Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnarzt. Abrechnung von Wurzelkanalbehandlungen. Beseitigung von Schmerzen. Erforderlichkeit von Röntgenaufnahmen. Abrechnung einer Zystektomie. isolierte Behandlung einzelner parodontal erkrankter Zähne
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Patienten, die als Schmerzfälle abgerechnet werden, kann sich die Behandlung nicht auf Maßnahmen erstrecken, die auf einen späteren Zeitpunkt hätten verschoben werden können. Zur Erlangung von Schmerzfreiheit reicht die Trepanation nach Nr 31 BEMA-Z (juris: EBM-Z) oder die Vitalexstirpation nach Nr 28 BEMA-Z des betroffenen Zahns aus. Insbesondere das zusätzliche Aufbereiten des Wurzelkanalsystems nach Nr 32 BEMA-Z dient danach nicht mehr der Beseitigung der geklagten Schmerzen (vgl LSG Hamburg vom 24.9.2008 - L 2 KA 35/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de; SG Marburg vom 7.12.2005 - S 12 KA 22/05).
2. Eine Wurzelfüllung erfordert im Regelfall drei Röntgenaufnahmen. Zu diagnostischen Zwecken ist vor Beginn der Behandlung eine Röntgenaufnahme anzufertigen. Nach Aufbereitung des Wurzelkanals hat eine weitere Röntgenaufnahme zu Kontrollzwecken zu erfolgen. Diese Aufnahme kann durch andere Messtechniken ersetzt werden. Nach Abschluss der Wurzelbehandlung hat eine dritte Aufnahme zu erfolgen zur Qualitätskontrolle und -sicherung.
3. Die Abrechnung der Zystektomie nach Nr 56a/c (Zy1/Zy3) setzt neben einer im Röntgenbild diagnostizierbaren Zyste, also einem erkennbaren raumfordernden Prozess, einen zusätzlichen, nach Art und Inhalt einer Zystenoperation entsprechenden chirurgischen Aufwand (zusätzliche Kieferresektion, Entfernung eines Zystenbalges, Säuberung von Zystenresten) voraus (vgl SG Marburg vom 3.6.2009 - S 12 KA 520/08 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 53/09 -, mwN).
4. Wird die Abrechnung der Nr 50 (Exz2) BEMA-Z für einzelne Ausnahmefälle zur isolierten Behandlung einzelner parodontal erkrankter Zähne abgerechnet, dann müssen die Voraussetzungen für eine Parodontosebehandlung vorliegen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der konservierend-chirurgischen Abrechnung für die vier Quartale I/06 bis IV/06 in Höhe von noch 4.138,24 Euro in 52 Behandlungsfällen.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. mit Praxissitz in A-Stadt. Seit Ende 2003 bestand sie nach Zulassung des Herrn Dr. AB zur vertragszahnärztlichen Versorgung aus drei Zahnärzten. Frau Dr. AC hat zum 30.06.2009 auf ihre vertragszahnärztliche Zulassung verzichtet.
Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen - Hessen - beschloss in seiner Sitzung am 06.04.2009, die Unterlagen auf Grund der Überprüfung der Honorarabrechnungen für die streitbefangenen Quartale zur sachlich-rechnerischen Berichtigung an die Beklagte zu verweisen. Zur Begründung führte er aus, in einer Reihe von Fällen seien Wurzelkanalbehandlungen durchgeführt worden, zu denen keine Röntgenaufnahmen abgerechnet worden seien. Es gelte aber unter rein zahnmedizinischen Gesichtspunkten als unumstritten, dass unter qualitätsorientierten Gesichtspunkten eine Wurzelbehandlung im allgemeinen nur dann als “lege artis„ angesehen werden könne, wenn therapiebegleitend eine ausreichende Röntgendiagnostik erfolge. Dabei könne im Regelfall von drei Röntgenaufnahmen ausgegangen werden (vor der Behandlung, Nadelmessaufnahme, Kontrollaufnahme). Soweit eine elektrometrische Messung erfolge, sei dies entsprechend zu dokumentieren. Bei den Exzisionen (sowohl nach Nr. 49 als auch Nr. 50 BEMA-Z) sei zu beachten, dass sie neben einer anderen chirurgischen Leistung in derselben Sitzung für dasselbe Operationsgebiet nicht abrechenbar seien. Wenn es sich um getrennte Operationsgebiete handele, so sei die Nr. 50 mehrmals je Kiefer abrechenbar. Für einzelne Ausnahmefälle sei zusätzlich die Möglichkeit vorgesehen, eine isolierte Behandlung einzelner parodontal erkrankter Zähne nach der Nr. 50 (Exz2) abzurechnen. In mehreren Fällen seien die Abrechnungsbestimmungen nicht ausreichend streng beachtet worden. Sie verweise beispielhaft auf fünf Behandlungsfälle. Komme es bei Zystenoperationen (Nr. 56a-d BEMA-Z) zu Zweifeln an der Erfüllung des Leistungsinhalts, so trage der Vertragszahnarzt das Beweislastrisiko. Die Gesamtzahl der Zy-Leistungen sei auf eine zu großzügige Interpretation des Leistungsinhaltes zurückzuführen. In einzelnen Fällen seien die üblichen therapiebegleitenden Aufnahmen nicht angefertigt worden oder wegen qualitativer Mängel nicht auswertbar. Hierzu verwies der Prüfungsausschuss auf zwei Beispielsfälle. Zur Prüfung gab der Prüfungsausschuss daher sämtliche Fälle, bei denen Wurzelbehandlungen ohne Abrechnung von Röntgenaufnahmen zum Ansatz gelangt seien, sämtliche Leistungen nach Nr. 50 (Exz2) und 13 namentlich aufgeführte Fälle im Hinblick auf die Abrechenbarkeit der Nr. 56a bis 56d BEMA-Z an die Beklagte ab. Ferner setzte die gemeinsame Prüfungss...