Entscheidungsstichwort (Thema)

Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Pflichten aus einem Hofübergabevertrag. Altenteilleistung. landwirtschaftlicher Zweck. angemessene Existenzsicherung des landwirtschaftlichen Betriebs. Bereitstellung von Brennholz

 

Leitsatz (amtlich)

Soweit ein Hofübergabevertrag Leistungen beinhaltet, die einer angemessenen Existenzsicherung der Altenteiler dienen, sind die Tätigkeiten im Zusammenhang mit diesen Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst.

 

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2011 wird aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass der Unfall vom 15. Juli 2010 ein Arbeitsunfall ist.

III. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall.

Der 1967 geborene Kläger, Unternehmer eines kleinen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, erlitt am 15. Juli 2010 einen Unfall, als er im Hof seines Anwesens bei Einstellarbeiten an seinem Holzspalter den Einschaltknopf versehentlich mit dem Knie betätigte, wodurch der Zeigefinger und halbe Mittelfinger der rechten Hand abgehackt wurden. Der Kläger gab gegenüber der Beklagten zunächst an, der Holzspalter würde zum Aufarbeiten des Brennholzes für seinen eigenen Haushalt verwendet.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, weil die zum Unfall führende Tätigkeit dem privaten unversicherten Haushalt gedient habe. Im Widerspruchsverfahren gab der Kläger an, er besitze keinen Holzofen und habe keinen Nutzen an dem Brennholz. Gemäß dem Altenteilervertrag habe er die Mutter zu versorgen und die Heizkosten zu zahlen. Hierfür sollte das Holz eingesetzt werden. Die Mutter wohne im Austragshaushalt. Er habe auch einen Teil des Holzes verkaufen wollen. Davon sei bisher nichts erwähnt worden, weil er sich nicht sicher gewesen sei, wie viel verkauft werden sollte und der Erlös zu gering erschien. Es habe noch keinen Käufer gegeben. In den vergangenen Jahren sei Holz verkauft worden. Die Angabe im ersten Fragebogen sei falsch, weil er davon ausgegangen sei, dass die Mutter zu seinem Haushalt gehöre. Diese lebe aber allein im eigenen Haushalt und bewohne das Austragshaus. Der Kläger wies auf den Übergabevertrag vom 21. Dezember 1998 hin, worin vereinbart ist, dass er seiner Mutter deren vollständigen Lebensbedarf gewähre, insbesondere das Wohnungsrecht, er das Gebäude in einem gut bewohnbaren und beheizbaren Zustand zu halten und die Verbrauchskosten wie Heizung, Strom, Wasser, Abwasser, Kaminkehrer und Müllabfuhr zu übernehmen habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Versichert seien alle mit dem planmäßigen Abschlag des Holzes verbundenen Tätigkeiten. Diese würden mit dem Einfahren des Holzes auf den Hof enden. Nicht glaubhaft sei, dass das Holz für Verkaufszwecke bestimmt gewesen sei, weil zuerst mitgeteilt worden sei, es sei für den Haushalt bereitet worden. Das Aufbereiten von Brennholz erhalte auch nicht den Charakter einer landwirtschaftlichen Tätigkeit aufgrund der Verpflichtung aus dem Übergabevertrag. Sonst könnten im Vertrag beliebige Verpflichtungen aufgenommen werden. Auch bei unterstelltem Brennholzverkauf bestehe kein Versicherungsschutz, weil nur ein sehr geringer Teil des Holzes betroffen gewesen sei.

Mit der hiergegen erhobenen Klage zum Sozialgericht München (SG) hat der Kläger erneut vorgetragen, die Verarbeitung des Holzes sei zur Beheizung des Haushalts der Mutter erfolgt, die allein einen Brennofen besitze. Überschüssiges Brennholz sei für den Verkauf bestimmt gewesen. Am Unfalltag seien Einstellarbeiten am Holzspalter durchgeführt worden.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung gab der Kläger im Wesentlichen an, dass das Gebäude, in dem seine Mutter und er wohnen würden, aus dem alten Teil als abgeschlossene Wohnung und einem Neubau bestünde und es sich hierbei um völlig getrennte Wohneinheiten handele. Er selbst verfüge über eine Ölheizung. Holz werde in seinem Haushalt nicht verbrannt. Er versorge sich selbst und seine Mutter besuche er im üblichen Umfang.

Die Vernehmung der Mutter des Klägers als Zeugin unterblieb, nachdem die Beklagte und die Kammer die Angaben des Klägers als zutreffend werteten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 28. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall vom 15. Juli 2010 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird im Übrigen auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Akte des SG, insbesondere der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung, sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S...

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