Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Kostenersatz für zu Unrecht erbrachte Leistungen. Hilfe zur Pflege. Vermögenseinsatz. Barvermögen. Überschreitung des Freibetrages. grob fahrlässige Herbeiführung der Leistungen. sozialwidriges Verhalten. Unterlassen. Verletzung von Mitwirkungspflichten. Verschweigen des Vermögens
Orientierungssatz
1. In entsprechender Anwendung des § 103 SGB 12 setzt der Ersatzanspruch nach § 104 S 1 SGB 12 tatbestandlich voraus, dass die zu Unrecht erbrachten Leistungen durch ein sozialwidriges Verhalten herbeigeführt worden sind.
2. Das sozialwidrige Verhalten kann auch in einem Unterlassen bestehen; ein sozialwidriges Verhalten ist dann anzunehmen, wenn eine entsprechende Handlungspflicht besteht, insbesondere bei Nichterfüllung einer Mitwirkungsobliegenheit gemäß den §§ 60 ff SGB 1.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 9.498,25 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zum Kostenersatz in Höhe von 9.498,25 € in ihrer Eigenschaft als Betreuerin für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2015.
Die Klägerin wurde mit Urkunde vom 04.05.2001 für den 1938 geborenen N.N. zur Betreuerin bestellt, der an einem hirnorganischen Psychosyndrom nach schwerem Schädelhirntrauma mit posttraumatischer Amnesie erkrankt ist. Seit 2006 steht er im Bezug von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) bei der Beklagten und ist im Pflegeheim N.N. in N.N. wohnhaft. Das der Klägerin zugewiesene Tätigkeitsfeld umfasst u.a. die Vermögenssorge, Besorgung der Wohnungsangelegenheiten und die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes.
Der Betreute bezieht eine Altersrente (monatlicher Nettozahlbetrag ab 01.07.2016: 890,60 €) und eine Werksrente von monatlich 83,90 €. Mit Bescheid vom 07.05.2013 und 19.09.2013 bewilligte die Beklagte dem Betreuten ab 01.08.2013 Leistungen der Hilfe zur Pflege in Höhe von 1.078,28 € monatlich. Mitenthalten war ein Barbetrag von 140,32 € monatlich. Der Bescheid vom 19.09.2013 enthielt den Hinweis, dass neben Einkommen auch Vermögen einzusetzen sei, soweit es den Freibetrag von 2.600,00 € für Alleinstehende überschreite. Des Weiteren wurde daraufhin gewiesen, dass Änderungen der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse unverzüglich mitzuteilen seien. Der Bescheid war an die Klägerin adressiert.
Die Klägerin setzte die Beklagte mit Schreiben vom 30.11.2015 über das derzeitige Vermögen des Betreuten von 4.119,32 € in Kenntnis; die Vermögensschonbetragsgrenze werde überschritten. Der Kläger verfügte über 1.133,63 € auf dem Sparbuch und 3.085,69 € auf dem Taschengeldkonto bei der Einrichtung N.N. Beigefügt war ein Kontoauszug der Einrichtung N.N.
Mit Bescheid vom 27.01.2016 hob die Beklagte nach vorheriger Anhörung des Betreuten den Bescheid vom 07.05.2013 für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2015 gegenüber dem Betreuten gemäß § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf und forderte gem. § 50 SGB X einen Betrag in Höhe von 9.498,25 € zurück, da der Betreute die Vermögensfreigrenze überschritten habe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2016 zurück. Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht N.N. (Az. S 20 SO 2408/16) nahm der Betreute in der mündlichen Verhandlung am 29.09.2016 die Klage zurück.
Mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 06.04.2016 forderte die Beklagte die Klägerin auf, den Betrag von 9.498,25 € im Rahmen des Kostenersatzes nach § 104 SGB XII zu erstatten. Die für den Betreuten geltende Vermögensfreigrenze werde seit Januar 2015 überschritten; die Sozialhilfebewilligung war teilweise rechtswidrig. Der fehlerhafte begünstigende Verwaltungsakt sei gegenüber dem Betreuten mit Bescheid vom 27.01.2016 aufgehoben worden. Die Klägerin habe durch die fehlende Mitteilung der Überschreitung der Vermögensfreigrenzen zumindest grob fahrlässig gegen die Mitteilungspflichten nach § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verstoßen.
Die Klägerin legte am 18.04.2016 Widerspruch ein. Sie habe nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2016 wies die Beklage den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe sozialwidrig gehandelt, da sie grob fahrlässig die Beklagte über die Dauer eines ganzen Jahres nicht über das übersteigende Vermögen des Betreuten unterrichtet habe. Mangelnde Mitwirkung nach § 60 SGB I stelle sozialwidriges Verhalten dar. Die Klägerin sei zuletzt im Bescheid vom 19.09.2013 über den Vermögensfreibetrag von 2.600,00 € und ihren Mitteilungspflichten informiert worden. Die Beklagte stellte zudem den Bescheid vom 18.04.2016 unter die aufschiebende Bedingung der Wirksamkeit des Rücknahmebescheides.
Die Klägerin hat hiergegen am 09.06.2016 Klage zum Sozialgericht Ulm eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor, die Beklagte habe keinen direkten Anspruch gegen sie. Sie habe am 22.06.2013 die Vermögensverhältnisses des Betreuten gegenüber ...