2.1 Aufgabenübertragung (Satz 1)
Rz. 4
Mit Satz 1 wird den Krankenkassen die Befugnis eingeräumt, eigentlich ihr selbst als Sozialversicherungsträger obliegende Aufgaben durch Arbeitsgemeinschaften oder Dritte wahrnehmen zu lassen. Unter Arbeitsgemeinschaften sind Zusammenschlüsse mehrerer Unternehmen und/oder Personen zu verstehen, die gemeinsam einen bestimmten Aufgabenbereich (Zwecksetzung) übernehmen und dazu anteilig Arbeitskräfte, Geräte und Kapital in die Arbeitsgemeinschaft einbringen. Zivilrechtlich sind Arbeitsgemeinschaften, unabhängig davon wer daran beteiligt ist, Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (§§ 704 ff. BGB). Arbeitsgemeinschaften sind dabei solche von Versicherungsträgern, auch solche, an denen die Krankenkasse selbst beteiligt ist. Mit Dritten sind Privatpersonen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen gemeint (so auch Bloch in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 197b Rz. 3); auch solche, an denen die Krankenkasse beteiligt ist, wobei diesen gerade eine, von der Krankenkasse zu trennende, eigenständige Rechtspersönlichkeit zukommt und zukommen muss. Soweit in der Vorschrift darauf abgestellt wird, dass es zur Wahrnehmung von Aufgaben deren Zustimmung bedarf, beinhaltet dies an sich eine Selbstverständlichkeit, denn ein Auftrag stellt nach §§ 662 bis 674 BGB ein Vertragsverhältnis dar, das der Annahme bedarf, wobei es sich bei der Beauftragung mit der Wahrnehmung von Aufgaben für eine Krankenkasse insgesamt allerdings eher um eine entgeltliche Geschäftsbesorgung nach § 675 BGB handeln wird. Auch die Übertragung einer Aufgabe an eine Arbeitsgemeinschaft setzt notwendig deren Zustimmung voraus, denn eine hoheitliche Zuweisung an diese kommt nicht in Betracht. Auch § 88 Abs. 1 SGB X (vgl. Komm. dort) verlangt ausdrücklich für die Aufgabenwahrnehmung durch andere Leistungsträger die Zustimmung des Beauftragten.
Rz. 5
Mit den Krankenkassen obliegenden Aufgaben, die dem Grunde nach durch Arbeitsgemeinschaften oder Dritte wahrgenommen werden dürfen, ist vom Grundsatz her das ganze Spektrum der Aufgaben und Tätigkeiten als Sozialversicherungsträger und Körperschaft des öffentlichen Rechts angesprochen, also von der Tätigkeit der Leistungsbewilligung und -erbringung, einschließlich des Abschlusses der dafür erforderlichen Verträge, der Selbst- und Eigenverwaltung, der Tätigkeit als Einzugsstelle (§ 28h SGB IV) bis hin zu der dafür erforderlichen Einstellung von Personal und der Beschaffung von Sachmitteln, einschließlich der erforderlichen Räumlichkeiten sowie der technischer Ausstattung. Aufgaben, die die Krankenkasse nicht wahrzunehmen hat, können und dürfen auch nicht auf Dritte übertragen werden (vgl. BSG, Urteil v. 31.5.2016, B 1 A 2/15 R, BSGE 121 S. 179).
Rz. 5a
Die Übertragung von Aufgaben nach § 197b ist aber, obwohl dies im Gesetzestext nicht ausdrücklich durch einen Vorbehalt vorgesehen ist, in den Fällen als ausgeschlossen zu betrachten, in denen diese ohnehin von gesetzlich vorgesehenen und gebildeten Arbeitsgemeinschaften wahrzunehmen sind (z. B. nach § 219 oder § 94 SGB X) oder die Aufgabe ohnehin nicht der einzelnen Krankenkasse zugewiesen ist (z. B. nach § 219a). § 197b dürfte auch dann keine Anwendung finden, wenn die Übertragung von bestimmten Aufgaben nach spezielleren Vorschriften geregelt ist (z. B. nach § 20 Abs. 5).
Rz. 6
Aus Satz 2 und dem in der Gesetzesbegründung als nicht übertragbar genannten "Kernbereich" kann gefolgert werden, dass Aufgaben der Leistungserbringung einschließlich deren Bewilligung, der Selbstverwaltung und der Funktion als Einzugsstelle von der Aufgabenübertragung nach § 197b ausgenommen sind.
Rz. 7
Die Übertragung von Aufgaben an Dritte wird ansonsten davon abhängig gemacht, dass
- die Aufgabenübertragung wirtschaftlicher ist,
- sie im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liegt und
- Rechte der Versicherten nicht beeinträchtigt werden.
Soweit die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/3100 S. 159) auf die Zweckmäßigkeit der Aufgabenerledigung durch Dritte verweist, steht dies im Gegensatz zum Gesetzeswortlaut.
Rz. 8
Mit dem Verweis auf die Wirtschaftlichkeit ist gemeint, dass die Beauftragung einer Arbeitsgemeinschaft oder Dritter für die Krankenkasse wirtschaftlicher ist als die eigene Aufgabenwahrnehmung. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Arbeitsgemeinschaft oder der Dritte aufgrund der Menge der Aufträge von mehreren Krankenkassen die Aufgaben durch bessere Ausnutzung der personellen und technischen Ressourcen effizienter und damit im Ergebnis kostengünstiger erledigen kann. Hierin kann sich letztlich auch nur der in der Gesetzesbegründung angesprochene wettbewerbsrelevante Vorteil ergeben, indem durch die geringeren Verwaltungskosten Erhöhungen des Zusatzbeitragssatzes nach § 242 zumindest vermieden werden (vgl. dazu Thüsing/Pötters, SGb 2013 S. 320).
Rz. 9
Die Übertragung soll auch im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liegen. Wann dies der Fall sein kann, lässt der Gesetzestext offen. Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der Betroffenen wird zudem auf einen verwalt...