Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Anordnung einer Sicherheitsleistung wegen Vorhandenseins von Vermögen und sofortiger Vollzug nach § 7a AsylbLG. kein eigenes Vermögen. von einem Dritten zur Anschaffung eines Kinderwagens ausgehändigter Betrag. Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes
Orientierungssatz
1. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung wegen Vorhandenseins von Vermögen und ihr sofortiger Vollzug nach § 7a AsylbLG sind rechtswidrig, wenn es sich bei dem eingezogenen Geld nicht um Vermögen des Leistungsberechtigten handelt, sondern um Geld, welches ihm von seiner schwangeren Lebensgefährtin zur Anschaffung eines Kinderwagens ausgehändigt wurde.
2. Der Leistungsberechtigte hat in diesem Fall einen Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes nach § 861 Abs 1 BGB.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 9. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 2012 wird aufgehoben und der Beklagte zur Auszahlung des sichergestellten Betrages in Höhe von 620,00 EUR an den Kläger verurteilt. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wehr sich gegen die Anordnung einer Sicherheitsleistung gemäß §§ 7, 7a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und Einziehung eines Geldbetrags iHv 620,00 EUR, der bei einer Personenkontrolle bei ihm festgestellt wurde. Der Kläger, geboren im Juni 1983, stammt aus dem Sudan und war nach seiner Einreise in die Bundesrepublik im Juli 2010 bis 31. Oktober 2010 in der ZAAB G. untergebracht. Zum 01. November 2010 wurde er der Samtgemeinde H. im Zuständigkeitsbereich des beklagten Landkreises zugewiesen. Seitdem bezieht er Leistungen nach dem AsylbLG vom Beklagten. Die Zeugin I. stammt aus J., geboren im November 1975, lebt seit 2002 in der Bundesrepublik und bezog im Jahr 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom zuständigen Jobcenter K ... Die Zeugin war 2012 schwanger, errechneter Geburtstermin war der 01. September 2012. Am 09. März 2012, einem Freitag, führten Beamte der L. Polizei um 3.50 Uhr morgens auf dem S-Bahnhof Hamburg-M. beim Kläger eine Personenkontrolle durch. Laut Polizeibericht wurde beim Kläger dabei ein Geldbetrag in Höhe von 659,00 EUR festgestellt und auf Grund-lage der §§ 111 ff StPO iVm §§ 73ff StGB beschlagnahmt. Mit Bescheid vom 09. März 2012 ordnete der Beklagte eine Sicherheitsleistung in Höhe von 645,00 EUR in bar gemäß § 7a AsylbLG an und ordnete die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs 2 Nr 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) an. Im Bescheid erklärte der Beklagte, die Barmittel seien Vermögen und als solches für den Lebensunterhalt aufzubrauchen. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 28. März 2012 Widerspruch ein und teilte dazu mit, es sei nicht sein Geld gewesen. Laut Aktenvermerk sprach der Kläger am 24. April 2012 in Begleitung der Zeugin beim Beklagten vor. Die Zeugin habe dabei mitgeteilt, es han-dele sich um ihr Geld, das sie dem Kläger zum Kauf eines Kinderwagens gegeben habe. In der späteren Widerspruchsbegründung konkretisierte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass ein Betrag iHv 620,00 EUR im Eigentum der Zeugin stehe und der Restbetrag von 25,00 EUR Geld des Klägers aus den laufenden Leistungen nach dem AsylbLG sei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2012 als unbegründet zurück und wies daraufhin, dass § 7 Abs 1 AsylbLG Einkommen und Vermögen vorrangig aufzubrauchen sei, bevor Leistungen nach dem AsylbLG gezahlt würden. Am 18. Juni 2012 hat der Kläger Klage erhoben, wobei sich die Klage iHv 25,00 EUR erledigt hat, die der Beklagte zwischenzeitlich noch an den Kläger ausgekehrt hat. Er trägt vor, bei dem eingezogenen Geld handele es sich in Höhe von 620,00 EUR um Geld der Zeugin und in Höhe von 25,00 EUR um eigenes Geld aus dem Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG. Die Zeugin sei seine Lebensgefährtin und habe ihm das Geld ausgehändigt, damit er einen Kinderwagen erwerbe. Er sei nach Hamburg gefahren, um einen Kinderwagen dort zu kaufen. Er war habe nicht gewusst, wo er dies tun solle und hätte einen Kinderwagen gekauft, sobald er einen gesehen hätte. In Hamburg habe er allerdings dann zunächst Freunde getroffen. Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 09. März 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. Mai 2012 zu verpflichten, den sichergestellten Geldbetrag in Höhe von 620,00 EUR an den Kläger freizugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt dabei, dass es sich beim Vorbringen des Klägers nur um eine Schutzbehauptung handele. Der dargestellte Sachverhalt sei unplausibel und unschlüssig. Es sei davon auszugehen, dass es sich um Geld des Klägers gehandelt habe. Da dem Kläger in den folgenden Monaten weiterhin Leistungen nach AsylblG erbracht wurden, die den sichergestellten Betrag weit überschreiten, sei das Geld praktisch an den Kläger zurückgeflossen. Davon abgesehen sei der Kläger gar nic...