Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Wirtschaftlichkeitsprüfung. Parodontosebehandlung. Nachweis für eine ausreichende Vorbehandlung. Beantragung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Nachweis für eine ausreichende Vorbehandlung im Rahmen einer Parodontosebehandlung kann nur anhand der Dokumentation geführt werden. Eine Prüfung der Vorbehandlung und deren Ergebnis vor Einleitung einer systematischen Parodontose-Behandlung ist nur möglich, wenn die Schritte vor Einleitung der Behandlung nachvollziehbar dokumentiert und damit belegt sind (vgl LSG Darmstadt vom 13.4.2016 - L 4 KA 55/13 - juris RdNr 55).
2. Im Regelfall bedarf es einer Zeitspanne von zwei bis drei Wochen, bis eine Parodontose-Behandlung beantragt werden kann.
Orientierungssatz
Az beim LSG Darmstadt: L 4 KA 61/17 und L 4 KA 62/17.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in noch 49 Parodontose-Behandlungsfällen von Versicherten der zu 2) beigeladenen AOK Hessen im Zeitraum September 2012 und März 2013 bis Februar 2014 in Höhe von insgesamt 21.422,06 € brutto bzw. 13.615,49 € netto (10.802,09 € brutto bzw. 6.788,04 € netto sowie 10.619,97 € brutto bzw. 6.827,45 € netto).
Die Klägerin ist als Zahnärztin zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A Stadt zugelassen.
Die zu 2) beigel. AOK Hessen beantragte mit Datum vom 16.04.2014 die Prüfung der im Zeitraum September 2012 und März 2013 bis Februar 2014 von der Klägerin abgerechneten PAR-Behandlungsfälle.
Die Gemeinsame Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen übersandte unter Datum vom 16.04.2013 den Prüfantrag an die Klägerin unter Beifügung einer Liste mit 82 Patientennamen. Die Prüfungsstelle lud die Klägerin zu einer Anhörung am 16.06.2015, an der die Klägerin teilnahm.
Die Prüfungsstelle setzte mit Bescheid vom 25.11.2015 eine Honorarkürzung in 81 (Fall Nr. 46 wird nicht aufgeführt) strittigen Parodontose-Behandlungsfällen in Höhe von insgesamt 30.876,88 € fest, die sie mit Rücksicht auf die Honorareinbehalte auf der Grundlage des Honorarverteilungsmaßstabes der Beigeladenen zu 1) für die Jahre 2012 bis 2014 auf 19.610,45 € reduzierte. In allen Behandlungsfällen mit Ausnahme der Behandlungsfälle Nr. 15, 45 und 66 nahm sie eine Komplettabsetzung vor einschließlich der evtl. Anästhesien und evtl. Röntgenaufnahmen. Zur Begründung erläuterte die Prüfungsstelle allgemein die Behandlungsweise bei parodontalen Erkrankungen und führte weiter aus, unter Berücksichtigung der Voten ihrer Berater und anhand der vorgelegten Unterlagen sei zunächst auffällig, dass in vielen Fällen am Tag der PAR-Planerstellung die Leistungen nach Nr. 04 BEMA und Nr. 07 BEMA erbracht worden seien. Es gehöre zum Wesen eines Screening-Verfahrens, dass es - im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen - so eingesetzt werde, dass mögliche Erkrankungen frühzeitig (d.h. prämorbid oder in der noch einfacher zu behandelnden Frühphase) erkannt würden. Es umfasse diagnostische Maßnahmen um festzustellen, ob ein pathologischer Befund vorliege oder ob weitere diagnostische, präventive und/oder therapeutische Interventionen angezeigt seien. Sie weise insofern darauf hin, dass die Leistung nach Nr. 04 BEMA nicht am gleichen Tag wie die PAR-Planerstellung erbracht werden sollte, sondern im Vorfeld zur Klärung der parodontalen Verhältnisse. Weiterhin sei auffällig, dass zum Zeitpunkt der Therapieplanung (Erhebung des PAR-Status) die Vorbehandlung nicht immer abgeschlossen sei. So sei z.B. am Tag der "Antragstellung" und auch danach Zahnstein entfernt worden. Nach den Behandlungsrichtlinien sei regelmäßige Voraussetzung für die durchzuführende Parodontitistherapie das Fehlen von Zahnstein. Zur Anhörung hätten in einigen Behandlungsfällen teilweise nur schwer auswertbare Röntgenaufnahmen vorgelegen. In zwei Behandlungsfällen sei gar kein Röntgenbild vorgelegt worden. Um aber eine genaue Diagnose bei der Befunderhebung stellen zu können, seien neben dem PAR-Status unbedingt Röntgenaufnahmen erforderlich, die den gesamten Gebisszustand darstellten. Der Röntgenbefund erfordere aktuelle (in der Regel nicht älter als sechs Monate) und auswertbare Röntgenaufnahmen. Bei fast allen Röntgenaufnahmen sei keine ausreichende schriftliche Befundung erfolgt. In einigen Behandlungsfällen sei bei teilweise sehr knapper Vorbehandlungszeit eine Parodontosebehandlung durchgeführt worden. Zum Zeitpunkt der Therapieplanung sei die Vorplanung nicht abgeschlossen gewesen. So sei zum Beispiel am Tag der "Antragstellung" und auch noch danach Zahnstein entfernt worden. In einigen Behandlungsfällen seien an Zähnen, die nicht therapiewürdig seien, Leistungen nach den Nrn. P200 BEMA und P201 BEMA abgerechnet worden. In einem Behandlungsfall sei in einer Sitzung neben der Leistung nach Nr. 111 BEMA...