Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Festsetzung des Honoraranspruchs. keine rückwirkende Erhöhung der Punktzahlobergrenze bei Jobsharingverhältnissen

 

Leitsatz (amtlich)

Eine rückwirkende Erhöhung der Punktzahlobergrenze im Rahmen eines sog Job-Sharing-Verhältnisses ist nicht möglich.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten zu tragen und dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Streitwert wird auf 103.349,38 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Neufestsetzung des Gesamtpunktzahlvolumens im Rahmen eines so genannten Job-Sharing-Verhältnisses.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis. Herr AA ist als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Praxissitz in A-Stadt seit 1995 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ließ mit Beschluss vom 29.09.1999 Frau Dr. med. AB als Allgemeinärztin zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Herrn AA gem. § 101 Abs. 1 Nr. 4 SGB V in Verbindung mit Abschnitt 4 Nr. 23a der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte zu. Herr AA und Frau Dr. AB hatten sich mit der Feststellung über die Punktzahlobergrenze mit Datum vom 24.06.1999 bereit erklärt. Darin wurde für das Quartal IV/97 ein Punktzahlvolumen von 955.676,5 Punkten, für das Quartal I/98 von 971.552,8 Punkten, für das Quartal II/98 von 944.626,6 Punkten und für das Quartal III/98 von 953.401,8 Punkten festgestellt. Mit weiterem Beschluss vom 29.09.1999 genehmigte der Zulassungsausschuss die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit des Herrn Dr. AA und der Frau Dr. med. AB und legte er das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend der Feststellung über die Punktzahlobergrenze mit Datum vom 24.06.1999 fest, jeweils zuzüglich 3 % des Fachgruppendurchschnitts des entsprechenden Vorjahresquartals.

Mit weiterem Beschluss vom 26.04.2005 gab der Zulassungsausschuss dem Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung der Allgemeinärztin Dr. med. AC als halbtagsangestellte Ärztin gem. § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Ärzte-ZV statt. Der Zulassungsausschuss legte zur Beschränkung des Praxisumfangs aufgrund des Fachgruppendurchschnitts in den Quartalen IV/97 bis III/98, von dem er bereits im Beschluss vom 29.09.1999 ausgegangen war, ein quartalsbezogenes Grenzpunktzahlvolumen, welches bei der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen im Rahmen der Gemeinschaftspraxis für Herrn A. nach Beschäftigung der angestellten Praxisärztin als Leistungsbeschränkung maßgeblich ist, wie folgt fest:

Jahresquartal

Punktzahl der Fachgruppe

3 % der Punktzahl der Fachgruppe

Gesamtpunktzahlvolumen für das 1. Leistungsjahr

1

971.552,8

29.146,6

1.000.699,4

2

944.626,6

28.338,8

 972.965,4

3

938.892,0

28.166,8

 967.058,8

4

955.676,5

28.670,3

 984.346,8

Ab dem 2. Leistungsjahr werde das quartalsbezogene Gesamtpunktzahlvolumen entsprechend den Bestimmungen von Nr. 3.4 der Angestellten-Ärzte-Richtlinien durch die Kassenärztliche Vereinigung angepasst.

Frau Dr. med. AB erhielt ab Oktober 2009 eine Vollzulassung, womit das Job-Sharing-Verhältnis beendet wurde. Sie ist seitdem mit einem halben Versorgungsauftrag zugelassen. Frau Dr. med. AC ist seitdem als halbtagsangestellte Ärztin ohne Job-Sharing-Verhältnis beschäftigt.

Die Klägerin beantragte unter Datum vom 30.05.2008 eine Erhöhung der Punktzahlobergrenzen unter Hinweis auf das Inkrafttreten des neuen EBM ab dem 01.01.2008, da in die Leistungsbewertung vor allem die Mehrwertsteuererhöhung eingearbeitet und der zugrundeliegende “kalkulatorische Arzt„ erhöht worden sei. Durch die Erhöhung sei die alte Punktzahlobergrenze nicht mehr zutreffend.

Die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Hessen führte hierzu unter Datum vom 12.11.2008 aus, der jeweilige Anpassungsfaktor werde ab dem 2. Leistungsjahr mit dem Punktzahlvolumendurchschnitt der Fachgruppe multipliziert und ergebe die quartalsbezogene Obergrenze für die Praxis. Bedingt durch die Multiplikation des Anpassungsfaktors mit dem aktuellen Fachgruppendurchschnitt spiegele sich die Punktzahlanhebung im EBM 2008 ab dem 2. Leistungsjahr bereits im Fachgruppendurchschnitt wider. Zum Zeitpunkt der Neueinführung des EBM 2008 sei damit für die Praxis bereits ein Anpassungsfaktor gebildet worden, so dass eine zusätzliche Veränderung der Punktzahlobergrenzen gem. den Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht notwendig sei. Sie empfehle daher die Antragsablehnung.

Die Klägerin erwiderte hierauf, die Beigeladene zu 1) lasse unberücksichtigt, dass die Festsetzung auf der Grundlage der Abrechnungen des Herrn AA für die Quartale IV/97 bis III/98 bereits rechtswidrig gewesen sei. Die Praxis sei im November 1995 gegründet worden. Es habe sich zum Zeitpunkt der Quartale ab IV/96 noch um den Status einer jungen Praxis gehandelt. Die Praxis habe die Werte der Fachgruppe sogar erst im Jahr 2002 erreicht. Für diesen Fall sehe § 23d Bedarfsplan...

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