagten eingegangen am 03.12.2007, eine Überprüfung vertragsärztlicher Abrechnungen des Quartals 2/2007. Sie machte geltend, dass die Schwangerenbetreuungspauschale nach GO-Nr. 01770 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM) in 152 Fällen ungerechtfertigt abgerechnet worden sei, woraus sich ein Betrag von 16.832,48 € ergebe. Die AOK legte eine Liste der geltend gemachten Beanstandungen vor. Sie machte geltend, dass die Leistungsziffer nach den Abrechnungsbestimmungen jeweils nur von einem Arzt je Quartal abgerechnet werden könne, auch wenn mehrere Ärzte dieselbe Schwangere im gleichen Quartal betreuten. Eine Teilung der Leistung sei nicht möglich. Dies gelte auch, wenn mehrere Vertragsärzte in die Betreuung der Schwangeren eingebunden seien.

Mit Schreiben vom 22.01.2009 erweiterte die AOK ihren Antrag zur Korrektur der Mehrfachabrechnung der GO-Nr. 01770 um sog. bereichsfremde Datensätze in Höhe von 8.305,50 €.

Mit Bescheid vom 03.11.2009 teilte die Beklagte mit, dass die Beanstandungen der AOK nur in fünf Behandlungsfällen berechtigt gewesen seien. Nach sachlichrechnerischer Berichtigung dieser Fälle erfolge eine Gutschrift in Höhe von 554,05 € an die AOK. Die Beklagte wies darauf hin, dass sie in folgenden Fallvarianten die Beanstandung nicht akzeptiere:

 A     

 Prüfung nicht möglich, da die Fälle teilweise oder komplett zu Lasten fremder KVen abgerechnet wurden

 B     

 Überweisender Arzt nicht ersichtlich

 C     

 Beide Praxen haben die Leistung auf Originalscheinen abgerechnet

 D     

 Eine Praxis reicht einen Originalschein, die andere einen Überweisungsschein ein, die nicht von der Praxis mit dem Originalschein stammt

 E     

 Beide Praxen rechnen Überweisungsscheine ab, die von der gleichen Praxis ausgestellt wurden

 F     

 Beide Praxen rechnen Überweisungsscheine von verschiedenen Ausstellern ab

 G     

 Im laufenden Quartal werden auch Vorquartale abgerechnet

 H     

 Der überweisende Gynäkologe rechnet selbst keine Mutterschaftsvorsorge ab

 V     

 Die beanstandeten Patienten sind nach den Unterlagen der Beklagten nicht in der Abrechnung enthalten

Mit Bescheid vom 25.01.2010 teilte die Beklagte mit, dass zwei weitere Richtigstellungen im Quartal 2/2007 erfolgt seien und der AOK weitere 221,62 € gutgeschrieben würden.

Mit Schreiben vom 03.02.2010 teilte die AOK mit, dass sie sich der Auffassung der Beklagten nicht anschließe und forderte die Beklagte betreffend die Quartale 2/2007 bis 2/2008 zu weiteren Berichtigungen bei der GO-Nr. 01770 auf.

Mit weiterem Bescheid vom 25.10.2011 wies die Beklagte nochmals darauf hin, dass sie in bestimmten Fallvarianten die Beanstandungen der AOK nicht akzeptiere und entsprechend dem Schreiben vom 25.01.2010 eine Gutschrift in Höhe von 221,62 € erfolgt sei.

Die AOK widersprach erneut dem Prüfergebnis der Beklagten und machte geltend, dass immer nur ein Arzt die GO-Nr. 01770 pro Quartal abrechnen könne, unabhängig davon, aus welchem Grund ein zweiter Gynäkologe hinzugezogen werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2012 wies die Beklagte die ...

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