Rz. 4
Abs. 1 Satz 1 eröffnet zwei Regelungsbereiche. Der GKV-Spitzenverband, die DKG und die KBV als Vertragsparteien nach § 115b werden gemäß Satz 1 Nr. 1 verpflichtet, zum einen eine spezielle sektorengleiche Vergütung sowie zum anderen nach Satz 1 Nr. 2 auch die Leistungen des AOP-Katalogs zu vereinbaren, für die die Vergütung unabhängig davon, ob die Leistung ambulant oder stationär durchgeführt wird, erfolgen soll. Diese Vereinbarung war bis zum 31.3.2023 zu schließen, was angesichts der kurzen Zeitspanne sowie der Komplexität der Aufgabe, entsprechende ambulant durchführbar Operationen, sonstige stationsersetzende Eingriffe oder stationsersetzende Eingiffe auszuwählen, nicht gelingen konnte und auch nicht gelang.
Rz. 5
Die nach Satz 1 Nr. 1 zu vereinbarende Vergütung ist für jede vereinbarte Leistung individuell als Fallpauschale zu kalkulieren (Abs. 1 Satz 2). Die zukünftig nach § 115f zu vergütenden Leistungen sollen aus dem AOP-Katalog nach § 115b ausgewählt werden. Das setzt ein Herauslösen der zu ambulantisierenden Fälle und Leistungen aus dem AOP-Katalog sowie dem vorhandenen DRG-System in der dreiseitigen Vereinbarung voraus, auf die die speziellesektorengleiche Vergütung unabhängig davon angewendet wird, ob die Leistung ambulant oder stationär erbracht wird. Die vereinbarten Leistungen beinhalten idealiter eine Kombination von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen mit dem Ziel, die Erkrankung in einem Behandlungsfall abschließend zu behandeln. Dabei wird eine Reduzierung der Leistungen auf einzelne OPS-Ziffern der Behandlungsrealität wohl nicht gerecht. Vielmehr ist eine klinische sinnvolle Untersuchungs- und Behandlungsabfolge für ein entsprechendes Erkrankungsbild zu definieren, die mehrere OPS-Codes und weitere Leistungen wie Labor, Pathologie und Radiologie enthalten kann (so zutreffend Albert u. a., Das Krankenhaus 4/2023 S. 322). Für den in der amtlichen Begründung enthaltenen Hinweis, dass eine vollstationäre Behandlung mit Übernachtung auch für eine sektorengleiche Leistung unter bestimmten Voraussetzungen, z. B. aufgrund sozialer Indikation, weiterhin erforderlich und auch möglich sei, wäre eine deutlichere normative Anbindung wünschenswert gewesen. Eine leistungsrechtliche Regelung in § 39 fehlt leider ebenfalls (kritisch hierzu auch Gerlach, in: BeckOK KHR, SGB V, § 115f Rz. 4).
Rz. 6
Für jede Leistung sind grundsätzlich nach Satz 3 entsprechende Vergütungsstufen zu kalkulieren, die den aufgrund des patientenbezogenen Gesamtschweregrads unterschiedlichen Behandlungsaufwand für dieselbe sektorengleiche Leistung abbilden. Damit sollen komplexe und betreuungsintensive Fälle, die z. B. nach einer Operation einen mehrstündigen Verbleib der Patientin oder des Patienten in einem nach Beobachtungsbett des Krankenhauses oder des ambulanten Operationszentrums erfordern, angemessen von weniger komplexen Fällen abgegrenzt werden (vgl. zwei Beispiele bei Albert u. a., Das Krankenhaus 4/2023 S. 322). Im Zusammenhang mit der Kalkulation ist auch der Leistungsinhalt der Fallpauschale festzulegen.
Rz. 7
Nach Satz 4 sind bei der erstmaligen Kalkulation die für die jeweilige Leistung im stationären und ambulanten Bereich für das zum Zeitpunkt der Kalkulation letzte Abrechnungsjahr gezahlten Vergütungsvolumina sowie die Anzahl der erbrachten Fälle zu berücksichtigen. Berücksichtigt werden können nach Satz 5 auch die jeweiligen Anteile der ambulanten und stationären Fälle an der Gesamtzahl der Fälle und die Kosten der ausschließlich stationären Behandlung. Dabei können der Grad der Ambulantisierung sowie der bei ambulanter Durchführung wegfallende ausschließlich stationäre Ressourcenverbrauch in die Kalkulation eingehen (BT-Drs. 20/4708 S. 100).
Rz. 8
Für den stationären Bereich werden bereits heute durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) empirische Kostendaten erhoben. Vergleichbare Daten fehlen bislang für den ambulanten Bereich sowohl bei Krankenhausambulanzen als auch für die niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzte. Spätestens im Jahr 2026 ist nach Satz 6 die Kalkulation der Fallpauschalen für die spezielle sektorengleiche Vergütung auf der Grundlage empirisch bei den Leistungserbringern erhobener Kostendaten vorzunehmen. Ab 2023 ist mit dem Aufbau einer entsprechenden Datengrundlage zu beginnen (BT-Drs. 20/4708 S. 100)