Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Antragserfordernis. keine Fortwirkung des ursprünglichen Leistungsantrages. Begrenzung des Verfahrensgegenstands. Verfahrensvoraussetzung. keine Wiedereinsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 37 Abs 1 SGB 2 erfordert einen neuen Antrag, wenn die Weitergewährung über den ablaufenden Bewilligungszeitraum hinaus begehrt wird.

2. Ein früherer Leistungsantrag entfaltet keine Wirkung für neue Bewilligungszeiträume.

3. Für Zeiträume zwischen Ablauf des bisherigen Bewilligungszeitraumes und dem erneuten Antrag können gem § 37 Abs 2 S 1 SGB 2 keine Leistungen gewährt werden.

 

Orientierungssatz

1. Ein Antrag hat eine den Verfahrensgegenstand begrenzende Funktion, dh der Grundsicherungsträger darf nicht mehr bewilligen als dem Begehren des Antrags entspricht. Dies gilt auch für die zeitliche Dimension. Ein Antrag ist stets nur darauf gerichtet, Leistungen entsprechend dem grundsätzlichen Bewilligungszeitraum von 6 Monaten gem § 41 Abs 1 S 4 SGB 2 bewilligt zu bekommen. Hat der Arbeitsuchende eine andere Intention, muss er dies ausdrücklich bekunden bzw ggf einen längeren (oder kürzeren) Bewilligungszeitraum mit den entsprechenden Rechtsbehelfen erstreiten.

2. Bei dem Antragserfordernis in § 37 SGB 2 handelt es sich nicht um eine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung, sondern nur um eine Verfahrensvoraussetzung. Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB 2 iS eines Stammrechts - nicht des Zahlungsanspruches - entsteht unabhängig von der Antragstellung.

3. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem § 27 SGB 10 ist nicht möglich. Es handelt sich bei dem Antragserfordernis nach § 37 SGB 2 nicht um eine gesetzliche Frist iS von § 27 Abs 1 S 1 SGB 10.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 11. November 2008.

Die Klägerin ist am ... geboren. Sie beantragte erstmals am 30. März 2007 Leistungen nach dem SGB II, die ihr mit Bescheid vom 18. Mai 2007 für die Zeit vom 30. März 2007 bis zum 30. September 2007 bewilligt wurden. Auf den Fortzahlungsantrag vom 28. September 2007 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 7. November 2007 Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. März 2008. Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 21. Februar 2008 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 9. April 2008 Leistungen für die Zeit vom 1. April 2008 bis zum 30. September 2008.

Mit Schreiben vom 8. August 2008 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass für eine Leistungsbewilligung über den 30. September 2008 hinaus die Anspruchsvoraussetzungen erneut geprüft werden müssten. Die Klägerin wurde gebeten, den beigefügten Weiterbewilligungsantrag mit Anlagen vollständig auszufüllen. Die Beklagte wies darauf hin, dass Leistungen frühestens ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gewährt werden könnten. Um Leistungsunterbrechungen im laufenden Bezug zu vermeiden, müsse der Weiterbewilligungsantrag rechtzeitig vor Ablauf des aktuellen Bewilligungsabschnitts bei dem zuständigen Leistungsträger gestellt werden.

Vom 19. August 2008 bis zum 11. November 2008 befand sich die Klägerin zur stationären Behandlung in der ... (Klinik ...) in ....

Am 24. September 2008 rief die Klägerin die Beklagte telefonisch an und teilte mit, dass sie seit dem 19. August 2008 in der Klinik sei. Der Aufenthalt dauere voraussichtlich bis zum 28. Oktober 2008. Sie melde sich, sobald sie eine weitere Information zur Aufenthaltsdauer erhalte.

Am 12. November 2008 ging bei der Beklagten der Antrag der Klägerin auf Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II ein.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 18. November 2008 Leistungen für die Zeit vom 12. November 2008 bis zum 31. Mai 2009 in Höhe von monatlich (im November anteilig) 629,87 €.

Hiergegen legte die Klägerin am 28. November 2008 Widerspruch ein. Sie verwies auf ihren Krankenhausaufenthalt. Sie habe deswegen versäumt, einen Antrag auf Fortzahlung zu stellen. Dadurch sei sie jetzt in extrem finanzielle Nöte geraten, könne zum Beispiel ihre Miete nicht bezahlen. Sie bat um Bewilligung der Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 11. November 2008.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 4. Dezember 2008 zurück. Aufgrund des erst am 12. November 2008 gestellten Weiterbewilligungsantrags hätten Leistungen erst ab diesem Datum wieder bewilligt werden können.

Mit ihrer am 23. Dezember 2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 18. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2008 zu verurteilen, ihr Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe auch für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 11. November 2008 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält...

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