Rz. 11
Zu den gesetzlichen Abzügen zählen
- die Lohn- und Kirchensteuer,
- die Arbeitnehmeranteile aufgrund von Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung – hierzu ist auch der Zusatzbeitrag zur Pflegeversicherung für Kinderlose zuzuordnen (vgl. § 28d SGB V) – sowie
- der Solidaritätszuschlag (falls dieser tatsächlich noch zu entrichten ist).
Wie gesetzliche Abzüge behandelt werden auch:
- die um Arbeitgeberzuschüsse verminderten freiwilligen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (§ 23c Satz 2 SGB IV),
- die um die Arbeitgeberzuschüsse verminderten Pflichtbeiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen,
- die Arbeitnehmeranteile zur Umlage zwecks Finanzierung des Zuschuss-Wintergeldes und des Mehraufwands-Wintergeldes sowie
- die Arbeits- und Arbeitnehmerkammerbeiträge (nur Bremen und Saarland).
Bei der Ermittlung des Nettoarbeitsentgelts, das zur Kürzung des Krankengeldes führen kann, werden die zum Zeitpunkt der Zahlung zugrunde liegenden tatsächlichen steuerlichen individuellen Verhältnisse und demnach das tatsächliche Nettoarbeitsentgelt des Arbeitsunfähigen berücksichtigt. Das gilt auch, wenn im Vergleich zum Bemessungszeitraum Steuerfreibeträge hinzutreten oder wegfallen.
Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer erhält während einer stufenweisen Wiedereingliederung (§ 74 SGB V, § 44 SGB IX) ein Krankengeld in Höhe von 63,00 EUR täglich. Dieses errechnet sich aus 70 % des Regelentgelts (70 % von 100,00 EUR = 70,00 EUR und ist begrenzt auf 90 % des Nettoarbeitsentgelt (90 % von 70,00 EUR = 63,00 EUR). Während der stufenweisen Wiedereingliederung zahlt der Arbeitgeber auf freiwilliger Basis als Gegenwert für die erbrachte Arbeitsleistung (zurzeit 2 Stunden je Arbeitstag) ein auf den Kalendertag umgerechnetes Arbeitsentgelt i. H. v. 28,00 EUR brutto bzw. 20,00 EUR netto.
Lösung:
Während der stufenweisen Wiedereingliederung wird das tägliche Krankengeld in Höhe von 63,00 EUR um 20,00 EUR auf 43,00 EUR gemindert.
Anmerkung: Vgl. aber Rz. 12.
Rz. 12
Wird während des Krankengeldbezuges Arbeitsentgelt aufgrund einer freiwilligen Leistung des Arbeitgebers nicht
- für eine konkrete Arbeitsleistung,
- aufgrund einer gesetzlichen Entgeltfortzahlungsverpflichtung (z. B. §§ 3, 9 EFZG) oder
- aufgrund einer sonstigen fiktiven Arbeitsleistung,
sondern z. B. ergänzend zur Verbesserung der finanziellen Situation des Arbeitsunfähigen gezahlt (Zuschuss zum Krankengeld), ruht der Anspruch nur insoweit, als das Krankengeld zusammen mit dem "Zuschuss" des Arbeitgebers das nach § 47 ermittelte Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigt (vgl. hierzu Rz. 17). Hätte der Arbeitgeber die 28,00 EUR brutto bzw. 20,00 EUR netto nicht als Gegenwert für die erbrachte Arbeitsleistung, sondern als freiwilligen Zuschuss zum Krankengeld deklariert, hätten diese ggf. nicht zum Ruhen des Krankengeldes geführt; vgl. hierzu Rz. 17.
Rz. 13
Noch ein Hinweis des Autors: Das Krankengeld berechnet sich aus vergangenheitsbezogenen Arbeitsentgelten (= aus dem Bemessungszeitraum vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit), die Entgeltfortzahlung dagegen aus gegenwartsbezogenen. Sollte der Fall eintreten, dass das Krankengeld wegen der Berücksichtigung von Einmalzahlungen höher ausfallen sollte, als zurzeit als Entgeltfortzahlung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 3, 9 EFZG bei Arbeitnehmern, § 616 BGB bei Auszubildenden) netto geleistet wird, ruht der Anspruch auf Krankengeld trotzdem in vollem Umfang. Es ist nämlich nicht zu vertreten, dass sich der arbeitsunfähige Versicherte aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsweisen von Krankengeld und Entgeltfortzahlung bereichert. Gleiches gilt bei einer im Rahmen des Entgeltfortzahlungszeitraums stattfindenden Kurzarbeit, die eine niedrigere Entgeltfortzahlung begründet, sofern § 47b keinen Ausgleich schafft.
Ein 67-jähriger Arbeitnehmer erkrankt am 25.3. arbeitsunfähig und hat grundsätzlich einen Anspruch auf Krankengeld (Bemessungszeitraum: Februar). Im Betrieb wird seit dem 1.4. kurzgearbeitet (Arbeitszeit 20 Stunden statt 40 Stunden wöchentlich). Die Entgeltfortzahlung, die sich am gegenwartsbezogenen Arbeitsentgelt orientiert, fällt damit erheblich geringer aus. Der Arbeitnehmer erhält wegen seines Alters kein Kurzarbeitergeld (§ 98 SGB III); § 47b Abs. 4 SGB V lässt neben der Entgeltfortzahlung eine Zahlung des Krankengeldes in Höhe des Kurzarbeitergeldes nicht zu.
Fazit:
Für die Zeit der Entgeltfortzahlung ruht der Anspruch auf das Krankengeld (aus dem Bemessungszeitraum Februar berechnet) in vollem Umfang, obwohl sich für die Entgeltfortzahlung das Arbeitsentgelt erheblich verändert hat.