Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Erweiterte Honorarverteilung. generelle Nichtberücksichtigung besonderer Kostenanteile. Bildung zu großer Beitragsklassen. Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz

 

Leitsatz (amtlich)

Die generelle Nichtberücksichtigung besonderer Kostenanteile nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der KV Hessen (GEHV) (juris: ErwHVGrs HE) in der ab 1.7.2012 geltenden Fassung verstößt ebenso wie die Bildung der zu großen Beitragsklassen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG (vgl bereits SG Marburg vom 5.11.2014 - S 12 KA 420/14 - juris). Dies benachteiligt insb auch Nephrologen mit hohen Sachkosten.

 

Tenor

1. Unter Aufhebung des Bescheids vom 31.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25.09.2013 wird die Beklagte verpflichtet, über die Eingruppierung des Klägers und die Festsetzung des Quartalsbeitrags zur EHV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Festsetzung der EHV-Beitragsklasse 9 und des EHV-Beitrags in Höhe von 5.643,00 € je Quartal, was einem Jahresbetrag von 22.572,00 € entspricht, nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (GEHV) für das Beitragsjahr 2012/2013 und hierbei insbesondere um die fehlende Berücksichtigung von Dialysesachkosten nach Kapitel 40.14 EBM als besondere Praxiskosten.

Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt seit 01.07.1993 zugelassen. Er führt zusammen mit dem Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie B. die beigeladene Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis).

Die Beklagte setzte in den Quartalen I/10 bis IV/10 das Honorar des Klägers innerhalb der Berufsausübungsgemeinschaft durch Honorarbescheid wie folgt fest:

Quartal

I/10   

II/10 

III/10

IV/10 

Honorarbescheid vom

29.06.2010

27.09.2010

28.12.2010

30.03.2011

Nettohonorar gesamt in €

576.271,60

575.591,21

580.979,00

579.203,19

Bruttohonorar PK + EK in €

572.655,79

570.420,48

584.321,30

583.330,51

Fallzahl PK + EK

768     

752     

677     

604     

Kläger Dr. A.

Bruttohonorar PK + EK in €

340.534,67

375.873,47

345.235,76

362.302,78

EHV-Einbehalt in €

3.201,95

3.378,59

2.966,13

2.994,71

Herr Dr. B.

Bruttohonorar PK + EK in €

232.121,12

194.547,01

239.085,54

221.027,73

EHV-Einbehalt in €

2.259,22

1.814,64

2.175,87

1.987,63

§ 5 GEHV

Kostenanteil (ohne vollständig befreite Honoraranteile) in €

522.889,96

513.930,95

534.262,51

528.335,91

Nicht EHV-relevante Honoraranforderung in €

71.451,50

67.489,30

72.447,59

80.501,55

Honoraranforderung gesamt in €

594.341,46

581.420,25

606.710,10

608.837,46

Abzgl. vollst. befreite Honoraranteile in €

11.550,00

13.650,00

19.359,30

29.349,50

Verbleibende Honoraranforderung in €

582.791,46

567.770,25

587.350,80

579.487,96

Abzgl. berücksichtigungsfähiger Kostenanteil in €

470.438,59

(80,7216%)

462.831,55

(81,5175%)

481.400,94

(81,9614%)

476.182,06

(82,1729%)

Verbleibt in die EHV einzubeziehende Honoraranforderung in €

112.352,87

104.938,70

105.949,86

103.305,90

Die Beklagte stufte mit Bescheid vom 31.08.2012 für den Zeitraum 01.07.2012 bis 30.06.2013 den Kläger in die Beitragsklasse 9 ein und setzte danach den Beitrag je Quartal auf 5.643,00 €, was einem Jahresbetrag von 22.572,00 € entspricht, fest. Hierbei ging sie von folgenden Eckdaten aus:

Gesamthonorar 2010

1.366.508,06 €

Durchschnittshonorar 2010

205.389,02 €

Anteil am Durchschnittshonorar

665,33 %

Ermittelte Beitragsklasse

9       

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25.09.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, insb. die Dialysesachkostenpauschalen nach Kapitel 40.12 EBM (Leistungsbezogene Kostenpauschalen für Sach- und Dienstleistungen bei Behandlung mit renalen Ersatzverfahren und extrarenalen Blutreinigungsverfahren seien wie zuvor bei der EHV-Veranlagung als Vorweg abzuziehen. Zudem stelle die neue Regellösung eine Ungleichbehandlung der vollständig im KV-System arbeitenden Kollegen gegenüber den Kollegen im PHV- oder KfH-System dar, in denen exakt dieselben Dialyseleistungen ohne derartige Zusatzbelastungen erbracht würden.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie verwies auf die Neuregelung der GEHV zum 01.07.2012 hin, die angesichts einer wachsenden Anzahl von EHV-Empfängern und einer gleichzeitig abnehmenden Anzahl von Einzahlern erforderlich geworden sei. Jeder aktive Arzt werde danach in eine der neun Beitragsklassen eingestuft (§§ 3 Abs. 2, 10 Abs. 3 GEHV). Grundlage für die Einstufung bilde das prozentuale Verhältnis des arztindividuellen Honorars am Durchschnittshonorar aller aktiven Vertragsärzte (Beitragszahler). Dabei sei für die Ermittlung der Durchschnittshonorare auf das Vorvorjahr abzustellen, für den Zeitraum III/12 bis II/13 seien som...

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