Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Wirtschaftlichkeitsprüfung. kein erhöhter Behandlungsaufwand im konservierend-chirurgischen Bereich bei älteren Patienten im Altersheim. Fortgeltung. statistische Prüfmethode. Vorliegen. offensichtliches Missverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Ältere Patienten bedürfen im konservierend-chirurgischen Bereich nicht schon wegen ihres Alters eines erhöhten Behandlungsaufwands (vgl SG Marburg vom 5.12.2007 - S 12 KA 197/07; anders LSG Darmstadt vom 23.9.2009 - L 4 KA 6/08; LSG Darmstadt vom 23.9.2009 - L 4 KA 66/06). Allein aus der Zugehörigkeit zu einem Altenheim kann aus diesem Grund ebenfalls nicht ein erhöhter Versorgungsbedarf angenommen werden. Es gehört zum zahnmedizinischen Standard seit Jahrzehnten, auch älteren Patienten oder Heiminsassen die notwendige zahnmedizinische Versorgung zukommen zu lassen. Im Übrigen werden auch durch die Vergleichsgruppe Patienten aus Altenheimen betreut.
Orientierungssatz
1. Zur Fortgeltung der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten im Bereich der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung.
2. Zur Annahme eines offensichtlichen Missverhältnisses im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung im vertrags(zahn)ärztlichen Bereich.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den drei Quartalen I bis III/04 in Höhe von insgesamt 20.574,56 €.
Der Kläger ist seit 04.12.2003 als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Zuvor war er seit 01.07.2002 in einer Gemeinschaftspraxis in C-Stadt zugelassen.
In den Quartalen I bis IV/04 ergaben sich folgende Abrechnungswerte des Klägers (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):
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Quartal |
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Fallzahl |
Pkte. pro Fall |
Mehrkosten pro Fall in Pkte. |
In % |
I/2004 |
VZA* |
213 |
197 |
98 |
99 |
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VG** |
417 |
99 |
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II/2004 |
VZA* |
262 |
139 |
48 |
53 |
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VG** |
426 |
91 |
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III/2004 |
VZA** |
269 |
154 |
66 |
75 |
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VG** |
423 |
88 |
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IV/2004 |
VZA* |
336 |
106 |
27 |
34 |
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VG** |
522 |
79 |
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Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen - Hessen - führte für die Quartale I bis IV/04 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung bzgl. der konservierenden-chirurgischen Leistungen durch. Der Prüfungsausschuss lud den Kläger zu einer Prüfsitzung, an der er teilnahm.
Mit Bescheid vom 22.09.2005, dem Kläger am 14.02.2006 zugestellt, setzte der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 20.843,44 € fest, die er mit Rücksicht auf die HVM-Einbehalte auf die streitigen 20.574,56 € reduzierte. Er kürzte auf der Grundlage eines statistischen Fallkostenvergleichs den Gesamtfallwert auf das 1,4-fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe. Im Einzelnen nahm er folgende Honorarreduzierungen (vor Berücksichtigung der HVM-Einbehalte) vor:
I/04 um 10.834,86 €
III/04 um 2.740,41 €
IV/04 um 7.268,17 €
Hiergegen legte der Kläger am 06.03.2006 Widerspruch ein. Er trug vor, die Darstellung des Prüfungsausschusses sei falsch; er habe nicht angegeben, Patienten aus C-Stadt mitgenommen zu haben. Die Mängel in der Dokumentation habe er zugestanden. Eine daraus folgende Leistungskürzung sei unverhältnismäßig. In der Prüfsitzung seien lediglich acht Fälle besprochen worden.
Der Beklagte führte eine weitere Prüfsitzung durch, an der der Kläger wiederum teilnahm.
Mit Beschluss vom 12.06.2008, ausgefertigt am 23.10.2008 und dem Kläger am 25.10.2008 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, er habe einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen, da der Aufwand für eine Einzelfallprüfung unverhältnismäßig sei. Die Grenze zur unwirtschaftlichen Behandlungsweise sehe man im Bereich des Gesamtfallwertes bei einer Überschreitung von 40 %. Die Abrechnungswerte des Klägers legten daher eine unwirtschaftliche Behandlungsweise nahe. Der Kläger habe nur teilweise brauchbare Unterlagen vorgelegt. Genau wie in der Vorinstanz seien die Dokumentationen unvollständig und die Qualität der Röntgenaufnahmen unzureichend gewesen. Es sei erneut der Eindruck entstanden, dass sich der Kläger nicht genügend vorbereitet habe. Es hätten lediglich drei ausgewählte Belegfälle in 1½ Std. besprochen werden können. Den Vorschlag, die weiteren Belegfälle selbst auszuwählen, die eine Überschreitung von mehr als 40% rechtfertigen könnten, habe der Kläger mit der Begründung abgelehnt, dass er im Augenblick keine repräsentativen Fälle benennen könne. Er sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger wesentlich mehr Leistungen nach Nrn. Ä 1 (Ber) und 01 (U) zur Abrechnung gebracht habe, als dies bei der Vergleichsgruppe der Fall gewesen sei. Die Häufigkeit der Vitalitätsprüfungen und die wiederholte Prüfung der Vitalität a...