Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Genehmigung einer Zweigpraxis. Darlegung der Versorgungsverbesserung. Kinderzahnheilkunde ist Teil der zahnärztlichen Ausbildung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Vertragszahnarzt, der nicht im Einzelnen darlegt, worin sich seine Tätigkeit von der der anderen Vertragszahnärzte am Ort der Zweigpraxis konkret unterscheiden soll, hat keinen Anspruch auf Genehmigung einer Zweigpraxis.
2. Kinderzahnheilkunde gehört zur Ausbildung aller Zahnärzte.
Tenor
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 01.08.2007 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens um die Genehmigung einer Zweigpraxis.
Der Antragsteller ist Zahnarzt. Er ist zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen und bildet mit seinem Praxispartner, einem Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, der ebf. zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen ist, eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in FX., A-Straße. Die KV Hessen erteilte mit Bescheid vom 04.04.2007 dem Praxispartner eine Genehmigung zur Ausübung ärztlicher Tätigkeit, vom 01.04.2007 bis 31.03.2009, über seinen Praxissitz hinaus in BX., C-Straße.
Am 11.12.2006 beantragten der Antragsteller und sein Praxispartner die Genehmigung zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit an einem weiteren Ort, nämlich in BX., C-Straße. Sie trugen vor, in der Umgebung fehle ein Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, der die gleichen Leistungen wie sie erbringe, weshalb die Versorgung der Versicherten verbessert werde. Als Sprechzeiten seien Montag bis Mittwoch von 12.00-14.00 Uhr, Donnerstag 12.00-17.00 Uhr und Freitag 9.00-11.00 Uhr geplant.
Mit Bescheid vom 19.04.2007 wies die Antragsgegnerin den Antrag ab, weil die allgemeinzahnärztliche Versorgung in BX. bei neun zugelassenen Vertragsärzten gewährleistet sei. Eine Verbesserung der Versorgung durch den Antragsteller scheide aus. Eine Verbesserung der Versorgung durch den Praxispartner sei unstreitig. Dies gelte auch im Hinblick auf zwei weitere in BX. niedergelassene Oralchirurgen, einen in GX. niedergelassenen Oralchirurgen und einen in HX. neben fünf Oralchirurgen niedergelassenen Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Die angegebenen Sprechzeiten in Verbindung mit der Entfernung zwischen den Praxissitzen von 59,8 km und den damit verbundenen reinen Fahrzeiten (bei günstigsten Verhältnissen 45 Minuten je einfacher Wegstrecke) führten allerdings zu einer zeitlichen Abwesenheit von zumindest 20,5 Stunden vom Praxissitz. Damit sei die ordnungsgemäße Versorgung am Sitz in FX. nicht gewährleistet.
Hiergegen legten der Antragsteller und sein Praxispartner am 24.04.2007 Widerspruch ein. Sie trugen vor, sie hätten den Schwerpunkt “Kinderzahnheilkunde„, der in BX. und Umgebung nicht angeboten werde. Diesen übe der Antragsteller aus. Bei neun Stunden Sprechzeiten und einer Fahrzeit von 45 Minuten betrage die Abwesenheit höchstens 13,5 Stunden. Die Sprechzeiten könnten verändert werden. Die Praxis sei in FX. von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr täglich geöffnet; selbst bei vier Stunden Abwesenheit sei sie noch 40 Stunden in der Woche geöffnet. Nach Änderung des BMV-Z habe er für BX. die Sprechzeiten geändert: Dienstag und Mittwoch 13.15 Uhr bis 17.45 Uhr, Donnerstag 14.45 Uhr bis 17.45 Uhr, Samstag nach Vereinbarung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2007 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurück. Ergänzend führte sie aus, die Angabe eines Tätigkeitsschwerpunktes beinhalte lediglich den Hinweis einer nachhaltigen Ausübung in einem Teilbereich der Zahnheilkunde. Dies bedeute nicht eine Verbesserung der gesamten allgemein-zahnärztlichen Versorgung. Auch folge aus solchen fehlenden Angaben nicht, dass die übrigen Zahnärzte keinen entsprechenden Schwerpunkt hätten. Die neuen Sprechzeiten bedeuteten, dass dienstags bis mittwochs Nachmittag der Vertragszahnarztsitz in FX. MKG-chirurgisch nicht besetzt sei. Dies gelte umgekehrt auch für den Sitz in BX..
Hiergegen erhoben der Antragsteller und sein Praxispartner am 01.08.2007 die Klage (Az.: S 12 KA 345/07). Ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren trugen sie bisher vor, abzustellen sei nicht auf den allgemeinen Versorgungsgrad. Besondere Leistungsstrukturen des Vertragszahnarztes in der Zweigpraxis müssten berücksichtigt werden. Der Praxispartner habe 54 Wochenstunden Sprechzeit in A-Stadt. Ein Drittel der Tätigkeit, also 18 Stunden könne er in der Zweigpraxis arbeiten. Berücksichtige man die Fahrzeiten mit 4,5 Stunden, so verblieben 13,5 Sprechstunden. Mit 12 Stunden bleibe er darunter. Auf die Notfallversorgung könne nicht abgestellt werden. Die Antragsgegnerin wolle offensichtlich das Bundesgesetz nicht umsetzen. Der Antragsteller und sein Praxispartner beantragten bisher, die Antragsgegnerin zu verurteilen, ihnen die Tätigkeit an e...