Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung eines Mietkautionsdarlehens durch einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können nach § 22 Abs. 3 SGB 2 bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Wohnungsträger übernommen werden. Hierzu zählt auch ein Mietkautionsdarlehen, welches als Mietsicherheit mit einer monatlichen Rückführungsbestimmung zu gewähren ist.

2. § 22 SGB 2 enthält keine Regelung, wie das Mietkautionsdarlehen an den Leistungsträger zurückzuführen ist. Die planwidrige Regelungslücke ist durch entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 S. 3 SGB 2 auszufüllen, weil diese Vorschrift die einzige Norm im SGB 2 ist, welche die Rückführung eines Darlehens zum Gegenstand hat.

3. Die Rückführung hat durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 % der Regelleistung und nicht durch Abtretung des Rückzahlungsanspruchs zu erfolgen. Hierdurch ist der wirtschaftliche Umgang mit Mitteln der Allgemeinheit sichergestellt.

 

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

2. Die Antragsgegnerin hat ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten nur noch über die Erbringung eines Mietkautionsdarlehens ohne monatlich fortlaufende Tilgung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Zum 1. Februar 2008 bezog der Antragsteller mit der Zustimmung der Antragsgegnerin eine Wohnung in der W. in P. Der Antragsteller holte sich die Zusicherung der Antragsgegnerin zu den Aufwendungen dieser Wohnung ein; die Antragsgegnerin sagte auch die darlehensweise Gewährung der Mietsicherheit zu.

Der nach der Erledigungserklärung vom 28. April 2008 noch im Streit stehende, sinngemäße Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig für die Wohnung W. in P. ein Mietkautionsdarlehen in Höhe von 1.050,- EUR ohne monatliche Tilgungsvereinbarung zu gewähren und dieses an die W. Baugenossenschaft eG, Konto-Nr. xxx bei der A. Bank, BLZ 000 000 00, zu überweisen,

ist im Sinne des § 86 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Ist ein einstweiliger Rechtsschutz weder durch aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt noch durch die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes gem. § 86b Abs.1 SGG zu gewährleisten, kann auf Antrag das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Nach S. 2 der Norm sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Bildet ein Leistungsbegehren des Antragstellers den Hintergrund für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz, ist dieser grundsätzlich im Wege der Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu gewähren. Danach muss die einstweilige Anordnung erforderlich sein, um einen wesentlichen Nachteil für den Antragsteller abzuwenden. Ein derartiger Nachteil ist nur anzunehmen, wenn zum einen dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Anspruch in der Hauptsache - möglicherweise - zusteht (Anordnungsanspruch) und zum anderen es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung sind Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Das bedeutet, dass die Beweisführung, die einem Antragsteller hinsichtlich der von ihm behaupteten entscheidungserheblichen Umstände grundsätzlich obliegt, vorerst nur einen geringeren Grad an Sicherheit vermitteln muss, als dies in einem Klageverfahren erforderlich wäre. In einem Anordnungsverfahren einstweilen zugesprochene Mittel werden in aller Regel verbraucht und können, abgesehen von Ausnahmefällen, nach einer etwaigen Aufhebung der Anordnung oder gegenteiligen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr zurückgezahlt werden. Rein faktisch - wenn auch nicht rechtlich - werden somit im Eilverfahren regelmäßig vollendete Tatsachen geschaffen; daher muss die Wahrscheinlichkeit eines Anspruchs auf die begehrte Leistung sehr groß sein, wobei gegebenenfalls allerdings auch zu berücksichtigen ist, in wessen Sphäre die verbliebenen Ungewissheiten fallen, die den Unterschied zwischen geringer und hoher Wahrscheinlichkeit ausmachen.

Anhand dieses Maßstabs kann sich der Antragsteller auf keinen Anordnungsanspruch stützen. Dies ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen:

Der Antragsteller hat unzweifelhaft einen Anspruch auf...

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