Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenhaus. Notfallbehandlung. vollständiger Honorarverlust bei verspäteter Abrechnung. Verhältnismäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verhältnismäßigkeit eines vollständigen Honorarverlustes eines Krankenhauses, das sämtliche ambulante Notfallbehandlungen erst nach Ablauf der Abrechnungsfrist abgerechnet hat.
Nachgehend
Tenor
I. Der Bescheid vom 10.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.02.2013 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die von der Klägerin für das Quartal abgerechneten Behandlungsfälle (Krankenhaus Bad Aibling) nach Prüfung auf rechnerische und sachliche Richtigkeit nachzuvergüten.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Vergütung nachträglich abgerechneter Behandlungsfälle (ambulante Notfälle) eines Klinikums der Klägerin im Quartal streitig. Die Klägerin ist ein öffentlich-rechtlicher Krankenhausträger, der u.a. die C. Klinik Bad C-Stadt betreibt. Die C. Klinik Bad C-Stadt ist ein im Krankenhausplan des Freistaates Bayern ausgewiesenes Plankrankenhaus der ersten Versorgungsstufe.
Die C. Klinik Bad C-Stadt reichte am 22.11.2012 die Abrechnung der Behandlungsfälle (ambulante Notfälle) aus dem Quartal i.H.v. 30.565,11 € bei der Beklagten ein.
Mit Bescheid vom 10.12.2012 teilte die Beklagte der C. Klinik Bad C-Stadt mit, dass die Behandlungsfälle nicht mehr vergütet werden könnten. Sie verwies auf die Abrechnungsbestimmungen aus dem Honorarvertrag vom 01.01.2009, wonach die Abrechnung von Behandlungsfällen nach Ablauf von neun Monaten nach Ende des Quartals ausgeschlossen sei.
Hiergegen legte die Klinik am 12.12.2012 Widerspruch ein. Sie verwies darauf, dass die Mitarbeiterin, die für die Abrechnung der KV-Notfälle zuständig sei, in den Jahren 2011 und 2012 häufiger erkrankt gewesen sei, insgesamt länger als ein halbes Jahr. Aus diesem Grund habe man sich vor längerer Zeit telefonisch bei der Beklagten erkundigt. Aussage einer Sachbearbeiterin sei gewesen, dass es kein Problem sei, wenn die Abrechnung nicht zeitgerecht eingereicht würde, es bestünde dann lediglich kein Anspruch auf zeitgerechte Auszahlung. Von einer Ausschlussfrist von neun Monaten sei der Klinik nichts bekannt gewesen. Der Honorarvertrag liege der Klinik nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beklagte verwies auf die im Honorarvertrag geregelte neunmonatige Ausschlussfrist. Die amtliche Veröffentlichung des Vertrages sei in Ausgabe 3 der Bayerischen Staatszeitung vom 16.01.2009 erfolgt.
Die Klägerin hat am 07.03.2013 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Vergütungsanspruch aufgrund der Ausschlussfrist zu versagen. Die Ausschlussfrist sei ihr nicht bekannt gewesen. Für eine derartige Ausschlussfrist fehle es gegenüber Krankenhäusern an einer gesetzlichen Grundlage. Auch sei die Ausschlussfrist unangemessen kurz und verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Der - vollständige - Abrechnungsausschluss sei unverhältnismäßig. Die ambulante Notfallbehandlung mache im Vergleich zu stationären Versorgung nicht einmal 1% der Entgelte der Klinik aus. Im Gegensatz zur Abrechnung der stationären Leistungen stelle die Klägerin bei der Abrechnung der ambulanten Notfallbehandlung lediglich sicher, dass die Abrechnungskräfte der Klägerin die Grundbestimmungen kennen und in der Lage seien, die quartalsweise Abrechnung durchzuführen.
Die Klägerin beantragt:
Der Bescheid vom 10.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.02.2013 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die von der Klägerin für das Quartal abgerechneten Behandlungsfälle (Krankenhaus Bad C-Stadt) nach Prüfung auf rechnerische und sachliche Richtigkeit nachzuvergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist u.a. auf Abschnitt 2.1 Teil A Nr. 2 Abs. 2 des Honorarvertrages vom 01.01.2011, wonach die Bestimmungen des Vertrags u.a. auch Anwendung finden auf die Abrechnung von Notfall-Leistungen, die von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbracht werden. Der Honorarvertrag sei am 18.02.2011 in der Nr. 7 des Bayerischen Staatsanzeigers veröffentlicht worden. Gem. § 1 Abs. 2 der Abrechnungsbestimmungen der Beklagten fänden diese auch Anwendung auf die Abrechnung von Notfall-Leistungen, die von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbracht werden. Nach der BSG-Rechtsprechung seien Regelungen hinsichtlich Abrechnungsfristen grundsätzlich rechtmäßig. Die Abrechnungsbestimmungen könnten schon immer über die Homepage der Beklagten eingesehen werden. Auch handele es sich vorliegend um ein Organisationsverschulden, dass sich die Klägerin zurechnen lassen müsse. Denn die Klägerin hätte dafür Sorge tragen müssen, dass Fehlzeiten der für die Abrechnung der ambulanten Notfälle allein zuständigen Mitarbeiterin entsprechend aufgefangen werden.
Im Übrigen wird zur Ergän...