Orientierungssatz
1. Ein Facharbeiter im Tief- und Straßenbau kann nicht auf die Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte sowie als Mitarbeiter Poststelle verwiesen werden.
2. Bei der Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte handelt es sich um eine einfache Anlerntätigkeit. Ein Facharbeiter kann nicht auf einfache oder ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden, damit ist die Verweisungstätigkeit eines einfachen Pförtners nicht zumutbar.
3. Bei der Tätigkeit des "Pförtners an der Nebenpforte" ist nicht mehr von einer Arbeitsmarktgängigkeit auszugehen (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 12.7.2018 - L 8 R 883/14 sowie SG Altenburg vom 13.12.2021 - S 17 R 196/21 ).
4. Zu den Veränderungen im Berufsbild des Postellenmitarbeiters infolge der Digitalisierung.
5. Von der Benennung eines Verweisungsberufs ist zu fordern, dass die Verweisung hinreichend konkret ist, um einerseits dem Rentenantragsteller eine Orientierung für eine konkret anzustrebende berufliche Tätigkeit zu geben und andererseits im gerichtlichen Rechtsschutz eine Überprüfung der Angemessenheit der Verweisungstätigkeit zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ist auch zu fordern, dass eine konkrete Bezeichnung der benannten Tätigkeit iS eines feststehenden Begriffs existiert, die die geforderte Überprüfung und Orientierung zulässt; dh, dass eine Subsumtion der Tätigkeitsbeschreibung und der Anforderungen unter den Begriff der benannten Tätigkeit möglich ist.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2019 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2019 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vom 01.02.2019 bis 30.09.2021 in gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/2 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung.
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Der 1958 geborene Kläger beantragte am 10.01.2019 bei der Beklagten eine Erwerbsminderungsrente. |
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Die Beklagte zog diverse medizinische Unterlagen bei und lehnte mit Bescheid vom 12.03.2019 den Antrag des Klägers ab. Dagegen legte der Kläger am 11.04.2019 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2019 wurde der Widerspruch nach weiteren medizinischen Ermittlungen (Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet) als unbegründet zurückgewiesen, da nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen bei dem Kläger noch ein Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten mit weiteren Einschränkungen für mindestens 6 Stunden täglich vorliege. Im Hinblick auf einen Rentenanspruch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verwies die Beklagte den Kläger, ausgehend von seinem Hauptberuf als Baufacharbeiter im Tief- und Straßenbau, den sie der Stufe der Angelernten des unteren Bereiches zuordnete, auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. |
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Hiergegen hat der Kläger am 07.01.2020 Klage erhoben. Er führt an, dass aufgrund der Gesamtheit der diagnostizierten Erkrankungen eine Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben sei. |
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den Bescheid der Beklagten vom 12.03.2019 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in gesetzlichem Umfang ab Antragstellung zu gewähren. |
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. |
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Die Beklagte verweist auf ihre Bescheide. Im Hinblick auf einen etwaigen Rentenanspruch wegen teilweiser Erwerbsminderung verweist die Beklagte auf die Tätigkeiten als Pförtner Nebenpforte oder in Verwaltungsgebäuden und Mitarbeiter Poststelle. |
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Das Gericht hat Befundberichte von G, R und T sowie eine Arbeitgeberauskunft der Firma H, beigezogen. |
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Ferner wurden ein psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten bei B, ein orthopädisches Zusatzgutachten bei M und ein internistisch-rheumatisches Zusatzgutachten bei L eingeholt. Nach dem Gutachten von M vom 17.06.2020 bestehen auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen: |
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1. Mittelgradige Funktions- und Belastungsstörungen der Lendenwirbelsäule bei Kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenschädigungen L 1 bis S 1 mit Einengung des Neuroforamens L5/S 1 linksbetont, leichtes sensibles Defizit am linken Fuß, mit Dermatom S 1 entsprechend, aktuell ohne Hinweise auf eine akute Nervenwurzelkompressionssymptomatik. 2. Mittelgradige Funktions- und Belastungsstörungen der Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule ohne Hinweise auf eine von der Wirbelsäule ausgehende neurologische Begleitsymptomatik. 3. Leicht- bis mittelgradiger Funktionsstörung beider Schultergelenke im Sinne eines degenerativen Rotatorenmanschettensyndroms mit deutlichen Verschleißveränderungen der Schultereckgelenke und beginnender Verschleißveränderung des Hauptgelenks linksbetont, Zustand nach operativer Revision der linken Schulter, Bizepssehnenruptur links. 4. Leichtgradige Funktions- und Belastun... |