Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Rechtfertigung einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung. Nachweis der vollständigen Leistungserbringung. Abrechnung der Nr 59 EBM-Z im Zusammenhang mit einer Plattenentfernung
Leitsatz (amtlich)
1. Sind von einem Zahnarzt abgerechnete Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon auszugehen, dass er diese Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Es obliegt dann dem Zahnarzt, die Erbringung der von ihm abgerechneten Leistungen nachzuweisen. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist gerechtfertigt, wenn die gebührenordnungsgemäßen Leistungen und Abrechnungsvoraussetzungen nicht eingehalten worden sind, die Behandlungsdokumentation Vollständigkeit vermissen lässt und Richtlinienverstöße vorliegen, die im Hinblick auf die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beachten und einzuhalten sind (Anschluss an LSG München vom 7.7.2004 - L 3 KA 510/02).
2. Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
3. Die Nr 59 EBM-Z kann nicht im Zusammenhang mit einer Plattenentfernung abgerechnet werden, da die Wundversorgung bereits zwangsläufig auch das Zunähen der Wunde umfasst. Die Nr 59 EBM-Z setzt einen weiteren, selbständigen Eingriff voraus, der auch im OP-Bericht nachzuweisen ist (vgl SG Marburg vom 15.3.2006 - S 12 KA 26/05).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Kieferbruchabrechnung für 2007 in fünf Behandlungsfällen bzgl. der Nr. 59 BEMA-Z in Höhe von 816,96 €.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Herr Dr. Dr. A. ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Herr B. ist Zahnarzt, und Frau Dr. C. sowie Frau D. sind Zahnärztinnen. Sie sind zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Die Beklagte setze mit Bescheid vom 07.01.2009 die Nr. 59 BEMA-Z in fünf Behandlungsfällen (EE, FF, GG, HH und II) die Nr. 59 BEMA-Z ab. Zur Begründung führte sie aus, die Nr. 59 BEMA-Z sei im Rahmen der Wundversorgung nicht neben der Nr. 2694 GOÄ-82 (“Operative Entfernung von Osteosythesematerial aus einem Kiefer- oder Gesichtsknochen, je Fraktur„) gesondert abrechenbar. Es liege bereits ein Urteil des SG Marburg (Az.: S 12 KA 26/05) vor. Das Konto werde mit insgesamt 816,96 € belastet.
Hiergegen legte die Klägerin am 09.02.2009 Widerspruch ein. Sie führte aus, das erstinstanzliche Urteil erfasse den tatsächlichen Zusammenhang nicht direkt und aus diesem Grunde sei eine weitere Prüfung durch das LSG Hessen vorgesehen. In früheren Fällen habe die Beklagte auch einen Ersatz der Nr. 59 BEMA-Z durch die Nr. 57 BEMA-Z vorgenommen.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, für die Behandlung des Patienten Herrn II (AOK Hessen) vom 06. - 25.07.2007 habe die Klägerin viermal Leistungen nach Nr. 2694 GOÄ-82 abgerechnet. Gleichzeitig habe sie für dieselbe Behandlung viermal Leistungen nach Nr. 59 BEMA-Z (“Mundboden- oder Vestibulumplastik im Frontzahnbereich oder in einer Kieferhälfte„) im Rahmen der Vergütung konservierend-chirurgischer Leistungen für das Quartal III/07 (Behandlungstag: 16.07.2007) zur Abrechnung gebracht. Für die Behandlung des Patienten Herrn HH (AOK Hessen) vom 12. - 21.01.2007 habe die Klägerin einmal eine Leistung nach Nr. 2694 GOÄ-82 neben der Nr. 59 BEMA-Z (Behandlungstag 17.01.2007) abgerechnet. Gleiches gelte für die Behandlung der Patienten Frau GG (AOK Hessen) am 10.04.2007 und für die Behandlung des Herrn FF (AOK Hessen) am 26.01.2007 sowie für die Behandlung der Patientin Frau QQ (Bahn-BKK) am 01.02.2007. Ergänzend zum Ausgangsbescheid führte sie weiter aus, die in der Nr. 59 BEMA-Z beschriebene Leistungsposition sei mit der Operation zur Entfernung der Platten oder anderem Osteosynthesematerial abgegolten. Für die Entfernung von Osteosynthesematerial sei ein Schnitt erforderlich und nach erfolgter Operation das Nähen und die übrige Versorgung der Wunde. Der Leistungsinhalt nach Nr. 59 BEMA-Z sei in der Operation nach Nr. 2694 GOÄ-82 komplett erhalten. Anhaltspunkte für eine selbständige Erbringung präprothetisch-chirurgischer Maßnahmen nach Nr. 59 BEMA-Z unabhängig von Operation zur Entfernung von Osteosynthesematerial, wie etwa die Beseitigung störender Schleimhautbänder, die Beseitigung störender Muskelansätze oder die Beseitigung eine...