Nachgehend

BSG (Beschluss vom 15.12.2020; Aktenzeichen B 12 KR 58/20 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung aus der Auszahlung einer Kapitallebensversicherung im Streit.

Die im Jahr 1957 geborene Klägerin erhielt am 26.7.2017 eine Kapitalauszahlung i.H.v. 27.606,60 € vom Versicherer C. Mit Bescheid vom 28.7.2017 erhob die Beklagte - zugleich für die Beklagte zu 2. - Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Für die der Beitragsberechnung zugrunde liegende Bemessungsgrundlage erhob sie 1/120igstel der Leistung als monatlichen Zahlbetrag. Die Gesamtsumme von 27.606,60 € wurde durch 120 Monate geteilt, so dass die Kapitalzahlung in Höhe eines Monatsbetrages von 230,06 € verbeitragt wurde. Dies ergab einen monatlichen Beitrag i.H.v. 36,58 € zur Kranken- und 5,87 € zur Pflegeversicherung.

Die Klägerin widersprach dem am 10.8.2017 und führte aus, dass es sich um eine betriebsbezogene Kapitallebensversicherung lediglich im Zeitraum August 1975 bis August 1979 gehandelt habe. Lediglich in diesem Zeitraum sei sie im Unternehmen ihres Vaters, einem Steuerberaterbüro, beschäftigt gewesen. Danach sei der Vertrag privat fortgeführt worden. Ihr Vater habe den Vertrag im Zuge des Arbeitsverhältnisses nur für 4 Jahre (1974-1979) geführt. Danach seien die Beiträge im Rahmen einer familiären Zuwendung weitergezahlt worden. Der Vater habe die Versicherung privat finanziert.

Der Versicherer C. teilte mit, dass der Vertrag auch noch im Jahre 2016 und 2017 über den Arbeitgeber gelaufen sei. Darüber hinaus bestätigte der Versicherer, dass die Kapitalzahlung aus einer Direktversicherung resultiere. Der Vertrag sei nicht von der Klägerin als Versicherungsnehmerin übernommen und privat fortgeführt worden. Die Versicherung sei zu 100 % betriebsfinanziert gewesen.

Mit Bescheid vom 29.11.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beitragspflicht nach § 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4 SGB V das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, die der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) und das Arbeitseinkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung unterlägen. Bei nach § 20 Abs. 1 SGB XI in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtigen Rentnern seien für die Berechnung der Beiträge die beitragspflichtigen Einnahmen wie in der Krankenversicherung maßgebend (§ 57 Abs. 1 SGB XI). Die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen der betrieblichen Altersversorgung zur Krankenversicherung ergebe sich aus § 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V; zur Pflegeversicherung aus § 57 Abs. 1 S. 1 SGB XI, der auf die vorgenannten Vorschriften des SGB V verweise.

Trete an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, wie vorliegend eine einmalige Kapitalleistung, so gelte 1/120igstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens für 120 Monate (§ 229 Abs. 1 S. 3 SGB V). Dabei beginne die Frist von 10 Jahren mit dem Ersten des auf die Auszahlung der Kapitalleistung folgenden Kalendermonats. Bei dem mit der C. AG abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag handele es sich um einen einmalig gezahlten Versorgungsbezug aus der betrieblichen Altersversorgung. Dieser Vertrag sei vom Arbeitgeber (D./ E-D.) mit der C. AG zu Gunsten der Klägerin und damit als Direktversicherung abgeschlossen worden. Diese Auszahlung der Kapitalleistung habe die C. AG im Rahmen des § 202 SGB V gemeldet. Nach Mitteilung des Versicherers sei der Versicherungsvertrag nie auf die Klägerin übertragen worden. Vielmehr sei Versicherungsnehmer während der gesamten Laufzeit der Arbeitgeber D./ E-D. gewesen. Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden habe, sei die Heranziehung von Versorgungsbezügen (auch) in der Form nicht wiederkehrender Leistungen wie die einmalige Kapitalzahlung aus der betrieblichen Altersversorgung zur Beitragspflicht mit dem Grundgesetz vereinbar (Verweis auf Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7.4.2008 Az. 1 BvR 1924/07; Beschluss vom 6.9.2010 Az. 1 BvR 739/08; Beschluss vom 28.9.2010 Az. 1 BvR 1660/08). Dies entspreche auch der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuletzt Urteil des BSG vom 30.3.2011 - B 12 KR 16/10 R). Weder Bundesverfassungsgericht noch BSG hätten beanstandet, dass die Einbeziehung in die Beitragspflicht auch für in der Vergangenheit abgeschlossene Verträge gelte.

Hiergegen richtet sich die am 22.12.2017 bei dem Sozialgericht Wiesbaden eingegangene Klage. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass bestritten werde, dass die Kapitalleistung im gegebenen konkreten Fall ein Versorgungsbezug im Sinne der §§ 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V sei. Die Auslegung dieser Bestimmung verletze Art. 3 Abs. 1 GG. Es han...

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