Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Aufwendungsersatz bzw Fahrkostenerstattung des Arbeitgebers. Abgrenzung von der Fahrkostenerstattung für Fahrten zwischen Arbeitsstätte und Wohnung. kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Der Grundfreibetrag des § 11b Abs 2 S 1 SGB 2 findet keine Anwendung auf Fahrtkostenerstattungen des Arbeitgebers nach § 670 BGB. Aufwendungsersatz gem § 670 BGB ist kein Einkommen iS des § 11 Abs 1 S 1 SGB 2.
Tenor
1. Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid vom 24.06.2013 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 24.09.2013 i.G. des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2013 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 06.11.2013 i.G. des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2013 dahingehend abzuändern, dass der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Berücksichtigung eines Einkommens aus Wegegeld und Fahrtkostenerstattung durch den Arbeitgeber, der M…GmbH, bewilligt werden.
2. Der Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Klage richtet sich gegen die Berücksichtigung des von ihrem Arbeitgeber gezahlten Aufwendungsersatzes für Fahrtkosten der Klägerin als Einkommen im Bewilligungszeitraum vom 01.06.-31.10.2013.
Die Klägerin steht seit 2005 in dauerndem SGB II-Leistungsbezug bei dem Beklagten. Seit 2006 übt sie eine Tätigkeit als Zeitungszustellerin/Kurierdienst im ländlichen Bereich aus. Arbeitgeber ist die M….GmbH.
Die Zeitungen werden bei der Klägerin zuhause in A-Stadt angeliefert. Sie müssen vor 6.00 Uhr von ihr in den Orten H. und S. verteilt werden. Neben den Zeitungen stellt die Klägerin in den vorgenannten Orten auch Briefpost zu, die sie zuhause zunächst sortieren muss. Die Klägerin ist an 24-26 Zustelltagen monatlich tätig. Von A-Stadt bis H. fährt sie 8 km, von H. über R. nach S. 9 km und von S. zurück zum Wohnort 17 km, insgesamt 34 km. Zusätzlich fährt die Klägerin in den Bezirken 13 km, um ca. 115 Haushalte zu bedienen. Diese Fahrtroute ist festgelegt und ändert sich nicht. Die Klägerin fährt sie für spätere Zustellungen im Tagesverlauf an einigen Tagen zweimal. Für die Fahrten nutzt die Klägerin ihren eigenen PKW und erhält von ihrem Arbeitgeber einen Fahrtkostenersatz für jeden gefahrenen Kilometer in Höhe von 0,18 €. Dieser wird zusammen mit dem Lohn, der nach Stückzahlen berechnet wird, ausgezahlt und wird in der Entgeltabrechnung als „Fahrtkosten“ und „Wegegeld“ aufgeführt. Dabei werden unter der Bezeichnung „Fahrtkosten“ die Kosten für die Fahrten vom Wohnort zu den Bezirken und zwischen den Bezirken erstattet und unter der Bezeichnung „Wegegeld“ die Fahrten innerhalb der Bezirke.
Während der Bruttolohn der Klägerin zwischen 130,00 und 170,00 € monatlich im Zeitraum Juni bis Oktober 2013 schwankte, lag die von dem Arbeitgeber gezahlte Erstattung für Fahrtkosten der Klägerin zwischen ca. 257,00 und 294,00 € monatlich.
Mit Bescheid vom 24.06.2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.10.2013, wobei er die von dem Arbeitgeber gezahlten Fahrtkosten und das Wegegeld als Einkommen berücksichtigte und zunächst ein pauschaliertes Bruttoeinkommen in Höhe von 390,58 € seinen Berechnungen zugrunde legte. Hiergegen erhob die Klägerin am 28.Juni 2013 Widerspruch.
Mit Änderungsbescheid vom 24.09.2013 berechnete der Beklagte die Leistungen unter Berücksichtigung der Einkünfte aus den Monaten Mai bis August 2013 neu, berücksichtigte jedoch weiterhin die Fahrtkostenerstattung des Arbeitgebers als Einkommen und legte, soweit das Einkommen der Klägerin unter Einbeziehung des Fahrtkostenersatzes den Betrag von 400,00 € nicht überstieg, lediglich den Grundfreibetrag in Höhe von 100,00 € zuzüglich des Erwerbstätigenfreibetrages bei der Bereinigung des Einkommens zugrunde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2013 wies der Beklagte den Widerspruch nach Erteilung des Änderungsbescheides als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 06.11.2013 vor dem Sozialgericht Schwerin erhobene Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, die im Rahmen der Entgeltabrechnung durch den Arbeitgeber gezahlten Fahrtkosten seien als zweckbestimmte Einnahmen iS von § 11a Abs. 3 SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24.06.2013 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 24.09.2013 i.G. des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2013 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 06.11.2013 i.G. des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2013 dahingehend abzuändern, dass der Klägerin im Zeitraum vom 01.06.2013 bis 31.10.2013 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II ohne Berücksichtigung der vom Arbeitgeber erstatteten Fahrtkosten und des Wegegeldes bewilligt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass das von ihm als Einkommen angerechnete Wegegeld und die Fahrtkosten keine Leistungen im Sinne des § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II seien und sie daher als Einkommen zu berücksichtigen seien, da mit de...