Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. angemessene Umzugskosten. Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs. keine Übernahme der Kosten für gewerbliches Umzugsunternehmen. gesundheitliche Einschränkungen
Orientierungssatz
Umzugskosten iS des § 22 Abs 6 SGB 2 sind nur insoweit als Bedarf anzuerkennen, wie sie grundsicherungsrechtlich angemessen sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit im jeweils zu beurteilenden Einzelfall ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Leistungsempfänger nach § 2 Abs 1 S 1 SGB 2 alles zu tun hat, um seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Er ist daher gehalten, den Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen. Insbesondere im Falle der Erkrankung bzw Behinderung des Leistungsempfängers kann indes die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen - wobei die diesbezüglichen Aufwendungen aber in jedem Fall nur in angemessenem Umfang von dem Leistungsträger zu tragen sind.
Tenor
Der Antragsgegner wird vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller weitere Leistungen zur Bestreitung der Kosten des Umzugs von der Wohnung in der … in … in die Wohnung in der … in . in Höhe von 280,08 € zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsgegner trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner die Übernahme der Kosten für ein gewerbliches Umzugsunternehmen.
Der am … geborene Antragsteller bezieht bei dem Antragsgegner laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Seit dem Jahr 2014 lebt der Antragsteller mit der am … geborenen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen …, die ebenfalls Leistungen der Grundsicherung beim Antragsgegner bezieht, zusammen. Beide bewohnten zunächst einer Wohnung in der … in … und zogen zusammen zum 01.07.2015 in eine Wohnung in der … in … um. Aufgrund erheblicher Nachbarschaftsstreitigkeiten des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin Frau … mit anderen Bewohnern des Haues in der … in … beantragte der Antragsteller am 07.09.2016 bei dem Antragsgegner die Zusicherung der Übernahme der im Zuge der Anmietung einer 57 m² großen Zweizimmer-Wohnung in der … in … anfallenden Aufwendungen. Mit Bescheid vom 14.09.2016 erteilte der Antragsgegner die beantragte Zusicherung, bezogen auf eine für die Nutzung der Wohnung in der … in … zu entrichtende monatliche Kaltmiete in Höhe von 280,00 €, einer monatlichen Vorauszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von 65,00 € monatlich und einer Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 75,00 € monatlich. Daraufhin schlossen der Antragsteller und Frau … den Mietvertrag mit dem Vermieter ab, nach welchem das Mietverhältnis zum 01.11.2016 beginnen wird.
Am 22.09.2016 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner die Übernahme der Kosten für die Beauftragung eines gewerblichen Umzugsunternehmens mit der Durchführung seines und des Umzugs von Frau … von der Wohnung in der … in die … in .. Mit der Antragstellung legte der Antragsteller drei vorab eingeholte Angebote von professionellen gewerblichen Umzugsunternehmen über die voraussichtlichen Umzugskosten vor; das günstigste dieser Angebote wies Kosten in Höhe von 1.011,50 € aus. Dieses Angebot geht von dem Einsatz zweier Transporter des Typs MB Sprinter mit einem jeweiligen Fassungsvermögen von 14 m³ und dem Einsatz von vier Umzugshelfern aus.
Mit Bescheid vom 05.10.2016 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller und Frau …, die ihrerseits am 22.09.2016 einen gleichlautenden Antrag auf Kostenübernahme für den Umzug gestellt hatte, eine Leistung in Höhe von 75,00 € zum Zwecke der Anmietung eines Transporters (kleiner Sprinter) für einen Tag. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner die Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten ab, da der Antragsteller und seine Lebensgefährtin verpflichtet seien, alle Selbsthilfemöglichkeiten zur Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Sie seien daher gehalten, den Umzug mit eigenen Möglichkeiten und unter Rückgriff auf eigene Ressourcen durchzuführen. Die Beauftragung eines Umzugsunternehmens sei für den Umzug innerhalb einer Kleinstadt unverhältnismäßig.
Mit Schreiben vom 11.10.2016 legte der Antragsteller Widerspruch gegen diesen Bescheid ein und führte zur Begründung aus, dass die Beschränkung der bewilligten Leistungen auf 75,00 € rechtswidrig sei. Aus gesundheitlichen Gründen sei er zwingend auf die Dienste eines professionellen Umzugsunternehmens angewiesen. Er könne werde Gegenstände heben, noch tragen. Hinzu komme, dass er seit 15 Jahren keine Fahrpraxis mehr habe und einen Transporter deswegen nicht sicher im Verkehr führen könne. Seine Lebensgefährtin Frau … habe keine Fahrerlaubnis. Freunde und Verwandte gäbe es nicht und könnten daher auch nicht helfen. Zudem sei er durchaus bereit im Rahmen seiner Möglichkeiten bei dem Umzug mitzuwirken, indem er im Vorfeld Kartons packe und die M...