2.1 Anspruchsvoraussetzungen (Satz 1)
Rz. 4
Versicherte haben nur dann Anspruch auf Kurzzeitpflege nach § 39c, wenn Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1a nicht ausreichen, um ein Verbleiben des Versicherten in der häuslichen Umgebung zu ermöglichen. Durch die Inbezugnahme von § 37 Abs. 1a ist daher zunächst Voraussetzung, dass bei dem Versicherten eine schwere Krankheit oder eine akute Verschlimmerung einer Krankheit besteht, die es ihm unmöglich macht, den Haushalt in wesentlichen Teilen selbstständig zu führen. Ebenso wie bei § 37 Abs. 1a definiert der Gesetzgeber allerdings nicht, was unter einer schweren Erkrankung zu verstehen ist. Eine chronische Erkrankung oder eine permanente kognitive Beeinträchtigung reicht nicht aus (vgl. die Komm. zu § 37 Rz. 12a). Allerdings erklärt sich aus dem Regelungszusammenhang, dass die Erkrankung bzw. die akute Verschlimmerung derart ausgeprägt sein muss, dass sie der eigenständigen Haushaltsführung und der Grundpflege in den wesentlichen dafür notwendigen Teilbereichen entgegensteht. Das kann insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach ambulanter Operation oder nach ambulanter Krankenhausbehandlung der Fall sein. Jedoch setzt der Anspruch eine Erfüllung dieser lediglich beispielhaften Aufzählungen nicht voraus. Vielmehr kann der Anspruch auch in einer vergleichbaren Fallkonstellation, z. B. nach ambulant-onkologischer Chemotherapie, verwirklicht sein (zutreffend Stracke, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 39c Rz. 11).
In einem nächsten Schritt ist sodann zu prüfen, ob nicht die Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung im Rahmen des § 37 Abs. 1a ausreichend sind. Wird diese Frage verneint und besteht somit besonderer Unterstützungsbedarf, kommen Leistungen nach § 39c in Betracht.
Rz. 5
Weitere Voraussetzung ist, dass keine Pflegebedürftigkeit (so der Gesetzesstand bis zum 31.12.2016) bzw. keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 i. S. d. SGB XI (so ab 1.1.2017, vgl. Rz. 2) festgestellt ist. Bis zum 31.12.2016 hatte Anspruch auf Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit nach § 39c, wer nicht als anerkannter Pflegebedürftiger der Pflegestufen I bis III die Leistungen der Kurzpflege nach § 42 SGB XI erhalten konnte. Mit dem Inkrafttreten des PSG III konnte dies ab 1.1.2017 zu einer ungewollten Regelungslücke führen, weil Pflegebedürftige i. S. d. SGB XI ab dem 1.1.2017 alle Pflegebedürftigen einschließlich Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 sind. Diese erhalten aber nur wenige, geringe, im einzelnen aufgeführten Leistungen der Pflegeversicherung, insbesondere erhalten sie keine Kurzzeitpflege. Die Fassung der Norm ab 1.1.2017 stellt damit sicher, dass von dem Anspruch nach § 39c ab 1.1.2017 nur diejenigen Pflegebedürftigen ausgeschlossen sind, die als Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 einen Anspruch auf Kurzzeitpflege nach dem SGB XI haben. Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1 steht der Anspruch allerdings zu.
2.2 Leistungsinhalt (Satz 2)
Rz. 6
Hinsichtlich Leistungsdauer und Leistungshöhe gilt gemäß Satz 2 § 42 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XI entsprechend. Daraus folgt für die Leistungsdauer, dass der Anspruch auf Kurzzeitpflege auf 8 Wochen pro Kalenderjahr beschränkt ist. Leistungsinhalt sind nach § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der Sozialbetreuung sowie Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Die Leistungshöhe ist aktuell auf einen Gesamtbetrag von 1.612 EUR im Kalenderjahr begrenzt. § 42 Abs. 2 Satz 3 SGB XI ist nicht anwendbar. Der Regelungsinhalt dieser Vorschrift beschränkt sich auf die Verhinderungspflege und ist insofern für § 39c nicht relevant.
Rz. 7
Damit handelt es sich bei den Leistungen der Kurzzeitpflege aufgrund der gesetzlich festgelegten Leistungshöhe um einen Teilleistungsanspruch. Dies entspricht auch dem Kurzzeitpflegeanspruch der sozialen Pflegeversicherung. Darüber hinaus finden sich Teilleistungen auch in anderen Bereichen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung, etwa bei der künstlichen Befruchtung oder beim Zahnersatz. Der Gesetzgeber sieht es in einer veränderten gesellschaftlichen Situation zur Deckung spezieller Bedarfe als sachgerecht an, auch eine finanzielle Eigenverantwortung des Einzelnen zu erhalten (BT-Drs. 18/6586 S. 102).
2.3 Leistungsort (Satz 3)
Rz. 8
Nach Satz 3 kann die Leistung in nach dem SGB XI zugelassenen Einrichtungen oder in einer anderen geeigneten Einrichtung erbracht werden. Die bestehenden Strukturen einer qualitätsgesicherten Leistungserbringung können und sollen genutzt werden. Für geeignete Einrichtungen besteht zudem die Möglichkeit zum Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 132h.
2.4 Evaluierung (Satz 4 – aufgehoben)
Rz. 9
Gemäß Satz 4 hatte der Spitzenverband Bund der Krankenkassen über das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Bundestag bis Ende 2018 einen Bericht vorzulegen, in dem die Erfahrungen mit der Einführung des neuen Anspruchs auf Leistungen einer Kurzzeitpflege niedergelegt werden sollten. Satz 4 ist durch das TSVG (Rz. 2a) aufgehoben worden, da die Berichtspfli...