Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung von Kindern mit Orthesenschuhen. Rechtmäßigkeit und Angemessenheit eines Eigenanteils. keine Weiterleitung nach § 14 SGB 9 bei teilweiser Ablehnung
Leitsatz (amtlich)
1. Orthesenschuhe für Kinder sind Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 SGB 5.
2. Bei der Kostenübernahme kann die Krankenkasse einen Eigenanteil in Höhe von 45 Euro in Abzug bringen, da orthopädische Schuhe nicht nur dem Ausgleich einer Behinderung, sondern zugleich der Bekleidung dienen. Die Leistungen der Krankenversicherung sollen den Versicherten nicht von Kosten für Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens befreien. Der Betrag ist in der Höhe angemessen.
3. Auch wenn der Versicherte aufgrund seiner Behinderung häufiger Schuhe benötigt als ein Gesunder, ist der Eigenanteil von ihm zu tragen, da Mehrausgaben für allgemeine Gebrauchsgüter infolge Krankheit oder Behinderung nicht von der Krankenkasse zu übernehmen sind.
4. Eine Weiterleitung des Leistungsantrages nach § 14 SGB 9 ist nicht erforderlich, wenn der erstangegangene Leistungsträger grundsätzlich für die beantragte Leistung zuständig ist. Auch bei einer teilweisen Ablehnung (hier durch Abzug des Eigenanteils) ist der Antrag nicht im Übrigen weiterzuleiten.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Übernahme des Eigenanteils für Orthesenschuhe in Höhe von 90,- Euro.
Der am 28. August 2006 geborene und über seine Eltern bei der Beklagten versicherte Kläger ist wegen einer Behinderung im Bereich der unteren Gliedmaßen auf Orthesenschuhe angewiesen. Aufgrund ärztlicher Verordnungen vom 25. Februar und 24. März 2009 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 6.4.2009 und 23.04.2009 die Übernahme der Kosten für jeweils ein Paar Orthesenschuhe nebst Zurüstung um 0,5 cm abzüglich eines dem Kläger obliegenden Eigenanteils in Höhe von jeweils 45,- € (insgesamt 90 €).
Daraufhin wandte sich die Mutter des Klägers an die Beklagte und bat um Überprüfung, ob der Eigenanteil von jeweils 45,- € tatsächlich vom Versicherten zu zahlen sei. Sie verwies darauf, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung häufig Schuhe benötige.
Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 17.06.2009 mit, dass auch nach erneuter Prüfung eine vollständige Kostenübernahme für die Versorgung mit Orthesenschuhen durch die Krankenkasse nicht in Betracht komme.
Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2009 zurück. Zur Begründung verwies sie darauf, dass bei Hilfsmitteln, die in Verbindung mit einem Gebrauchsgegenstand verwendet werden, sich die Leistungspflicht der Krankenkasse auf das eigentliche Hilfsmittel beschränke. Den auf den Gebrauchsgegenstand entfallenen Kostenanteil habe der Versicherte selbst zu tragen. Nach der gemeinsamen Empfehlung der Spitzenverbände zu den Eigenanteils- bzw. Zuschussregelungen bei der Versorgung mit Hilfsmitteln sei bei orthopädischen Straßenschuhen für Kinder ein Eigenanteil von 45,- € in Abzug zu bringen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 14.12.2009 beim Sozialgericht Oldenburg eingegangene Klage. Der Kläger hat vortragen lassen, dass es sich bei seinem Fall um einen Rehabilitationsfall gemäß den Bestimmungen des SGB IX handele und die Beklagte zu Unrecht seinen Fall nur nach den Vorschriften des SGB V geprüft habe. Gegebenenfalls hätte die Beklagte den Vorgang gemäß § 14 SGB IX an den zuständigen Sozialhilfeträger weiterleiten müssen. Da sie dies nicht getan habe, müsse sie seinem Begehren im Hinblick auf § 14 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 SGB IX auf der Grundlage der Eingliederungshilfevorschriften entsprechen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
1. die Bescheide der Beklagten vom 6.4.2009, 23.04.2009 und 17.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009 zu ändern,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Orthesenschuhe ohne Abzug eines Eigenanteils zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass sie als gesetzliche Krankenkasse gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX Rehabilitationsträger für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sei. Da sie zuständiger Rehabilitationsträger sei, sei eine Weiterleitung des Leistungsantrages im Sinne des § 14 SGB IX an den Sozialhilfeträger nicht erforderlich gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eigenanteilsfreie Versorgung mit Orthesenschuhen. Die beklagte Krankenkasse kann einen Eigenanteil in Abzug bringen, weil Orthesenschuhe nicht nur dem Ausgleich einer körperlichen Behinderung sondern zugleich der Bekleidung dienen.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 13 Abs. 3, 2. Alt. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Betracht. Danac...