Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Durchführung der Krankenhausbehandlung an den Wochenenden

 

Orientierungssatz

Hat der Patient an den Wochenenden keine ärztlichen Leistungen in Anspruch genommen, sondern manchmal nur Leistungen der Pflegefachkräfte, wird dadurch die stationäre Krankenhausbehandlung weder beendet noch unterbrochen. Es ist nicht notwendig, dass an jedem einzelnen Tag der Krankenhausbehandlung ein gewisses Mindestprogramm an Behandlungsmaßnahmen zur Anwendung kommen muss. Der Krankenhausaufenthalt ist vielmehr insgesamt zu betrachten.

 

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 2.297,64 Euro zuzüglich

Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 09.08.2018 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.297,64 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Kosten einer Krankenhausbehandlung der Frau D. in Höhe von 2.297,64 Euro. Konkret streiten die Beteiligten über die Kürzung der Rechnung um 12 Behandlungstage an den Wochenenden.

Die Klägerin ist die H. Klinik A-Stadt, welche in den Krankenhausplan des Freistaats B. eingetragen ist. Sie behandelt unter anderem auch Versicherte der Beklagten, einer gesetzlichen Krankenversicherung. Die H. Klinik A-Stadt ist eine Klinik für psychosomatische Krankenhausbehandlung. In der Klinik werden Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen wie Depression, Angsterkrankung, posttraumatischer Belastungsstörung, Essstörung, religiösen Störungen und Borderline behandelt.

In der Zeit vom 30.07. bis zum 05.11.2014 wurde die bei der Beklagten gesetzlich versicherte Frau D., geboren 1963, stationär behandelt. Mit der Patientin Frau D. wurde zu Beginn der Behandlung ein Behandlungsplan festgelegt. Dieser umfasste zahlreiche therapeutische Maßnahmen, wie eine tiefenpsychologisch orientierte Einzeltherapie zweimal pro Woche, konzentrative Atem- und Bewegungstherapie, kunsttherapeutische Gruppentherapie, milieutherapeutische Gruppe zur Entwicklung der therapeutischen Gemeinschaft und andere. Diese Behandlungsmaßnahmen waren eingebettet in ein fachärztlich geleitetes multimodales integratives Behandlungskonzept in ständiger ärztlicher Präsenz. Zusätzlich schloss die Patientin am 07.08.2014 einen sogenannten "Vertrag-Essstörungen", in dem sie sich verpflichtete regelmäßig und pünktlich zu den Mahlzeiten zu erscheinen. Dies galt auch für das Wochenende. Die Behandlungen wurden entsprechend des Behandlungsplan von Montag bis Freitag durchgeführt. Für Samstag und Sonntag waren keine therapeutischen Behandlungen vorgesehen. In der Patientenakte findet sich eine Behandlungschronologie, die für jeden Tag die Behandlungsmaßnahmen auflistet. An den Wochenenden 16.08. und 17.08., 06.09. und 07.09., 20.09. und 21.09., 04.10. und 05.10., 11.10. und 12.10. sowie 01.11. und 02.11.2014 sind keine Verlaufseinträge zu finden. An den übrigen Wochenenden finden sich jeweils Einträge wie am Samstag, 02.08.2014, durch die Pflegefachkraft K.: "Patientin benennt anhaltende Kopfschmerzen Ibu 600mg". Insgesamt finden sich an den Wochenenden entweder gar keine Einträge oder lediglich kurze Gesprächsnotizen bzw. die Dokumentation der Gabe von Medikamenten et cetera. Alle Verlaufseinträge an den Wochenenden wurden ausschließlich durch Pflegefachkräfte unternommen und nicht von Ärzten. Die Verlaufseinträge sind im Vergleich zu den Verlaufsanträgen Montag bis Freitag sehr knapp gehalten. Jeweils freitags fand im Rahmen der Morgenvisite eine Vorbesprechung des Wochenendes statt. Beispielsweise findet sich am 22.08.2014 der Eintrag: "Morgenvisite: Vorbesprechung der Wochenendstruktur, Anpassung des Stundenplans an den therap. Prozess". An den Wochenenden erstellte die Patientin jeweils für jede einzelne Woche des Klinikaufenthalts einen Wochenbericht. Dieser umfasste umfangreiche Fragen zu dem Therapiefortschritt, zu den Klinikalltag und zu der Arbeit in der therapeutischen Gruppe. Die Patientin füllte zusätzlich noch einen "Ess-Struktur Wochenbericht" aus, in dem sie dazu Stellung nahm, inwieweit sie sich an ihren Vertrag bezüglich der Einnahme des Essens gehalten hat und wie sich ihre Essstruktur in der letzten Woche entwickelt hat. Nach den Wochenenden wurde jeweils am Montag im Rahmen der spezialtherapeutischen Sitzung das Wochenende nachbesprochen und die Patientin gab ihren Wochenbericht ab. Die Akte enthält weder eine Bestätigung über einen Urlaub der Patientin, noch eine Entlassungsanzeige oder Ähnliches.

Die Klägerin stellte für den Aufenthalt der Patientin mit Rechnung vom 07.11.2014 einen Betrag in Höhe von 18.836,71 Euro in Rechnung. Die Beklagte beglich zunächst die Rechnung und kündigte der Klägerin am 10.11.2014 eine Rechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) an. Die begutachtende Ärztin des MDK, Frau B., stellte in ihrem Gutachten vom 14.07.2018 zunächst fest, dass die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbeh...

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