Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. vor dem 1.1.2007 geborenes Kind. Stichtagsregelung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Für die Erziehung eines vor dem 1.1.2007 geborenen Kindes besteht kein Anspruch auf Elterngeld.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Elterngeld wegen Erziehung eines vor dem 01.01.2007 geborenen Kindes. Die Klägerin und der Kläger beantragten beim Beklagten die Zahlung von Elterngeld wegen Erziehung ihrer ... 2006 geborenen Tochter S K S. Die Klägerin und der Kläger sind verheiratet und erziehen ihr Kind gemeinsam. Mit Bescheid vom 10.05.2007 lehnte der Beklagte den Antrag ab und stützte sich hierbei auf § 27 Abs. 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) vom 05.12.2006 (BGBl. I S. 2748), wonach es für die Eltern von vor dem 01.01.2007 geborenen oder mit dem Ziel der Adoption aufgenommenen Kindern bei den Vorschriften des Bundeserziehungsgeldgesetzes verbleibe und ein Anspruch auf Elterngeld nicht bestehe. Der Beklagte wies den Widerspruch hiergegen mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2007 zurück. Mit ihrer Klage zitieren Klägerin und Kläger ausführlich die familienpolitische Motivation des Gesetzgebers. Sie tragen des weiteren vor, die Bezugnahme des Gesetzes auf den Geburtstermin des Kindes vor oder ab 01.01.2007 lasse sachliche Differenzierungsgründe vermissen und sei willkürlich. Lediglich bei Eltern, die ihr Kind nach dem Beschluss des Bundestages vom 29.09.2006 gezeugt haben, könne das gesetzgeberische Motiv der Erleichterung der Familiengründung und der Förderung des Mutes zu mehr Kindern, bei dem Entschluss, ein Kind bekommen zu wollen, möglicherweise eine Rolle gespielt haben. Lediglich sie könnten sich eventuell durch den Beschluss des Bundestages motiviert haben lassen, doch eine Familie mit Kindern zu gründen, obgleich auch sie bis zum Beschluss des Bundesrates vom 03.11.2006 nicht sicher hätten sein können, dass das Gesetz tatsächlich am 01.01.2007 in Kraft treten würde. Man könne daher eventuell einen sachlichen Grund zur unterschiedlichen Behandlung zwischen Eltern, die ihr Kind vor oder nach dem 29.09.2006 gezeugt haben, anerkennen. Die eine Gruppe habe ihr Kind unabhängig von der Einführung des Elterngeldes haben wollen, die andere sich hingegen möglicherweise erst durch die Einführung des Elterngeldes motivieren lassen.
Der Beklagte teilte dem Gericht mit, dass er im ersten Quartal 2007 für Oberbayern 9215 Anträge von Erstberechtigten und 1698 Anträge von Partnern auf Elterngeld erhalten habe, insgesamt also 10.913 Anträge. Damit seien 65 bis 70 Sachbearbeiter und Bearbeiter befasst, die außer mit dem Elterngeld noch zu 35 bis 40 Prozent mit Bundes- und Landeserziehungsgeld befasst seien. Der durchschnittliche Zeitaufwand für einen Elterngeldfall betrage ca. 90 bis 120 Minuten. Der Beklagte erklärte seine Zustimmung zu der von der Klägerin und dem Kläger beantragten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Klägerin und der Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10.05.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2007 zur Gewährung von Elterngeld ab 01.01.2007 zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben und ist somit zulässig.
Sie erweist sich jedoch in der Sache als unbegründet. Der Beklagte hat § 27 Abs. 1 zweiter Hs. BEEG zutreffend angewendet, wonach für Eltern von vor dem 01.01.2007 geborenen Kindern kein Anspruch auf Elterngeld besteht. Das Gericht könnte den Beklagten zur Zahlung von Elterngeld nur verurteilen, wenn es den verfassungsrechtlichen Einwänden der Klägerin und des Klägers folgen würde und daraus die Konsequenz ziehen würde, die angegriffene Vorschrift des § 27 BEEG in der Weise verfassungskonform auszulegen, dass Elterngeld auch nach Geburten vor dem 01.01.2007 zu zahlen wäre. Eine solche Vorgehensweise verbietet sich schon deshalb, weil die Stichtagsregelung so eindeutig und absolut formuliert ist, dass sie einer Auslegung im gewünschten Sinne schlechthin nicht zugänglich ist.
Würde das Gericht zu der Überzeugung gelangen, § 27 BEEG verstoße gegen das Grundgesetz, könnte es Elterngeld nicht zusprechen, sondern müsste unter Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG in Verbindung mit § 80 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift dem Bundesverfassungsgericht vortragen und eine Entscheidung von dort einholen.
Das Gericht ist nicht zur Überzeugung von einem Verstoß des § 27 BEEG gegen das Grundgesetz und insbesondere gegen das Willkürverbot des Art. ...