Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Hausarztvertrag. Antragsfristen sind reine Ordnungs- und nicht Ausschlussfristen. Honoraranspruch des teilnehmenden Arztes mit Bekanntgabe des Abrechnungsnachweises. Verjährung der Rückforderungsansprüche der Krankenkasse
Leitsatz (amtlich)
1. Bei den in § 13 Abs 5 Hausarztvertrag (HzV-V) geregelten Antragsfristen handelt es sich genauso wie bei in der Prüfvereinbarung vorgesehenen Fristen um reine Ordnungsfristen und nicht um Ausschlussfristen. Auch diese Fristen dienen dem Interesse an der Verfahrensbeschleunigung und stellen kein Hindernis für die Verfahrensdurchführung bzw für eine Sachentscheidung dar (vgl BSG vom 23.3.2016 - B 6 KA 14/15 R = SozR 4-5555 § 17 Nr 1).
2. Der Honoraranspruch des am Hausarztvertrag teilnehmenden Arztes entsteht erst mit der Bekanntgabe des Abrechnungsnachweises (§ 13 Abs 6 HzV-V).
3. Rückforderungsansprüche der Krankenkasse aus dem Hausarztvertrag verjähren nach vier Jahren nach Bekanntgabe des Abrechnungsnachweises. Insofern gelten die gleichen Verjährungsfristen wie bei Ansprüchen aus sachlich-rechnerischer Richtigstellung.
Tenor
I. Der Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerin Euro 11.256,27 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der von der Klägerin geltend gemachte Rückforderungsanspruch in Höhe von 11.256,27 € nach Abzug des Sicherheitseinbehalts in Höhe von 1.120,38 € und einer Rückzahlung in Höhe von 5,24 €. Der Beklagte nahm am Hausarztvertrag (HzV-V) teil. Nachdem die Klägerin bei dem Beigeladenen Korrekturanträge gestellt hatte, daraus resultierende Forderungen beim Beklagten aber nicht realisierbar waren, wurde die Forderung an die Klägerin mit Schreiben vom 03.09.2014 gem. § 15 Abs. 5 S.3 HzV-V abgetreten.
Die Klägerin gab als Korrekturgrund an, der Beklagte habe Leistungen doppelt abgerechnet bzw. bestimmte Leistungen seien im entsprechenden Quartal nicht mehr abrechenbar gewesen (z.B. dringender Besuch in Zeiten der durch die KVB organisierten Notdienste). Die Doppelabrechnungen würden darin bestehen, dass Leistungen zum einen über den Hausarztvertrag, insbesondere durch Pauschalen und Zuschläge erfasst seien, die Leistungen sodann über den beigeladenen Bayerischen Hausärzteverband (BHÄV) abgerechnet wurden, zum anderen aber auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Die Klägerin listete die Leistungen unter Nennung der EBM-Ziffern, die ihres Erachtens vom HZV-V erfasst und deshalb nicht zusätzlich abrechenbar sind sowie Leistungen, die nach dem HzV-V nicht abrechenbar sind, in folgendem Schaubild auf:
Im Schaubild dargestellt wurde die abgetretene Forderung in Gesamthöhe von 11.256,27 Euro. Es waren folgende GOP’s aufgelistet:
01622, 02312, 03111, 03330, 30500, 32001, 32042, 33011, 33012, 33040,
33042, 40120, 40144, 01100, 01102, 01611, 01621, 01622, 01740, 02300,
02302, 02310, 02312, 02313, 03112, 03212, 03324, 03330, 301, 30500,
30501, 31600, 32001, 32035, 32030, 32031, 32057, 32135, 35100, 35110,
40120, 40144, 501
Im HZV-V sei eine Vergütungssystematik vorgesehen, die grundsätzlich auf Pauschalen basiere. Es werde auf Anhang 1 zur Anlage 10 zum Hausarztvertrag hingewiesen. Dort sei ein sog. "Ziffernkranz" abgebildet, d.h. EBM-Ziffern bzw. GOP‚s würden vor allem den vereinbarten Pauschalen und Zuschlägen zugeordnet. Der Anspruch des BHÄV gegen den Beklagten sei wirksam an die Klägerin abgetreten worden. Die Wirksamkeit der Abtretung sei durch die Entscheidung des Sozialgerichts München unter dem Az. S 21 KA 1820/14 ER bestätigt worden.
Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten machte geltend, die Klägerin habe keinen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten, zumindest nicht der geforderten Höhe nach. Es habe keine wirksame Abtretung stattgefunden. Rein vorsorglich werde die Einrede der Verjährung erhoben.
Im Einzelnen wurde ausgeführt, die Klägerin habe die Frist in § 13 Abs. 5 HzV-V nicht eingehalten. Danach könnten Berichtigungen nur innerhalb von zwölf Monaten nach Erhalt der Rechnung beantragt werden. Außerdem gehöre der Beklagte zu den Ärzten, die auch Substitutionsleistungen erbringen würden. Es habe eine unzulässige rückwirkende Änderung des HzV-Vertrages stattgefunden. Denn der BHÄV habe gegen seine Informationspflicht aus § 7 Abs. 2 HzV-V verstoßen. Den Ärzten stehe in dieser Situation ein Sonderkündigungsrecht zu. Im Übrigen würden verschiedene Leistungen nicht den Beklagten betreffen. Es handle sich um einen Betrag in Höhe von 474,53 €, der nicht auf die LANR des Beklagten (778xxxx), sondern auf eine andere LANR entfalle.
Letztendlich sei auch die Rückforderung verjährt. Denn es gelte die Regelung in § 195 BGB (dreijährige Verjährung). Somit sei eine Verjährung des Rückforderungsanspruchs zum 31.12.2014 (Anm.: soll wohl heißen: 31.12.2013) eingetreten.
In ihrer Klageerwiderung machte die Klägerin darauf aufmerksam, es seien nur Gebührenordnungsposit...