Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistungsrecht. Eilfall. Erstattung von Aufwendungen Anderer. analoge Anwendung des § 25 SGB 12. Nothelfer. Verabreichung von Medikamenten durch den Arzt
Leitsatz (amtlich)
Nothelfer iS von § 25 SGB 12 ist nur derjenige, der aktiv Hilfe leistet. Nothelfer kann daher nur der Arzt sein, der Medikamente in seiner Praxis an einen bedürftigen Patienten verabreicht, nicht aber das Pharmaunternehmen, das diese Medikamente an den Arzt geliefert hat.
Orientierungssatz
§ 25 SGB 12 ist hier, da es nicht um Sozialhilfeleistungen, sondern um Asylbewerberleistungen nach AsylbLG geht, analog anzuwenden, da das AsylbLG insoweit eine planwidrige Regelungslücke enthält und im Rahmen dieses Gesetzes, in Bezug auf durch Dritte erbrachte Hilfeleistungen, verglichen mit dem SGB 12 eine gleichartige Interessenlage besteht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, nach zwischenzeitlicher Reduzierung der Klagesumme, die Zahlung von € 1.972 nebst Zinsen. Sie macht geltend, dieser Betrag stünde ihr als Nothelferin nach § 25 SGB XII zu, weil der Zeuge Dr. C. die im Eigentum der Klägerin stehenden Medikamente “Helixate NexGen„ seinem Patienten A. M. im Rahmen eines medizinischen “Eilfalls„ verabreicht habe.
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Arzneimittel herstellt und vertreibt.
Herr A. M., der syrischer Staatsangehöriger ist, kam im Sommer 2005 als ausländischer Flüchtling nach Deutschland. Er besaß zunächst eine ausländerrechtliche Aufenthaltsgestattung und bezog Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).Vom 4.7.2005 bis zum 25.5.2005 befand er sich aufgrund der Diagnosen “Posttraumatische Belastungsstörung„ und “Hämophilie„ im Evangelischen Krankenhaus C-Stadt. Bereits dort erhielt Herr M. das Medikament Helixate NexGen in Form einer Dauerbehandlung (dreimal pro Woche) verabreicht. Kostenträger für die dort ihm gegenüber erbrachten Leistungen war die im Zeitpunkt der Einweisung zuständige Bezirksregierung S-Stadt. Mit Bescheid vom 7.7.2005 wies die Bezirksregierung S-Stadt Herrn M. gemäß § 50 Abs. 4 i.V.m. § 50 Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes der Beklagten zu.
Bereits am 21.7.2005 übersandte die Beklagte Herrn M. einen Krankenschein für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG, der den Hinweis erhält, dass Medikamente ab € 500 der vorherigen Genehmigung des Sozialleistungsträgers bedürfen.
Vor dem 28.7.2005 wandte sich das Evangelische Krankenhaus C-Stadt telefonisch an den Zeugen Dr. C. und vereinbarte mit diesem für Herrn M. für Donnerstag, den 28.7.2005, einen Termin in dessen Hämophilie-Sprechstunde. Im Rahmen dieses Gesprächs regte das Krankenhaus gegenüber dem Zeugen die Fortführung der Dauerbehandlung mit dem Medikament Helixate NexGen an.
Am 28.7.2005 begab Herr M. sich in die Hämophilie-Sprechstunde der Praxis Dr. med. C., wo er den ihm übersandten Krankenschein vorlegte. Einblutungen in den Gelenken bestanden bei ihm an diesem Tag nicht. Der Zeuge Dr. C. verabreichte ihm am 28.7.2005 und bei der darauf folgenden Behandlung am Montag, den 1.8.2005, jeweils 1 Dosis des Medikaments Helixate NexGen 1000 IE in intravenöser Form. Diese Medikamente, die die Klägerin hergestellt und an den Zeugen Dr. C. geliefert hatte, entnahm der Zeuge aus einem sich in seiner Praxis befindlichen Lager. Anschließend war Herr M. bei dem Zeugen Dr. C. weiter jeweils drei Mal pro Woche in Behandlung und erhielt weiterhin je eine Dosis des vorbenannten Medikaments verabreicht.
Seit dem 9.9.2005 ist Herr M. im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz.
Mit Schreiben vom 9.9.2005 wandte sich die X. GmbH an die Beklagte und teilte mit, sie sei von der Praxis Dr. C. mit der Abwicklung der beigefügten Verordnungen beauftragt worden. Sie überreichte eine Rechnung vom 1.9.2005, gerichtet an die Praxis Dr. C., betreffend 30 Dosen des Medikaments Helixate NexGen 1000 IE (30,000 PAK) über eine Gesamtbetrag von € 29.580 (einschließlich Mehrwertsteuer). Als Bestelldatum weist die Rechnung den 1.8.2005 aus. Als Preis für eine Dosis des Medikaments ergibt sich ein Betrag von € 850 (ohne Mehrwertsteuer). Zugleich reichte die Klägerin zwei Rezepte, datierend vom 28.7.2005 (über Helixate NexGen 1000 IE 10x) und vom 3.8.2005, über Helixate NexGen 1000 IE 20x, ein.
Am 4.1.2005 teilte die Beklagte dem Zeugen Dr. C. mit, die Kosten für die Medikation des Herrn M. könnten nicht übernommen werden, woraufhin der Zeuge Dr. C. die Behandlung beendete. Mit medizinischer Stellungnahme vom 7.11.2005 erklärte der Stadtarzt und Internist des Gesundheitsamtes der Beklagten, Dr. med. Y., bei einem erwachsenen, hämophiliekranken Patienten, der nicht arbeite, gebe es keine Indikation für eine prophylaktische Substitutionsbehandlung mit Faktor 8 (hier Präparat Helixate). Selbst im Fall einer prophylaktischen Substitution sei die Befürwortung unter Berücksichtigung des AsylbLG nicht vertretbar. Am 8.11.2005 wurde...