Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Vergütung. Ermittlung des Regelleistungsvolumens. Abhängigkeit von der Berechnung der vorhersehbaren morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Rechtmäßigkeit der Bildung eines bundeseinheitlichen Orientierungswertes und länderspezifischer Honorarverteilungsquoten. Festlegung von Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten. Ermessen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschlüsse des (Erweiterten) Bewertungsausschusses vom 27./28.8.2008, 17.10.2008 und 23.10.2008 stehen in großen Teilen in Einklang mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, §§ 87ff SGB 5.
2. Das bisher bestehende Vergütungssystem nach Rechtskreisen wird im Rahmen der Vorgaben des Gesundheitsfonds relativiert. Aufgrund der spezifischen Ausgestaltung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung wirkt der zwischen den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen bestehende Rechtskreis unmittelbar in den Rechtskreis von Vertragsarzt zur Kassenärztlichen Vereinigung hinein.
3. Der (Erweiterte) Bewertungsausschuss hat die Bildung eines bundeseinheitlichen Orientierungswertes nach § 87a SGB 5 sowie die Bildung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung im Rahmen seines Gestaltungsspielraums in nicht zu beanstandender Weise vorgenommen.
4. In diesem Rahmen war er auch zur Bildung länderspezifischer Honorarverteilungsquoten berechtigt.
5. Der (Erweiterte) Bewertungsausschuss durfte im Rahmen der Bildung von Regelleistungsvolumina Vorwegabzüge für bestimmte Leistungen, die als besonders förderungswürdig angesehen werden, zu Lasten aller Fachgruppen vorsehen. Jedenfalls hat er diesbezüglich seiner Beobachtungspflicht Genüge getan.
6. Der (Erweiterte) Bewertungsausschuss hätte auf der Grundlage der §§ 87ff SGB 5 Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur in den einzelnen Bundesländern festlegen müssen. Diesbezüglich bestand kein Ermessensspielraum. Die Nichtbeachtung dieser gesetzlichen Vorgaben führt zur Rechtswidrigkeit der og Beschlüsse. Insoweit besteht jedoch keine Rechtsverletzung der vertragsärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft, deren Rechtskreis nicht berührt wird, da es im Ermessen der Gesamtvertragspartnern auf Landesebene liegt zu bestimmen, ob und in welcher Weise die Indikatoren zur Messung regionaler Besonderheiten in die regionale Euro-Gebührenordnung einfließen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Gerichtskosten. Die Beteiligten haben einander im Übrigen keine Kosten zu erstatten.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des RLV-Zuweisungsbescheides für das Quartal I/09.
Die Klägerin ist eine überörtliche Gemeinschaftspraxis bestehend aus vier Fachärzten für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde. Mit Zuweisungsbescheid vom 26. November 2008 wurde der Klägerin - noch als Gemeinschaftspraxis mit 3 Ärzten - ein Regelleistungsvolumen (im folgenden RLV) in Höhe von 111.673,39 Euro zugewiesen, wobei jeweils exakt 1/3 der Summe auf die drei Ärzte entfiel. Die RLV-relevante Fallzahl betrug pro Arzt 1.108 Fälle bei einem Fallwert von 30,53 Euro. Zusätzlich erhielt die Gemeinschaftspraxis einen Aufschlag um den Faktor um 1,1 auf Grund der Fachgleichheit der Praxis.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 11.12.2008 Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 11.02.2009 auch begründete. Sie führte aus, der Widerspruch richte sich gegen die generelle Berechnung des RLV. Die Ermittlung desselben beruhe auf den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses (im folgenden EBewA) vom 27. und 28.08. sowie 23.10.2008 sowie dem Beschluss des Bewertungsausschusses (im folgenden BewA) vom 27.10.2008. Dabei sei wesentliche Grundlage für die Ermittlung der Anzahl der individuellen RLV ein arztgruppenspezifischer Anteil am RLV-Vergütungsvolumen eines Versorgungsbereichs. Die Berechnung dieses RLV-Vergütungsvolumens sei wiederum abhängig von der Berechnung der vorhersehbaren morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gemäß Beschluss Teil B. Die Ermittlung dieser morbiditätsbedingten Gesamtvergütung sei fehlerhaft, weil der Beschluss gegen die gesetzlichen Vorgaben des § 87c SGB V verstoße. Nach dieser Vorschrift sei Grundlage für die Ermittlung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung für das Jahr 2009 eine Hochrechnung der aktuellen Daten über die Menge der abgerechneten vertragsärztlichen Leistungen jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung und Anwendung honorarwirksamer Begrenzungsregelungen unter Berücksichtigung der Auswirkungen des EBM 2008.
Gegen diese Vorgabe verstoße Beschluss Teil B Nr. 1.2 hinsichtlich der Feststellung der Leistungsmenge nach Wertstellung. Nach diesem Beschluss werde die je Versicherten und Kasse abgerechnete Leistungsmenge mit einer sog. Honorarverteilungsquote (im folgenden HVV-Quote) multipliziert, die zunächst im Beschluss des EBewA vom 27. und 28.08.2008 bundeseinheitlich mit 0,9059 festgelegt worden sei. Mit dem erneuten Beschluss vom 23.10.2008 habe der EBewA diese H...