Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Prüfung der Hilfebedürftigkeit. Anrechnung von Vermögen auf den Hilfebedarf. Verwertbarkeit eines Hausgrundstücks

 

Orientierungssatz

1. Bei der Beurteilung eines selbst genutzten Hausgrundstücks als privilegiertes Vermögen im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ist jedenfalls dann auf die gesamte Wohnfläche des Hauses abzustellen, solange diese nicht aufgeteilt wurde und die jeweiligen Teile wirtschaftlich genutzt werden.

2. Einzelfall zur Beurteilung der Verwertbarkeit eines Hausgrundstücks als Vermögen im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 14.08.2019; Aktenzeichen B 14 AS 255/19 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren von der Beklagten Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Zuschuss anstelle eines Darlehens für die Zeit von Oktober 2007 bis März 2008.

Der am 00.00.1956 geborene Kläger zu 1) und die am 00.00.1957 geborene Klägerin zu 2) sind Eigentümer eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung in der Gemarkung H ... Das Grundstück hat eine Größe von 597 qm. Das Haus hat eine Wohnfläche von 167 qm. Die selbst genutzte Wohnung der Kläger ist 117 qm groß. Die 50 qm große Einliegerwohnung im Dachgeschoss ist vermietet.

Nach Einschätzung des Gutachterausschusses für den Kreis C. von Oktober 2005 beläuft sich der Verkehrswert der Gesamtimmobilie auf ca. 187.000,- Euro (220.430,- Euro abzüglich 15 % unter Berücksichtigung des Risikos der Vermarktbarkeit). Dem steht im Juni 2005 nach Aktenlage eine Belastung von insgesamt 109.920,74 Euro gegenüber. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einem Darlehen der DG-Bank in Höhe von 79.243,22 Euro, einem Darlehen von H. und N. C. in Höhe von 20.451,68 Euro und einem Darlehen von C.C. in Höhe von 10.225,84 Euro.

Das Haus wurde erworben Mitte März 1996 zu einem Preis von 380.000,- DM (194.290,91 Euro).

Vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 erhielten die Kläger Alg II als Zuschuss.

Für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.03.2006 wurde Alg II als Darlehen geleistet. Eine Klage auf die Gewährung von Alg II als Zuschuss anstelle des Darlehens vor dem Sozialgericht Münster (S 16 AS 162/05) blieb erfolglos. Auch die Berufung vor dem LSG Nordrhein-Westfalen (L 12 AS 42/07) blieb insoweit erfolglos. Die Revision wurde vom Bundessozialgericht mit Urteil vom 22.03.2012 (B 4 AS 99/11 R) zurückgewiesen. Eine Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.10.2014 – 1 BvR 1608/12).

Ein Überprüfungsantrag, mit dem die Kläger Alg II für die Zeit vom 01.04.2005 bis 16.05.2006 als Zuschuss begehrten, blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 10.09.2015 und Widerspruchsbescheid vom 21.04.2016). Hiergegen wurde Klage erhoben (S 8 AS 299/16).

Die Beklagte bewilligte den Klägern für die Zeiträume vom 07.08.2006 bis zum 28.02.2007 und vom 01.03.2007 bis 30.09.2007 Alg II als Darlehen. Auch hinsichtlich dieser Bewilligungsabschnitte haben die Kläger Klage erhoben und begehren Alg II als Zuschuss (S 8 AS 168/14 und S 8 AS 169/14).

Zugunsten der Stadt H. wurden folgende Grundschulden eingetragen: im August 2006 12.000,- Euro, im März 2007 8.000,- Euro und im September 2007 7.000,- - Euro.

Mit Bescheid vom 24.09.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Alg II als Darlehen in Höhe von monatlich 994,70 Euro für die Zeit von Oktober 2007 bis März 2008.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Widerspruch ein.

Mit Änderungsbescheid vom 19.11.2007 gewährte die Beklagte den Klägern für die Zeit von November 2007 bis März 2008 Alg II als Darlehen in Höhe von 863,70 Euro monatlich. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger ebenfalls Widerspruch ein. Sie wendeten sich gegen die Gewährung der Leistung als Darlehen und meinten, dass auch die Berechnung des Anspruchs fehlerhaft sei.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2008 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beklagte führte im Wesentlichen aus, dass die Kläger lediglich einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen als Darlehen hätten, da es sich bei der Immobilie um verwertbares Vermögen handele.

Mit Änderungsbescheid vom 04.02.2008 wurde das Darlehen für die Zeit von Januar bis März 2008 auf monatlich 453,08 Euro pro Person festgesetzt.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 06.02.2008 bewilligte die Beklagte den Klägern für die Zeit von Januar 2008 bis März 2008 ein Darlehen in Höhe von monatlich 443,24 Euro pro Person.

Auch gegen diese beiden Änderungsbescheide legten die Kläger Widerspruch ein.

Die Kläger haben am 05.02.2008 Klage erhoben.

Mit Beschluss vom 10.03.2011 ist das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens vor dem LSG Nordrhein-Westfalen (L 12 AS 42/07) angeordnet worden.

Das Verfahren wurde im März 2014 wiederaufgenommen.

Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläge...

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