Rz. 14
Der Vertrag über die integrierte Versorgung regelt nach Abs. 1 Satz 3 das Versorgungsangebot und die Voraussetzungen, wie die Versicherten dieses Versorgungsangebot in Anspruch nehmen können. Das Versorgungsangebot bezieht sich auf die Art der integrierten Versorgung (regional oder indikationsbezogen), die Beschreibung der Behandlungspfade, die teilnehmenden Leistungserbringer bzw. das Versorgungsnetz, die besonderen Leistungen für die eingeschriebenen Patienten und auf die Qualitätsstandards, die für die jeweilige integrierte Versorgung vertraglich vereinbart werden. Ein Verzicht auf Einschreibeverfahren und Mindestbindung bei Verträgen zur besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung ist nicht möglich bzw. würde den Vertrag rechtunwirksam machen. Zur Regelung der Inanspruchnahme des Versorgungsangebots zählt, wie sich die Versicherten einschreiben können, wie lange sie an ihre Erklärung gebunden sind und unter welchen Voraussetzungen sie ihre Erklärung ggf. über die obligatorische Widerrufsfrist nach § 140a hinaus widerrufen können. Anhaltspunkte für die Einschreibung und deren Dauer können sich aus der analogen Anwendung des § 137f Abs. 3 ergeben, der die Einschreibung in strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten regelt. In der integrierten Versorgung können aber auch Indikationen vereinbart werden, bei denen der Behandlungsverlauf relativ kurz ist und es für den Patienten nur die beiden Versorgungssektoren Krankenhaus und Rehabilitationseinrichtung gibt. Dazu zählt zum Beispiel die endoprothetische Versorgung eines Hüft- oder Kniegelenks. Eine Einschreibung des Patienten für die relativ kurze Behandlungsdauer würde einerseits nur wenig Sinn ergeben; andererseits kann eine lange Gewährleistung für den endoprothetischen Eingriff (über zehn Jahre und mehr) eine separate Erfassung dieses Patienten notwendig machen, um die Gewährleistungszeit zu überwachen. Hier kann sich der Vertrag über integrierte Versorgung von dem sonst bei längerfristigen Krankheitsbildern mit vielen Schnittstellen vielleicht üblichen Einschreibungsverfahren abheben.
Rz. 15
Abs. 3 setzt dem Vertrag über die integrierte Versorgung dort eindeutige Grenzen, wo die Allgemeinen Grundsätze der Versorgung (§§ 69 bis 71) und die Leistungsansprüche der Versicherten gegenüber ihren Krankenkassen tangiert sind. Eine Ausnahme gilt nach Abs. 4 Satz 2 für den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71), der für Verträge, die bis 31.12.2008 geschlossen worden sind, keine Anwendung gefunden hatte. Dies hatte den allmählich erfolgten Aufbau der integrierten Versorgung erleichtert. Aber für die Integrationsverträge ab 1.1.2009 gilt der Grundsatz, dass die Vertragspartner die Vergütungsvereinbarungen der integrierten Versorgung so zu gestalten haben, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden. Die gesetzlichen Grenzen für die sektorale Versorgung haben auch für die integrierte Versorgung Bestand. Die Leistungsansprüche der Versicherten können mithin im Rahmen der integrierten Versorgung bezüglich der Leistungsart weder eingeschränkt noch ausgeweitet werden, was nicht ausschließt, dass mehr oder andersartige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung als in der Regelversorgung im Rahmen der integrierten Versorgung wirtschaftlich erbracht werden. Dazu bestimmt Abs. 3 Satz 4, dass nur solche Leistungen Gegenstand des Versorgungsauftrages der integrierten Versorgung sein können, über deren Eignung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss (§ 91) keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass Gegenstand eines Integrationsvertrages und der Vergütung i.S.d. § 140c solche Leistungen sein können, die im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung (noch) nicht beansprucht werden können. Das würde z.B. für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gelten, die im Rahmen der Regelversorgung erst erbracht werden können, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss eine positive Empfehlung abgegeben hat (vgl. § 135 Abs. 1). Die Praktizierung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der integrierten Versorgung hat aber dort eine Grenze, wenn dadurch der vom Gesetzgeber geforderte Wettbewerb um Versorgungsmodelle unmöglich gemacht würde, weil die integrierte Versorgung mit der Regelversorgung nicht mehr verglichen werden kann.
Auch die integrierte Versorgung hat die Grundsätze einer qualitätsgesicherten, wirksamen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der eingeschriebenen Versicherten zu erfüllen. Außerdem übernehmen die Leistungserbringer im Vertrag die Gewähr dafür, dass sie ihre organisatorischen Voraussetzungen für die integrierte Versorgung nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und dem medizinischen Fortschritt ausrichten und eine am Versorgungsbedarf orientierte Zusammenarbeit zwischen allen an der Versorgung Beteiligten pflegen. Dazu gehören auch die Koordination zwischen den verschiedenen Ve...