Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. fehlender Anordnungsanspruch. keine Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sanktion wegen wiederholter Pflichtverletzungen. bestandskräftige Feststellungsbescheide. Minderung des Auszahlungsanspruchs kraft Gesetzes. keine Notwendigkeit der Aufhebung gem § 48 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
1. Aufgrund des Feststellungsbescheides nach § 31b Abs 1 SGB 2 mindert sich lediglich der "Auszahlungsanspruch" kraft Gesetzes.
2. Der Leistungsanspruch bleibt durch die Minderung des Auszahlungsanspruchs unberührt.
Orientierungssatz
1. Nach der Regelung des § 31b Abs 1 S 1 SGB 2 nF bedarf es neben dem Sanktions- bzw Feststellungsbescheid keiner gesonderten Aufhebung des Bewilligungsbescheides nach § 48 SGB 10 mehr, so dass bei bestandskräftig gewordenen Sanktionsbescheiden kein Anordnungsanspruch für den einstweiligen Rechtsschutz gem § 86b Abs 2 S 2 SGG besteht.
2. Zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen gem § 86b Abs 1 S 1 Nr 2 SGG für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen einen Feststellungsbescheid nach § 31b Abs 1 SGB 2, soweit die Minderung des Arbeitslosengeld II aufgrund wiederholter Pflichtverletzungen gem §§ 31 Abs 1 S 1 Nr 1, 32 SGB 2 rechtmäßig war.
Tenor
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
3. Der Antragsstellerin wird die nachgesuchte Prozesskostenhilfe gewährt. Zur Wahrnehmung ihrer Rechte wird ihr Frau Rechtsanwältin M B zu den Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwaltes beigeordnet.
Gründe
I.
Die Antragsstellerin wendet sich gegen zwei Minderungsbescheide vom 26.9.2011 aufgrund von Meldeversäumnissen am 28.6. und 25.7.2011 sowie die Minderungsbescheide vom 13.10 und 20.10.2011.
Am 4. Februar 2011 schloss die Antragstellerin mit dem Antragsgegner eine Eingliederungsvereinbarung ab. Als Ziele werden dort die Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt und die Teilnahme an einer Arbeitsgelegenheit beim Bürgerservice (BÜS) ab dem 8. Februar 2011 benannt. Unter Punkt zwei verpflichtete sich die Antragstellerin zu jeweils einer monatlichen Bewerbung um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Weiter heißt es dort "Sie legen hierüber im Anschluss an den oben genannten Zeitraum folgende Nachweise vor: Durchschrift des Bewerbungsschreiben sowie die eventuell vorhandene Rückantwort des Arbeitgebers." Des Weiteren wird ausgeführt: "Sie bewerben sich zeitnah, d.h. spätestens am dritten Tag nach Erhalt des Stellenangebotes auf Vermittlungsvorschläge, die sie von der Agentur für Arbeit/Träger der Grundsicherung erhalten haben. Als Nachweis über ihre unternommenen Bemühungen füllen Sie die dem Vermittlungsvorschlag beigefügte Antwortmöglichkeit aus und legen diese vor.„
Bereits durch den Bescheid vom 20. Juli 2011 war eine Minderung des Arbeitslosengeldes II in Höhe von 98,40 € monatlich in dem Zeitraum vom 1.8.2011 bis 31.10.2011 durch den Antragsgegner festgestellt worden. In diesem Bescheid wird ausgeführt, die Antragstellerin sei ihren Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung vom 4. Februar 2011 nicht nachgekommen. Sie habe am 4.5.2011 die Teilnahme an einer Arbeitsgelegenheit abgelehnt. Diesem Bescheid waren auch Hinweise zu den Rechtsfolgen von Pflichtverletzungen beigefügt. Der Bescheid ist bestandskräftig.
Am 30.5.2011 schloss die Antragstellerin mit dem Antragsgegner eine neue Eingliederungsvereinbarung ab. In dieser wird unter Punkt 2) wiederum die Verpflichtung festgehalten, jeden Monat eine Bewerbungsbemühung zu unternehmen und hierüber einen Nachweis vorzulegen. In der Rechtsfolgenbelehrung heißt es:
“Die §§ 31 bis 31b Zweites Buch Sozialgesetzbuch sehen bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten Leistungskürzungen vor. Das Arbeitslosengeld II kann danach - auch mehrfach nacheinander - gekürzt werden oder vollständig entfallen. Wenn sie erstmals gegen die Eingliederungsvereinbarung verstoßen wird das ihnen zustehende Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von 30 % der für sie maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II abgesenkt. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass bei einem wiederholten Verstoß gegen die Eingliederungsbemühungen, das ihnen zustehende Arbeitslosengeld II einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der für sie maßgebenden Regelleistung abgesenkt wird. Bei weiteren wiederholten Verstößen entfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld II vollständig. Absenkung und Wegfall dauern drei Monate (Sanktionszeitraum) und beginnen mit dem Kalendermonat nach Zugang des entsprechenden Bescheides. Während dieser Zeit besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe). Die Leistungskürzung tritt nicht ein, wenn Sie einen wichtigen Grund für den Pflichtverstoß nachweisen können. Irrtümer bei der Beurteilung des wichtigen Grundes gehen zu Ihren Lasten.„ Im Folgenden wir...