Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.01.2022; Aktenzeichen B 6 KA 8/21 R)

 

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 23.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2016 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte die von der Klägerin abgerechneten Zuschläge bei Simultaneingriffen mit Haupteingriff Kategorie 7 gestrichen hat und die Beklagte wird verurteilt, diese Leistungen entsprechend der Abrechnung der Klägerin zu vergüten.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Klägerin, als Medizinisches Versorgungszentrum (überörtliche, chirurgisch-orthopädische Berufsausübungsgemeinschaft,) in B-H-P zur vertragsärztlichen Versorgung niedergelassen, wendet sich mit ihrer Klage gegen den streitgegenständlichen Richtigstellungsbescheid der Beklagten vom 23.11.2015 auf Antrag der AOK Bayern, mit dem diese das vertragsärztliche Honorar der Klägerin im Quartal 2/13 in der Höhe von insgesamt € 5.385,67 insoweit gekürzt hat, als sie die Zuschläge bei Simultaneingriffen mit Haupteingriff Kategorie 7 nicht anerkennt. Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2016 zurück.

Die Beklagte begründet ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass zur Abrechnung der GOP 31148 und 31828 die Voraussetzungen fehlten. Bei Operationen der Kategorie 7 sei ausschließlich die Zuschlagsregelung nach Nr. 4 der Präambel zum Anhang 2 des EBM maßgeblich. Diese besage, dass die entsprechenden Zuschläge bei einer Operation nach der Kategorie 7 erst berechnet werden könnten, wenn die Schnitt-Naht-Zeit über 120 Minuten hinausgehe. Die von der Klägerin bei ihrer Abrechnung angesprochene Nr. 15 Präambel 2.1 zum Anhang 2 sei hier nicht anwendbar. Die Überprüfung der Abrechnung der Klägerin habe ergeben, dass in den betreffenden Fällen auf den nachgereichten OP- und Narkose-Protokollen die Gesamt-Schnitt-Naht-Zeit unter 120 Minuten dokumentiert worden sei.

Die Klage trägt insbesondere vor, dass die Beklagte völlig unberücksichtigt lasse, dass der Simultaneingriff, der bei allen mit der Klage angegriffenen Patientenfällen vorläge, unter die für Simultaneingriffe spezielleren Regelungen der Nr. 3 und 15 zum Anhang 2 des EBM fallen würde. Der Wortlaut sei eindeutig. Die wortlautgetreue Abrechnung der Zuschlagsziffern entsprechend der tatsächlichen Schnitt- Naht-Zeit des Haupteingriffs durch die Klägerin sei rechtmäßig, die Kürzung sei zu Unrecht erfolgt.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 23.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.04.2016 aufzuheben, soweit die von der Klägerin abgerechneten Zuschläge bei Simultaneingriffen mit Haupteingriff Kategorie 7 gestrichen wurden und die Beklagte zu verurteilen, die Leistungen entsprechend der Abrechnung der Klägerin zu vergüten.

Die Bevollmächtigten der Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akte des Sozialgerichts sowie die beigezogenen Akte der Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Die Absetzung der GOP 31148 und 31828 in den streitgegenständlichen Fällen durch den Bescheid vom 23.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2016 erfolgte zu Unrecht.

Bei allen streitgegenständlichen Behandlungsfällen liegt ein sog. Simultaneingriff vor.

Nach Präambel 2.1 Nr.3 EBM kann abweichend von Nr.2 "bei Simultaneingriffen (zusätzlicher, vom Haupteingriff unterschiedliche Diagnose und gesonderter operativer Zugangsweg) die durch das OP- und/oder das Narkoseprotokoll nachgewiesene Überschreitung der Schnitt-Naht-Zeit des Haupteingriffs durch die zusätzliche Berechnung der entsprechenden Zuschlagspositionen berechnet werden.

Die berechnungsfähige Höchstzeit bei Simultaneingriffen entspricht der Summe der Zeiten der Einzeleingriffe. Als Berechnungsgrundlagen für Simultaneingriffe gelten folgende Zeiten:

-Kategorie 1: 15 Minuten,

-Kategorie 2: 30 Minuten,

-Kategorie 3: 45 Minuten,

-Kategorie 4: 60 Minuten,

-Kategorie 5: 90 Minuten,

-Kategorie 6: 120 Minuten."

Ergänzend sieht Nr. 15 der Präambel vor:

"Maßgeblich für die Berechnung der Zuschlagspositionen für Simultaneingriffe nach Nr.3 ist nicht die Überschreitung der kalkulatorischen Schnitt-Naht-Zeit der Kategorie des Haupteingriffs, sondern die Überschreitung der tatsächlichen Schnitt-Naht-Zeit des jeweiligen Haupteingriffs."

Demnach fällt auch eine Operation der Kategorie 7 als Haupteingriff unter Satz 1 Nr.3 der Präambel EBM, wie die Klage zutreffend vorträgt.

Eine berechnungsfähige Höchstzeit ist in Satz 3 Nr.3 der Präambel Anhang 2 nur für die Kategorien 1-6 vorgesehen. Die von der Beklagten zitierte Regelung in Nr. 4 der Präambel bezieht sich alleine auf eine Operation Kategorie 7 als Einzeleingriff und nicht wie hier als Simultaneingriff durchgeführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Absatz 1 VwGO:

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14755323

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