Rz. 5
Abs. 1 Satz 1 beschreibt das Klientel eines medizinischen Versorgungszentrums mit Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen. Die Behandlung durch medizinische Behandlungszentren ist nach Abs. 2 Satz 1 auf diejenigen Erwachsenen auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Komplexität ihrer Behinderung auf die ambulante Behandlung in diesen Einrichtungen angewiesen sind. Hierzu zählen
a) Menschen, die in den Bereichen Motorik, Sensorik, Kognition und des adaptiven Verhaltens (z. B. soziale und/oder emotionale Entwicklung/Kommunikation) eine Entwicklungsverzögerung oder -störung aufweisen, die sehr früh im Leben verursacht wurde. Personen, die zu einem späteren Zeitpunkt eine Gehirnschädigung erleiden und in der Art und im Ausmaß ähnliche Einschränkungen zeigen, können ebenfalls zur Zielgruppe von medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit Behinderung (MZEB) zählen, sofern regional keine ausreichende medizinische Versorgung besteht.
b) Personen mit schwerer Intelligenzminderung (IQ unter 35), die doppelt so häufig wie Menschen ohne Intelligenzminderung zusätzliche körperliche Beeinträchtigungen aufweisen (z. B. Cerebralparesen, Seh- und Hörstörungen, Schluckstörungen, orthopädische Erkrankungen, Fehlbildungen). Zwischen 35 und 40 % dieser Menschen haben psychische Erkrankungen einschließlich Autismusspektrumstörungen, Verhaltensstörungen (einschließlich sexuelle Verhaltensstörungen und sozioemotionale Entwicklungsstörungen). Bestimmte Symptome sind dabei nicht immer typischen Krankheiten zuzuordnen.
c) Menschen mit schwerer und schwerster Intelligenzminderung, die oft ein erhöhtes Risiko für Multimorbidität haben. In einer niederländischen Studie z. B. fanden sich unter 1.047 Patienten mit einer Intelligenzminderung, die mindestens 50 Jahre alt waren, 80 % mit mehr als 2 Erkrankungen und 47 % mit 4 oder mehr chronischen Krankheiten. Wenn die Betroffenen nicht verbal kommunizieren und ihre Beschwerden nicht verbal mitteilen können, sind sie in der auf sprachliche Kommunikation ausgerichteten Gesellschaft benachteiligt. Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zu und die gute Kenntnis vom Verhalten der Menschen mit schweren Beeinträchtigungen ist besonders wichtig, weil diskrete Veränderungen bereits Hinweise auf eine zur Abklärung bedürftige Symptomatik darstellen können. Aggressive Verhaltensweisen können Ausdruck sowohl von körperlichen als auch psychiatrischen Erkrankungen sein.