Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine Klagebefugnis des Stammversicherten auf Feststellung der Familienversicherung seines Angehörigen. Zulässigkeit von Drittwiderspruch bzw Drittanfechtung. Anforderung für Vorliegen eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung bei der Feststellung hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens der Familienversicherung. keine Berechtigung des Stammversicherten zur Geltendmachung von Leistungsansprüchen des Angehörigen in eigenem Namen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Klage eines Stammversicherten auf Feststellung der Familienversicherung seines Kindes nach § 10 SGB V ist unzulässig (entgegen BSG vom 29.6.1993 - 12 RK 48/91 = BSGE 72, 292 = SozR 3-2500 § 10 Nr 2 RdNr 15). Dem Stammversicherten fehlt es an einem berechtigten Interesse an der Feststellung, da sein Versicherungsverhältnis von der Frage, ob für den Angehörigen eine Familienversicherung durchzuführen war, nicht berührt wird (entgegen BSG vom 23.10.1996 - 4 RK 1/96 = BSGE 79, 184 = SozR 3-2500 § 10 Nr 8 RdNr 17).

2. Ein Drittwiderspruch bzw eine Drittanfechtung sind nur zulässig, wenn der Dritte geltend machen kann, durch den angefochtenen Verwaltungsakt beschwert zu sein, wenn also der Verwaltungsakt in die rechtlichen Interessen des Dritten eingreift (vgl BSG vom 6.2.1992 - 12 RK 15/90 = BSGE 70, 99 = SozR 3-1500 § 54 Nr 15 RdNr 13).

3. Ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung liegt bei der Feststellung hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens der Familienversicherung nur vor, wenn (fehlerhaft) gegenüber dem Stammversicherten eine entsprechende Entscheidung ergeht, denn tatsächlich ist (nur) der Angehörige von dieser Entscheidung in eigenen Rechten betroffen. In dieser Konstellation ist daher auch ein sog. Drittwiderspruch des Angehörigen zulässig. Eine entsprechende Entscheidung gegenüber dem Angehörigen hat hingegen für den Stammversicherten keine Auswirkungen für dessen Rechtsposition, weshalb diesem weder ein Widerspruchs- noch ein Klagerecht zusteht.

4. Das Bestehen oder Nichtbestehen einer Familienversicherung eines Familienangehörigen begründet für den Stammversicherten weder Rechte noch (von der hier nicht im Streit stehenden Meldepflicht gemäß § 10 Abs 6 SGB V abgesehen) Pflichten. Es handelt sich bei der Familienversicherung nach dem seit 1989 geltenden Recht (anders noch unter Geltung des § 205 der Reichsversicherungsordnung) um eine eigene Versicherung des Angehörigen. Der Stammversicherte ist nicht berechtigt, Leistungsansprüche des Angehörigen in eigenem Namen geltend zu machen (vgl BSG vom 16.6.1999 - B 1 KR 6/99 R = SozR 3-2500 § 10 Nr 16 = juris RdNr 11).

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 29.04.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.02.2017 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Fortsetzung einer Familienversicherung für seinen Sohn … über den 14.03.2015 hinaus.

Der 1955 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sein am 15.03.1990 geborener Sohn war bislang bei der Beklagten über die Versicherung des Klägers familienversichert. Ab dem 15.03.2015 (Vollendung des 25. Lebensjahres) war der Sohn als Student versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten.

Mit Schreiben vom 04.11.2015 beantragte der Kläger die Fortführung der Familienversicherung für seinen Sohn ohne Altersgrenze. Er begründete dies damit, dass sein Sohn wegen einer mindestens seit 2011 bestehenden Erkrankung nicht in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

In einem sozialmedizinischen Gutachten nach Aktenlage vom 19.04.2016 kam der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) zu dem Ergebnis, aus den vom Kläger vorgelegten medizinischen Unterlagen betreffend seinen volljährigen Sohn sei nicht zu entnehmen, weshalb jener eine körperlich leichte Tätigkeit nicht mindestens drei Stunden täglich ausüben könne.

Mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 29.04.2016 lehnte die Beklagte den Antrag auf Fortsetzung der Familienversicherung des Sohnes ab. Sie begründete dies damit, dass bei dem Sohn des Klägers keine dauerhafte körperliche, geistige oder seelische Behinderung vorläge, aufgrund derer dieser nicht für seinen Lebensunterhalt sorgen könne.

Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers befasste die Beklagte den MDK erneut mit der Begutachtung des Falles. In einem weiteren sozialmedizinischen Gutachten nach Aktenlage vom 04.07.2016 gab der MDK an, aktuelle psychiatrische Befunde über den Zustand des Sohnes fehlten. Aus der zuletzt bescheinigten Studierunfähigkeit des Sohnes sei nicht auf ein entfallenes Leistungsvermögen zu schließen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2017 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 14.03.2017 die vorliegende Klage erhoben. Er macht weiterhin geltend, dass die Voraussetzungen für eine Familienversicherung ohne Altersgrenze im Fall des Sohnes erfüllt seien. Nach einem Hinweis des Gericht...

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