Entscheidungsstichwort (Thema)
Statistische Wirtschaftlichkeitsprüfung. konservierend-chirurgischer Bereich. Berufsausübungsgemeinschaft. MKG-Chirurg. Vertragszahnarzt. Vergleich mit fiktiver Vergleichsgruppe. Gewichtung der Vergleichswerte nach der Zusammensetzung der Berufsausübungsgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Eine aus einem Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, der sowohl zur vertragsärztlichen als auch als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen ist, und weiteren Vertragszahnärzten bestehende Berufsausübungsgemeinschaft kann im Rahmen einer statistischen Wirtschaftlichkeitsprüfung des konservierend-chirurgischen Bereichs mit einer fiktiven Vergleichsgruppe entsprechender Berufsausübungsgemeinschaften verglichen werden, wenn eine Gewichtung der Vergleichswerte für Ärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und für Zahnärzte, wobei angestellte Zahnärzte wie zugelassene Vertragszahnärzte zu gewichten sind, nach der Zusammensetzung der Berufsausübungsgemeinschaft erfolgt (hier Gewichtung 1:4) und wenn der Beschwerdeausschuss keine Anhaltspunkte dafür sieht, dass sich das Behandlungsverhalten und die Behandlungsweise der Praxis von der Typik der MKG-Chirurgen oder der Vertragszahnärzte wesentlich unterscheidet (vgl SG Marburg vom 27.11.2013 - S 12 KA 228/13 - Berufung anhängig: LSG Darmstadt - L 4 KA 73/13 -, SG Marburg vom 15.5.2013 - S 12 KA 255/13 ER und LSG Darmstadt vom 8.8.2013 - L 4 KA 29/13 B ER).
Orientierungssatz
Aktenzeichen beim LSG Darmstadt: L 4 KA 49/15
Tenor
1. |
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Die Klage wird abgewiesen. |
2. |
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Die Klägerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten. |
3. |
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Die Sprungrevision zum Bundessozialgericht wird zugelassen. |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise bezogen auf den Gesamtfallwert in den zwei Quartalen I und II/09 in Höhe von insgesamt noch 196.414,80 €.
Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft. Herr Dr. Dr. A1 ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und als solcher zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er ist ferner Zahnarzt, Herr A2 ist Zahnarzt, und Frau Dr. A3, die zum 30.06.2013 aus der Berufsausübungsgemeinschaft ausgeschieden ist, ist Zahnärztin. Sie sind zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. In der Berufsausübungsgemeinschaft waren während des streitbefangenen Zeitraums der Zahnarzt C. ganztags als angestellter Zahnarzt und vom 04.03. bis 30.06.2009 der Zahnarzt D. als angestellter Zahnarzt ganztags bei Herrn Dr. Dr. A1, ferner seit 01.02.2009 Herr E. als Assistent beschäftigt. Der Beklagte ist der Gemeinsame Beschwerdeausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen.
In den streitbefangenen Quartalen stellte sich die Abrechnung der Klägerin in Bezug zu der allgemeinen Vergleichsgruppe der in Hessen zugelassenen Vertragszahnärzte wie folgt dar:
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Quartal |
I/09 |
II/09 |
Fallzahl VZA* |
1.613 |
1.648 |
Fallzahl VG** |
432 |
444 |
Ø Punkte pro Fall VZA* |
258 |
252 |
Ø Punkte pro Fall VG Zahnärzte** |
99 |
92 |
VZA* = Klägerin
VG** = Vergleichsgruppe der hessischen Zahnärzte
Und in Bezug zu der Vergleichsgruppe der in Hessen zugelassenen der hessischen MKG-Chirurgen mit vertragszahnärztlicher Zulassung (Quartal I/09: 97; Quartal II/09: 95) wie folgt dar:
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Quartal |
I/09 |
II/09 |
Fallzahl VZA* |
1.613 |
1.648 |
Fallzahl VG** |
583 |
584 |
Ø Punkte pro Fall VZA* |
258 |
252 |
Ø Punkte pro Fall VG MKG-Chirurgen *** |
161 |
157 |
VZA* = Klägerin
VG*** = Vergleichsgruppe der hessischen MKG-Chirurgen mit vertragszahnärztlicher Zulassung
Im Rahmen einer Auffälligkeitsprüfung führte die Gemeinsame Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der streitbefangenen Quartale durch.
Die Prüfungsstelle lud die Klägerin unter Datum vom 12.11.2012 zu einer Prüfsitzung am 20.02.2012 unter Übersendung einer Patientenliste mit der Aufforderung, Behandlungsunterlagen bis zum 19.12.2012 (Quartal I/09) bzw. 31.01.2013 (Quartal II/09) einzureichen. Ein Vertagungsersuchen wegen Arbeitsunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin lehnte die Prüfungsstelle mit Schreiben vom 19.02.2013 ab.
Die Klägerin hielt mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten unter Datum vom 12.03.2013 die Ablehnung des Vertagungsantrags für rechtswidrig. Ferner wies sie auf den Umfang der Amtsermittlungspflicht hin. Auch seien ihr die statistischen Unterlagen nicht nachvollziehbar. Erhöhte Abrechnungswerte bei Einzelleistungen ließen Zweifel im Hinblick auf die Zusammensetzung der Statistik kommen.
Mit Bescheid vom 10.06.2013 setzte die Prüfungsstelle für die streitbefangenen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 260.872,48 € fest - davon entfielen 259.082,06 € auf den konservierend-chirurgischen Bereich und 1.790,42 € auf Absetzungen in 4 Parodontopathiebehandlungen -, die sie unter Berücksichtigung des HVM-Einbehalts auf 1...