Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Voraussetzung der Annahme einer Bedarfsgemeinschaft

 

Orientierungssatz

Lebt eine Empfängerin von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende mit einem anderen Leistungsempfänger zusammen in einem Haushalt, ohne dass sie die ihr anteilige mit der Leistung ausgezahlten Unterkunftskosten an den anderen abführen muss und findet auch sonst keine genaue Trennung der Lebenshaltungskosten statt, so ist vom Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft auszugehen, so dass für die Leistungsbezieher die Regelsätze für die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft anzusetzen sind, jedenfalls soweit das Zusammenleben bereits länger als ein Jahr erfolgt.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit der Klage Leistungen nach dem SGB II für Januar 2010 und März bis November 2010 unter der Maßgabe, dass ihr die Regelleistung für Alleinstehende zu gewähren sei.

Die Klägerin lernte 2008 den Zeugen C. bei einem stationären Alkoholentzug kennen. Nach Ende des stationären Aufenthaltes zog sie zum Zeugen C. in dessen früheres Haus in W. Von dort aus zogen sie im September 2008 in das Haus des Zeugen C., x-Str., in R.. Bei dem Haus handelte es sich um einen kleinen zweigeschossigen Bungalow mit sehr kleiner Grundfläche. Der Zeuge C. ließ die Klägerin in dem Bungalow kostenfrei wohnen. Auch eine Kostenbeteiligung für Strom verlangte er von ihr nicht. Die Klägerin war damals alkoholabhängig. Nach ihren eigenen Angaben war sie nahezu täglich betrunken und deswegen auch oft in der Klinik. Auf Grund der Alkoholprobleme der Klägerin verlangte der Zeuge C. Ende 2010, dass sie aus seinem Bungalow ausziehe, was sie zum 30.11.2010 nach einer Räumungsandrohung durch die Betreuerin des Zeugen C. auch tat. Beide haben heute wenig Kontakt zueinander. Sie haben lediglich einen gemeinsamen Freund, über den sie voneinander hören oder treffen sich zufällig am Hafen in R. Als die Klägerin noch in Rieth wohnte, hatte sie dort Herrn D., der ebenfalls alkoholabhängig gewesen war, kennengelernt. Eine Beziehung zu Herrn D. führte sie jedoch nicht.

Die Klägerin stellte am 26.08.2008 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Hierbei gab an, dass sie mietfrei bei C. in R. wohne. Mit Bescheid vom 28.10.2008 wurden der Klägerin sodann für den Zeitraum September 2008 bis Februar 2009 die Regelleistungen in Höhe von 351,00 € monatlich bewilligt. Ebenso erfolgte für den Folgezeitraum März 2009 bis Oktober 2009 zu Gunsten der Klägerin die Bewilligung der Regelleistung mit Bescheid vom 02.02.2009.

Der Zeuge C. hatte am 10.11.2008 in einem notariellen Übertragungsvertrag der Klägerin im Wege der Schenkung einen halben Anteil an seinem Wohngrundstück in R. übertragen. In dem notariellen Vertrag wird sie als Lebenspartnerin des Zeugen C. bezeichnet. Die Übertragung erfolgte ohne Gegenleistung. Der Übertragungsvertrag wurde am 17.02.2009 wieder aufgehoben.

Mit Bescheid vom 22.02.2010 wurden der Klägerin und dem Zeugen C. monatlich 646,00 € Regelleistung bewilligt. Am 08.03.2010 erging ein Änderungsbescheid für Januar 2010, in dem ebenfalls 646,00 € bewilligt wurden. Mit Änderungsbescheid vom 08.03.2010 für den Zeitraum Januar bis Februar 2010 wurden der Klägerin und dem Zeugen C. als Bedarfsgemeinschaft im Januar 2010 721,00 € und im Februar 2010 768,86 € unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft gewährt. Am 08.03.2010 erging zudem ein Änderungsbescheid für den Zeitraum März bis August 2010. Hier wurden für März und April 2010 721,00 € monatlich, für Mai 2010 755,99 €, für Juni bis Juli 2010 monatlich 721,00 € und für August 2010 768,86 € unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft gewährt.

Mit Änderungsbescheid für April 2010 wurden der Bedarfsgemeinschaft 721,00 € bewilligt, wobei die Heizkosten in Höhe von 530,84 € direkt an den Lieferanten P.-Gas überwiesen wurden.

Am 29.06.2010 erging ein weiterer Änderungsbescheid für den Zeitraum März bis August 2010. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Heizkosten wurde der Bedarfsgemeinschaft im März 2010 1.251,84 € bewilligt. Im Übrigen blieb es bei den mit Bescheid vom 08.03.2010 bewilligten Beträgen. Am 26.03.2010 hatten die Klägerin und der Zeuge C. gegen den Bescheid vom 25.02.2010 und am 12.04.2010 gegen die Bescheide vom 08.03.2010 Widerspruch eingelegt. Zur Begründung führten sie aus, dass ihnen die Regelleistung für Alleinstehende zu bewilligen sei. Sie würden keine Wirtschaftsgemeinschaft bilden. Jeder hätte seinen eigenen Fernseher in seinem Zimmer. Die Klägerin nutze ausschließlich die Zimmer in der oberen Etage. Bad und Küche würden gemeinsam genutzt werden. Jeder habe ein extra Fach im Kühlschrank. Es werde allein eingekauft.

Mit Änderungsbescheid vom 29.06.2010 wurden beiden als Bedarfsgemeinschaft für Januar 2010 1.608,29 € bewilligt. Hierbei wurde eine Heizkostenrechnung in Höhe von 580,96 € an die Firma P.-Gas berücksichtigt.

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