Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. aufstockende Leistungen neben Erwerbseinkommen. Krankengeldbezug. Lohnersatzfunktion. Berücksichtigung von Erwerbstätigenfreibeträgen
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Leistungsberechnung nach dem SGB 2 sind von einem Krankengeldeinkommen auch die Erwerbstätigenfreibeträge gemäß §§ 11 Abs 2 S 2, 11 Abs 2 S 1 Nr 6, 30 SGB 2 abzuziehen, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige als sogenannter Aufstocker einer Erwerbstätigkeit nachgeht und diese durch die Arbeitsunfähigkeit, während der das Krankengeld von der zuständigen Krankenkasse gezahlt wird, nur unterbrochen wird.
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 3. September 2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 27. April 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 2. Juni 2009 sowie des Bescheids vom 6. November 2008 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 19. März 2009 und 31. März 2009 und 27. April 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 2. Juni 2009 verpflichtet, der Klägerin im Leistungszeitraum August 2008 bis April 2009 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Anwendung der gesetzlichen erwerbsfähigen Freibeträge des SGB II auf das Krankengeldeinkommen der Klägerin zu gewähren.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verfolgt mit der Klage das Ziel einer Berücksichtigung der im SGB II vorgesehenen Erwerbstätigenfreibeträge in Bezug auf ein Krankengeldeinkommen.
Die Klägerin übt eine Erwerbstätigkeit als Pflegehelferin in Teilzeit aus und erzielt damit ein Einkommen von rund 600,00 EUR im Monat. Daneben bezieht sie aufstockend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Beklagten.
Aufgrund einer Operation, der sich die Klägerin am 24. Juli 2008 unterziehen musste, war sie bis einschließlich zum 29. August 2008 krankgeschrieben. Sie nahm anschließend ihre Erwerbstätigkeit wieder auf, musste jedoch aufgrund eintretender Komplikationen erneut operiert werden. Aus diesem Grunde war sie vom 23. September 2008 bis zum 2. November 2008 sowie vom 17. November 2008 bis zum 29. Dezember 2008 erneut arbeitsunfähig. Nach kurzer Erwerbstätigkeit traten noch einmal Komplikationen auf, die am 28. Januar 2009 eine erneute Operation erforderlich machten. Die Klägerin war daraufhin bis zum 23. April 2009 erneut arbeitsunfähig und krankgeschrieben.
Während der Arbeitsunfähigkeitszeiten bezog die Klägerin nach Ablauf der Lohnfortzahlung ab dem 27. August 2008 Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Mit Schreiben vom 10. September 2008 teilte die Krankenkasse der Klägerin mit, dass ihr aufgrund der Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum 27. August 2008 bis 29. August 2008 Krankengeld in Höhe von 45,90 EUR netto gezahlt wurden. Mit Schreiben vom 4. November 2008 teilte die Krankenkasse mit, dass für die Arbeitsunfähigkeitszeit ab dem 22. September 2008 für den Zeitraum 23. September 2008 bis zum 2. November 2008 Krankengeld in Höhe von 612,00 EUR netto ausgezahlt wurde. Mit weiteren Schreiben vom 16. März 2009 bescheinigte die Krankenkasse der Klägerin, dass ihr ab dem 28. Januar 2009 laufend Krankengeld in Höhe von 17,50 EUR brutto täglich und 15,34 EUR netto täglich ausgezahlt werde.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin für den vom Krankengeldbezug betroffenen Zeitraum ursprünglich mit Bescheid vom 16. Juni 2008 für den Zeitraum Juli 2008 bis Dezember 2008 und mit Bescheid 6. November 2008 für den Zeitraum Januar 2009 bis Juni 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Aufgrund von Veränderungen im Einkommen hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 16. Juni 2008 mit Bescheid vom 3. September 2008 auf und setzte die Leistungen für die Monate Juli 2008 bis Dezember 2008 neu fest. Mit Bescheid vom 27. April 2009 wurde der Bescheid vom 3. September 2008 wiederum teilweise aufgehoben und für den Zeitraum August 2008 bis Dezember 2008 geändert, da der Beklagte nun das tatsächlich bezogene Krankengeld in die Leistungsberechnung einbezog.
Der Bescheid vom 6. November 2008 über den Bewilligungszeitraum Januar 2009 bis Juni 2009 wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 19. März 2009 zum 1. März 2009 wegen des Krankengeldbezugs aufgehoben und insoweit ersetzt. Der Bescheid vom 19. März 2009 wurde wiederum durch einen Bescheid vom 31. März 2009 für die Zeit ab 1. April 2009 aufgehoben und ersetzt, da sich Veränderungen in die Kosten der Unterkunft ergeben hatten. Mit Bescheid vom 27. April 2009 hob der Beklagte auch den Bescheid vom 31. März 2009 teilweise auf und änderte die Bewilligungslage für die Monate Januar bis März 2009. Hinter den Änderungen stand im Wesentlichen die Anrechnung des Krankengeldes, das der Beklagte um die Versicherungspauschale bereinigte. Die erwerbstätigen Freibeträge, die üblicherweise auf das Erwerbseinkommen der Klägerin angewendet wurden, fanden bei der neuen Leistungsberechnung keine Berücksichtigung.
Die gegen die einzelnen Bescheide eingelegte...