Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistungsrecht. keine Anwendung des § 2 AsylbLG idF vom 19.8.2007 auf Zeitraum vor Neuregelung. kein allgemeiner Bestandsschutz. Auslegung von Verwaltungsakten. im Zweifel kein Dauerverwaltungsakt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die leistungsrechtliche Privilegierung aus § 2 AsylbLG ist nach der Neufassung dieser Vorschrift vom 28.08.2007 für diejenigen Leistungsempfänger, die vor der Gesetzesänderung weniger als zwölf Monate im Bezug von Leistungen nach § 2 AsylbLG aF standen, weder direkt noch analog anzuwenden.

2. Die fehlende Übergangsregelung in § 2 AsylbLG nF führt nicht zu einem allgemeinen Bestandsschutz. Ein solcher Bestandsschutz ergibt sich zudem nicht aus dem Rückwirkungsverbot.

3. Ergibt die Auslegung von Bescheiden im AsylbLG nach dem Empfängerhorizont kein eindeutiges Ergebnis, so ist im Zweifel nicht von einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auszugehen.

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt

2. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von privilegierten Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG).

Die Antragstellerin reiste laut eigenen Angaben am 15.03.2004 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 22.03.2004 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 24.08.2007 ab. Die dagegen gerichtete Klage vom 11.09.2007 ist - soweit ersichtlich - beim Verwaltungsgericht Osnabrück noch anhängig (Az. 5 A 195/07).

Die Antragstellerin bezog bis März 2007 bei dem Antragsgegner Leistungen nach §§ 1, 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG). Mit Bescheid vom 16.02.2007, ausgehändigt am 01.03.2007, stellte der Antragsgegner die Leistungsgewährung zum 01.04.2007 auf Leistungen nach § 2 AsylblG um.

Mit Schreiben vom 16.10.2007 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zu einer ab 01.11.2007 geplanten Rückstufung auf die Leistungen nach §§ 1, 3 AsylblG an. Diese Leistungsumstellung habe zu erfolgen, da das Asylbewerberleistungsgesetz ab dem 28.08.2007 dahingehend geändert worden sei, dass nunmehr 48 Monate des Bezuges von Grundleistungen Voraussetzung für die privilegierten Leistungen nach § 2 AsylblG sei.

Im Rahmen dieser Anhörung trug die Antragstellerin mit Schreiben vom 23.10.2007 vor, dass sie in Bezug auf die privilegierten Leistungen Vertrauensschutz genieße. Sie habe ihre Lebensverhältnisse an die erhöhten Regelsätze angepasst. Zudem seien die Zeiten, in denen sie die Leistungen nach § 2 AsylblG bezogen haben, jedenfalls mit einzubeziehen.

Mit Bescheid vom 30.10.2007 setzte der Antragsgegner die in der Anhörung angekündigte Leistungsumstellung zum 01.11.2007 um.

Am 21.11.2007 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.

Sie ist der Ansicht, dass es mit der grundsätzlichen Intention des § 2 AsylbLG unvereinbar sei, wenn der bereits begonnenen Integrationsprozess durch eine Verschlechterung des Leistungsniveaus nachteilig beeinträchtigt werde.

Bei der vorliegenden Änderung sei im Gegensatz zur AsylbLG-Novelle 1997 keine Übergangsregelung geschaffen worden, so dass auch aus systematischen Erwägungen zu schließen sei, dass eine Rückstufung seitens des Gesetzgebers nicht gewollt sei.

Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bescheides vom 30.10.2007 vorläufig Leistungen gemäß § 2 AsylblG für sich und ihre Kinder zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er hält seinen Bescheid für rechtmäßig. Er verweist auf einen entsprechenden Erlass des Innenministeriums des Landes Niedersachsen vom 04.09.2007.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakte sowie die (asylbewerberleistungsrechtlichen und ausländerrechtlichen) Verwaltungsakten des Antragsgegners verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

Der vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes richtet sich nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (dazu unter 1). Diese Voraussetzungen sind vorliegenden nicht erfüllt, da die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht hat glaubhaft machen können (dazu unter 2).

Die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG n. F. sind vorliegend nicht erfüllt. Ein Bestandsschutz ergibt sich weder aus der einfach gesetzlichen Regelung, noch aus der Verfassung. Schließlich ist im vorliegenden Fall eine analoge Anwendung der leistungsrechtlichen Privilegierung nicht geboten.

1. Der einstweilige Rechtschutz richtet sich nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG, da der Bescheid vom 16.02.2007 keinen Dauerverwaltungsakt darstellt und damit eine Anordnung bzw. Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 5. November 2007 das Antragsziel des Antragsteller nicht erreichen würde.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Beurteilung der Frage, ob ei...

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