Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts. anderweitige Verfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen iS von § 118 Abs 4 S 3 SGB VI setzt nicht die Gutgläubigkeit der Bank voraus (entgegen BSG vom 24.2.2016 - B 13 R 22/15 R = BSGE vorgesehen = SozR 4-2600 § 118 Nr 14 und B 13 R 25/15 R; unter Berufung auf Beschluss vom BSG vom 7.4.2016 - B 5 R 26/14 R = WuB 2017, 65-67).

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte als kontoführende Bank 72,72 Euro aus Rentenzahlungen nach dem Tod des Versicherten an die Klägerin zurückzuüberweisen hat.

Der Versicherte B. bezog von der Klägerin Altersrente. Er verstarb am XX.03.2013, sodass sein Anspruch auf Altersrente mit Ablauf des Monats März 2013 endete, § 102 Abs. 5 SGB VI. Gleichwohl wurden auf das Konto des Versicherten bei der Beklagten noch die Rentenzahlungen für die Monate April bis November 2013 (bis Juni in Höhe von jeweils 1.123,83 Euro und ab Juli in Höhe von 1.126,64 Euro) überwiesen. Die Überzahlung belief sich insgesamt auf 9.004, 69 Euro.

Zunächst hatten weder die Klägerin, noch die Beklagte Kenntnis vom Tod des Versicherten. Die Beklagte erfuhr dann am 24.07.2013 vom Ableben ihres Kunden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie vom Konto des Verstorbenen bereits Verfügungen in Höhe von 3.189,40 Euro getroffen.

Die Klägerin erhielt am 18.11.2013 eine Mitteilung des Rentenservice der Post, dass ihr Versicherter verstorben sei. Sie richtete daraufhin ein Rückforderungsersuchen an die Beklagte bezüglich der überzahlten Rente, das bei dieser am 25.11.2013 einging. Zwischen dem 24.07.2014 (Kenntnis der Beklagten vom Tod) und dem 25.11.2013 (Eingang des Rückforderungsersuchens) erfolgten noch zwei Verfügungen vom Konto des Verstorben, nämlich am 02.09.2013 in Höhe von 18,78 Euro (Überweisung an die C-Firma Versicherung) und am 01.10.2013 in Höhe von 53,94 Euro (Überweisung an D-Firma Deutschlandradio).

Die Beklagte erstattete auf das Ersuchen der Klägerin aus dem verbliebenen Guthaben des Kontos 5.742,57 Euro.

Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage Rücküberweisung weiterer 72,72 Euro. Sie ist der Auffassung, dass die Verfügungen vom 02.09.2013 und 01.10.2013 in Höhe von insgesamt 72,72 Euro unbeachtlich seien und somit die Rücküberweisungspflicht nicht schmälerten, weil sie nach Kenntnis der Beklagten vom Tod ihres Kunden erfolgt waren.

Die Beklagte hingegen ist der Auffassung, eine Verpflichtung zur Rücküberweisung dieses Betrages bestehe nicht, da es auf den Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsersuchens ankomme und zu diesem Zeitpunkt über den begehrten Betrag bereits anderweitig verfügt worden sei.

Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf den Wortlaut des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass eine Bank zivilrechtlich nicht berechtigt sei, den Erben gegenüber Verfügungen über ein Konto eines Verstorbenen zu verweigern. Auch seien nach der neuen Vorschrift des § 675 r BGB Buchungen inzwischen ohne Prüfung des Empfängernamens vorzunehmen, weshalb Verfügungen ohne jegliche manuelle Intervention möglich seien. Der Gesetzgeber habe diese Regelung getroffen, um die verkürzten EWR- weiten Ausführungsfristen zu ermöglichen. Eine Bank habe daher nicht die Möglichkeit, einzelne Zahlungen daraufhin zu überprüfen, ob es sich dabei um Rentenzahlungen eines verstorbenen Bankkunden handele. Die Beklagte ist insbesondere auch der Auffassung, dass es nicht Sinn und Zweck des § 118 Abs. 3 SGB VI sei, eine Bank zu verpflichten, aus ihrem eigenen Vermögen überzahlte Rente zurückzuerstatten.

Das Klageverfahren ruhte im Hinblick auf vor dem BSG anhängige Klageverfahren und wurde nach Urteilen des 13. Senats vom 24.02.2016 (Az.: B 13 R 22/15 R und B 13 R 25/15 R) fortgesetzt.

Zwischenzeitlich überwies “D-Firma Deutschlandradio„ auf Betreiben der Beklagten 53,94 Euro an die Klägerin, also genau den Betrag, den dieser Empfänger durch Verfügung vom 01.10.2013 vom Konto des Verstorbenen erhalten hatte.

Die Klägerin erklärte den Rechtsstreit hinsichtlich dieses Betrages gleichwohl nicht für erledigt. Sie ist der Auffassung, die Zahlung von “ARD ZDF Deutschlandradio„ sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Somit bestünde die Möglichkeit, dass dieser Empfänger den Betrag in der Zukunft gemäß § 812 ff BGB von der Klägerin zurückfordern könnte. Die Klägerin erachtet ihre Forderung daher nicht, auch nicht teilweise, als erfüllt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 72,72 Euro an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Sozialgerichts München (Az. zunächst S 31 R 1590/14, dann S 31 R 502/16) sowie auf die beigezogene Versichertenakte des B. Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist ...

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