Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Prüfung der Abrechnung von Krankenhausbehandlungen. Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB 5. keine Übermittlungs- und Offenbarungsbefugnis für die Herausgabe der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses an MDK. Verzinsung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Prüfungen der Abrechnung von Krankenhausbehandlungen handelt es sich um einen gesetzlich bestimmten Fall im Sinne des § 275 Abs 1 SGB V, da § 17c Abs 1 Satz 2 KHG die Einschaltung des Medizinischen Dienstes nach § 275 Abs 1 SGB V durch die Krankenkassen vorsieht. Aus dem Verweis auf die in Satz 1 genannten Verpflichtungen ergibt sich, dass sich die gesetzlich vorgesehene Prüfung nicht nur auf die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der erfolgten Behandlung, sondern auch insgesamt auf die richtige Anwendung des nach § 17b KHG vorgesehenen Vergütungssystems auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) bezieht.

2. Die Regelung des § 275 Abs 1c Satz 3 SGB V erfasst alle Abrechnungsprüfungen, in deren Rahmen die Krankenkasse eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst einleitet und dies dem Krankenhaus angezeigt wird (vgl § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V). Gegenstand einer solchen Abrechnungsprüfung können sowohl Fragen der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der erfolgten Behandlung als auch der zutreffenden Kodierung sein (entgegen BSG vom 1.7.2014 - B 1 KR 29/13 R = BSGE 116, 165 = SozR 4-2500 § 301 Nr 4 RdNr 23; BSG vom 14.10.2014 - B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R = SozR 4-2500 § 301 Nr 3 RdNr 16 sowie B 1 KR 34/13 R = SozR 4-2500 § 301 Nr 5 RdNr 20 ff, BSG vom 10.3.2015 - B 1 KR 4/15 R RdNr 16 und zuletzt BSG vom 23.06.2015 - B 1 KR 13/14 R = SozR 4-5560 § 17b Nr 6 RdNr 23 ff und - B 1 KR 20/14 R = SozR 4-2500 § 108 Nr 4 RdNr 24 ff).

3. Auch die Prüfung einer Krankenhausrechnung auf deren sachlich-rechnerische Richtigkeit wird daher von der Regelung des § 275 Abs 1 und Abs 1c SGB V erfasst (vgl auch SG Mainz vom 4.5.2015 - S 3 KR 428/14 = NZS 2015, 583; SG Dortmund vom 22.6.2015 - S 40 KR 867/13; SG Darmstadt vom 7.12.2015 - S 8 KR 434/14; SG Osnabrück vom 10.12.2015 - S 34 KR 238/15; SG Osnabrück vom 27.1.2016 - S 34 KR 98/15; SG Detmold vom 4.2.2016 - S 24 KR 380/15; SG Rostock vom 2.03.2016 - S 15 KR 406/13).

4. Für die Installation eines die Regelungen des § 275 SGB V außer Acht lassenden "Prüfregimes", in dessen Rahmen gleichwohl die Vorlage von Behandlungsunterlagen an den MDK erfolgen soll, fehlt jegliche schon aus Gründen des Patientendatenschutzes erforderliche gesetzliche Grundlage (vgl SG Mainz vom 4.5.2015 - S 3 KR 428/14; SG Dortmund vom 22.6.2015 - S 40 KR 867/13; SG Speyer vom 28.7.2015 - S 19 KR 588/14).

5. § 301 SGB V beinhaltet im datenschutzrechtlichen Sinne keine Übermittlungs- und Offenbarungsbefugnis für die Herausgabe der Behandlungsunterlagen des Krankenhauses an den MDK (vgl SG Speyer vom 28.7.2015 - S 19 KR 588/14 = NZS 2015, 790, RdNr 44).

 

Orientierungssatz

Zur Verzinsung der Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs 1c S 3 SGB 5.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.05.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Berufung wird zugelassen.

4. Der Streitwert wird auf 300 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Aufwandspauschale.

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) zugelassenen Krankenhauses. Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patient M… L… (im Folgenden Versicherter) befand sich vom 19.01.2015 bis zum 26.01.2015 im Krankenhaus der Klägerin in stationärer Behandlung.

Die Klägerin stellte der Beklagten die Behandlungskosten am 04.03.2015 in Höhe von 3.871,39 Euro auf Grundlage der DRG F49E (Invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt, ohne äußerst schwere CC, Alter ≫ 14 Jahre, ohne kardiales Mapping, ohne schere CC, mit komplexer Diagnose) in Rechnung.

Die Beklagte glich die Rechnung aus und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz (MDK) mit der Überprüfung des Behandlungsfalles. Die Beklagte stellte im Prüfauftrag die Frage: “Ist die Hauptdiagnose (HD) korrekt? Wurde die HD mit I47.2 korrekt angegeben?„

Mit Schreiben vom 19.03.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der MDK sei mit einer sachlich-rechnerischen Prüfung beauftragt worden. Art der Prüfung sei eine “Teilprüfung der Abrechnung„, den Prüfanlass stelle die Hauptdiagnose dar.

Der MDK zeigte seinerseits die Prüfung “gemäß § 275 Abs. 1 und § 276 Abs. 2 bzw. der PrüfVV nach § 275 Abs. 1c SGB V gemäß § 17c Abs. 2 KHG„ am 20.03.2015 bei der Klägerin an und beantwortete die Prüffrage in seinem Gutachten vom 10.04.2015 zu Gunsten der Klägerin. Als Grundlage der Begutachtung wird im Gutachten angegeben: “Einzelfallbegutachtung nach § 275 SGB V mit Begehung„.

Die Klägerin stellte der Beklagten daraufhin unter dem 14.04.2015 ...

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