Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Honorarvertrag 2009. unterdurchschnittlich abrechnende Arztpraxen. Grundsätze der BSG-Rechtsprechung über Wachstumsmöglichkeiten. Regelleistungsvolumina in Höhe des Fachgruppendurchschnitts. Anordnungsgrund iS des § 86b Abs 2 SGG. erhebliche wirtschaftliche Nachteile
Leitsatz (amtlich)
1. Der Honorarvertrag 2009, abgeschlossen von den Partnern der Gesamtverträge, ist im Hinblick auf die Zuweisung von Regelleistungsvolumina für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen lückenhaft.
2. Die entstandene Lücke ist durch die vom BSG entwickelten Grundsätze über Wachstumsmöglichkeiten für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen auszufüllen.
3. Solange der Honorarvertrag 2009 keine spezifischen Regelungen für das Wachstum unterdurchschnittlich abrechnender Praxen enthält, sind diesen Praxen nach den allgemeinen Grundsätzen Regelleistungsvolumina in Höhe des Durchschnitts der Fachgruppe zuzubilligen.
Orientierungssatz
Erhebliche wirtschaftliche Nachteile, die entstehen, wenn das Ergebnis eines langjährigen Hauptsacheverfahrens abgewartet werden müsste, können für einen Anordnungsgrund iS des § 86b Abs 2 SGG ausreichen.
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Antragsstellerin ab dem Zeitpunkt des Vorliegens der Abrechnungsgenehmigung für die betriebenen Geräte das Recht zusteht, Leistungen im Fachgebiet der Radiologie bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts vergütet zu erhalten.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten sowie die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens über die Höhe des zugewiesenen Regelleistungsvolumens.
Die Klägerin ist eine radiologische Gemeinschaftspraxis mit Vorhaltung von CT und MRT und seit dem 1.1.2008 in der Zusammensetzung Frau Dr. D, Herr Dr. E und Herr Dr. F zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Dres. E und F betrieben gemeinsam schon seit 2004 eine Praxis an unterschiedlichen Standorten, Frau Dr. D kam im Januar 2008 dazu. Praxissitz der neuen Gemeinschaftspraxis ist A-Stadt. Nach einigen zeitlichen Verzögerungen hat die Antragstellerin ihre Praxisräume - für die Investitionen in einer Größenordnung von 6,5 Mio. € getätigt wurden - nunmehr fertig gestellt und ihre Tätigkeit aufgenommen. Für die betriebenen Geräte liegt bisher noch keine Abrechnungsgenehmigung vor. Diese ist jedoch in den nächsten Tagen zu erwarten.
Grundlage der Investitionsentscheidung der Antragstellerin war ein Schreiben der Antragsgegnerin vom 02.10.2007, mit folgendem Wortlaut:“Grundsätzlich muss ich erwähnen, dass eine verbindliche Aussage bezüglich der Honorarverteilung im Jahr 2008 nicht möglich ist…Somit kann ich nur Angaben machen, wie die Honorarverteilung aussehen würde, wenn sich an den jetzigen Bedingungen nichts grundlegend ändern würde…Mit dem 1. Quartal 2008 erlischt Ihr Status “Junge Praxis„. Dies bedeutet, dass Sie im Rahmen der Fallzahlbegrenzungsregelung an Ihren eigenen Fallzahlen aus gewissen Vorquartalen gemessen werden (sofern solche vorliegen). Letztendlich haben Sie jedoch immer Anspruch auf die durchschnittliche Fallzahl Ihrer Fachgruppe…„
Mit Bescheid vom 09.06.2009 erhielt die Antragstellerin zudem die Genehmigung, eine Zweigpraxis in C-Stadt zu betreiben.
Die Antragsgegnerin wies der Antragstellerin auf der Grundlage der Fallzahlen aus dem Jahr 2008 mit Bescheid vom 27.05.2009 ein Regelleistungsvolumen in Höhe von 3.700,09 € für das Quartal III/09 zu. Die Beklagte hat dabei auf Grundlage des neuen Honorarvertrages eine Addition der RLV aller drei Ärzte vorgenommen. Aus verschiedenen Gründen haben die Ärzte der Antragstellerin im Jahr 2008 nur in sehr eingeschränktem Umfang ihre vertragsärztliche Tätigkeit ausgeübt. Sie waren im privatärztlichen Bereich tätig und haben Praxisvertretungen übernommen. Gegen den Bescheid hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt.
Auch für die vorausgegangenen Quartale, in denen die neue Gemeinschaftspraxis jedoch noch nicht betrieben wurde, ist die Antragsgegnerin entsprechend vorgegangen und hat der Antragstellerin für das Quartal I/09 ein Regelleistungsvolumen von 19.870,12€ und für das Quartal II/09 ein Regelleistungsvolumen von 1.479,44€ zugebilligt. Gegen die entsprechenden Bescheide läuft jeweils das Widerspruchsverfahren.
Mit Schreiben vom 13.01.2009 beantragt der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin zudem, der Antragstellerin ein Regelleistungsvolumen zuzubilligen, das dem Fachgruppendurchschnitt bezogen auf das Leistungsspektrum der Praxis mit Vorhaltung von MRT und CT entspricht. Dieser als Antrag auf Sonderregelung zu bewertende Antrag wurde seitens der Antragsgegnerin bis heute nicht beschieden.
Gegen die Zuweisung des Regelleistungsvolumens ab dem Quartal III/09 wendet sich die Antragstellerin nun im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes mit Antrag vom 20.07.2009.
Sie trägt vor, dass das Schreiben der Antragsgegnerin vom 02.10.20...