Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Widerruf einer nach Übergangsrecht erteilten Koloskopiegenehmigung wegen fehlendem Nachweis von Koloskopien
Leitsatz (amtlich)
Soweit eine nach dem Übergangsrecht erteilte Koloskopiegenehmigung widerrufen wegen des fehlenden Nachweises von 200 Koloskopien wird (§ 6 Abs 2 Buchst g S 1 Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 24.7.2006), darf für den erstmaligen Nachweis nur auf einen Zeitraum nach Genehmigungserteilung abgestellt werden.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagte vom 26.08.2009 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 01.07.2009 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anordnung eines Widerrufs der Koloskopie-Genehmigung.
Der Kläger ist als Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Belegarzt in der Klinik CC in ZX.. Er ist nach eigenen Angaben seit 1988 ununterbrochen berechtigt, Leistungen der kurativen Koloskopie zu erbringen. Die Beklagte erteilte mit Bescheid vom 11.07.2003 erneut die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der kurativen Koloskopie (Nr. 760, 764 bis 775 EBM) rückwirkend zum 01.10.2002 aufgrund der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie. Die Genehmigung erteilte sie mit der Auflage, dass die festgelegten Mindestanforderungen bzgl. der jährlich durchzuführenden Koloskopie erfüllt werden und dass der Kläger an den Maßnahmen zur Überprüfung der jährlichen Hygienequalität erfolgreich teilnehme. Die Genehmigung könne widerrufen werden, falls die bei der Erteilung zugrundeliegenden Voraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt gewesen seien oder nachträglich entfielen. Ferner bleibe der Widerruf für den Fall vorbehalten, dass die mit der Genehmigung verbundenen Auflagen nicht eingehalten werden.
Die Beklagte teilte dem Kläger unter Datum vom 12.04.2005 mit, er habe nach Prüfung mit der von ihm eingereichten Unterlagen keine 200 Koloskopien nachgewiesen und somit nicht die Fallzahl von 200 totalen Koloskopien (einschließlich des Zoekums) erfüllt. Könne der Nachweis nach Ablauf von folgenden 12 Monaten erneut nicht geführt werden, werde die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von koloskopischen Leistungen widerrufen.
Die Beklagte bat den Kläger unter Datum vom 03.07.2007 unter Hinweis auf die Nachweispflicht um die Einreichung der Unterlagen. Hieran erinnerte sie unter Datum vom 22.10.2007.
Der Kläger erklärte unter Datum vom 19.11.2007, das Schreiben vom 03.07.2007 habe er nie erhalten. Er habe in den letzten 12 Monaten 209 Koloskopien durchgeführt, davon 91 ambulant (GKV und privat) und 118 stationär (GKV plus privat). Dabei seien mindestens 18 Polypen bzw. Tumore entdeckt und entsprechend behandelt worden. Beiliegend reiche er einige Fälle ein, dokumentiert durch Bild, Histologie oder beides mit der Bitte um Zurücksendung nach Abschluss der Prüfung.
Die Koloskopie-Kommission kam in ihrer Sitzung am 09.04.2008 zu dem Ergebnis, der Kläger habe die Dokumentation von 13 Koloskopien eingereicht. Er solle gebeten werden, die Dokumentation der von ihm genannten 209 durchgeführten Koloskopien einzureichen. Hierauf forderte die Beklagte den Kläger auf, die Nachweise einzureichen. Hieran erinnerte sie unter Datum vom 25.06.2008. Daraufhin reichte der Kläger Unterlagen ein, die die Beklagte wiederum der Koloskopie-Kommission zur Prüfung vorlegte.
Die Beklagte widerrief mit Bescheid vom 26.08.2008 die mit Bescheid vom 11.07.2003 erteilte Abrechnungsgenehmigung, da der Kläger die Auflagen gem. § 6 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie in der Fassung vom 24.07.2006 nicht nachgewiesen habe. Die von ihm eingereichten Unterlagen hätten 89 Befundberichte enthalten, in denen eine hohe Koloskopie beschrieben worden sei. Bei 56 dieser Befundberichte habe die Bilddokumentation vollständig gefehlt. Bei den vorhandenen Bilddokumentationen sei nicht immer der Coecalpol eindeutig erkennbar gewesen. Diese Fälle seien jedoch als Fälle mit vorhandener Bilddokumentation gewertet worden. In nur einem einzigen Fall habe eine histologisch dokumentierte Polypektomie mit Hochfrequenzelektroschlinge vorgelegen. Da der Nachweis nach Ablauf von 12 Monaten erneut nicht erbracht worden sei, werde die Genehmigung widerrufen.
Hiergegen legte der Kläger am 19.08.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, ihm sei bisher eine vollständige Akteneinsicht verwehrt worden. Bei der am 20.11.2008 vor Ort erfolgten Akteneinsicht seien nur Teile der Akte vorhanden gewesen. Es sei ihm auch die Herausgabe seiner Originalunterlagen verweigert worden. Er habe die in § 6 Abs. 1 der Koloskopievereinbarung enthaltenen Fallzahlen quantitativ erreicht. Die Abrechnungsunterlagen könnten die Durchführung der 209 Koloskopien bestätigen. Evtl. fehlende Fälle aus nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Behandlungen werde er nachreichen. Ungeachtet dessen unterliege er ...