Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Ausschluss von Beamten nach § 56 Abs 4 Nr 3 SGB 6
Leitsatz (amtlich)
Beamte sind nicht von der Vormerkung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen, wenn sie wegen der Kindererziehung keine beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaften für das Alter erworben haben.
Orientierungssatz
Einer weitergehenden Auslegung des § 56 Abs 4 Nr 3 SGB 6 dahingehend, dass Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung immer dann ausgeschlossen seien, wenn - irgendwelche - Anwartschaftszeiten nach beamtenrechtlichen Regelungen während der Erziehungszeit erworben wurden, steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift, aber auch die Entstehungsgeschichte derselben entgegen.
Tenor
1. Die Beklagte wird unter entsprechender teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 14.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 verurteilt, die Zeit vom 14.06.1978 bis zum 27.07.1978 als Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung im Versichertenkonto der Klägerin vorzumerken. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt 10 v.H. der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Anerkennung rentenrechtlicher Zeiten.
Die am … geborene Klägerin ist Beamtin. Ab dem 01.02.1977 bis zum 13.06.1978 stand sie im Rahmen des Vorbereitungsdienstes in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf, vom 28.07.1978 bis zum 09.08.1978 zunächst in einem privatrechtlichen Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst und seit dem 10.08.1978 ist sie zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt. Weiter ist sie Mutter von 6 Kindern (geb. am …, am …, am …, am …, am … und am …).
Mit am 22.08.2014 bei der Beklagten eingegangenen Anträgen begehrte sie die Klärung ihres Rentenversicherungskontos sowie die Feststellung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung. Sie habe ihre Kinder jeweils bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres erzogen.
Mit Bescheid vom 14.11.2014 stellte die Beklagte die Zeiten bis zum 31.12.2007 verbindlich fest. Die Zeiten vom 11.09.1979 bis zum 18.12.1979, vom 05.07.1982 bis zum 11.10.1982, vom 03.08.1984 bis 09.11.1984, vom 06.08.1986 bis zum 12.11.1986 und vom 12.06.1988 bis zum 18.09.1988 könnten nicht als Anrechnungszeit vorgemerkt werden, weil während des Mutterschutzes ein beamtenrechtliches Dienstverhältnis bestanden habe. Die Zeit vom 01.08.1976 bis zum 31.01.1977 werde als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 10.07.1976 bis zum 31.01.1977 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt.
Die Zeiten vom 01.02.1977 bis zum 31.07.1978, vom 01.11.1979 bis 31.10.1981, vom 01.09.1982 bis zum 31.08.1984, vom 01.10.1984 bis zum 30.09.1986, vom 01.10.1986 bis zum 30.09.1988 und vom 01.08.1988 bis zum 31.07.1990 könnten nicht als Kindererziehungszeiten vorgemerkt werden. Während dieser Zeit habe die Klägerin Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erworben.
Die Zeiten vom 01.02.1977 bis 09.07.1986, vom 23.10.1979 bis 22.10.1989, vom 16.08.1982 bis zum 15.08.1992, vom 14.09.1984 bis zum 13.09.1994, vom 17.09.1986 bis zum 16.09.1996 und vom 24.07.1988 bis zum 23.07.1998 könnten nicht als Berücksichtigungszeit vorgemerkt werden. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung könnten nur für Zeiträume vorgemerkt werden, in dem die Voraussetzung für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten erfüllt würden. Dies sei ausgeschlossen, da die Klägerin während dieser Zeit Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Vorschriften erworben habe.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin mit Schreiben vom 10.12.2014 Widerspruch. Erziehungszeiten, in denen sie keine Versorgungsanwartschaften erworben habe, seien nicht berücksichtigt. Hierzu legte sie eine Auskunft über die Versorgungsanwartschaft nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz Baden-Württemberg (LBeamtVGBW) vom 12.08.2014 vor, auf welche das Gericht Bezug nimmt.
Mit Bescheid vom 12.02.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Durch das Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz sei seit dem 01.07.2014 die Vormerkung von Erziehungszeiten generell ausgeschlossen, wenn der Elternteil während der Kindererziehung gleichwertige Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erworben habe. Ohne inhaltliche Prüfung der jeweiligen Versorgungsregelungen gelten nunmehr Anwartschaften auf eine Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen stets als gleichwertig.
Hierauf hat die Klägerin am 11.03.2015 beim hiesigen Gericht Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, die seitens der Beklagten geschilderte Vorgehensweise könne zwar dem Grunde nach nachvollzogen werden, nicht jedoch für die Zeiträume 14.06.1978 bis 27.07.1978, 17.03.1987 bis 16.07.1987 und 24.01.1989 bis 23.07.1989. Im Zeitraum 14.06.1978 bis 27...