Rz. 24
Hat eine Krankenkasse Krankengeld gezahlt und ist der Anspruch auf dieses Krankengeld wegen einer Rentenzubilligung nach § 50 Abs. 1 nachträglich entfallen, ist der Rentenversicherungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von dem Krankengeld der Krankenkasse Kenntnis erlangt hat (§ 103 Abs. 1 SGB X). Die Krankenkasse bekommt in diesen Fällen ihr zeitgleich gezahltes Krankengeld bis zur Höhe der Rente erstattet (§ 103 Abs. Abs. 2 SGB X) – vorausgesetzt, der Erstattungsanspruch wird innerhalb der Fristen des § 111 SGB X bei dem Rentenversicherungsträger angezeigt oder bereits geltend gemacht.
In der Regel übersteigt das bisher gezahlte Krankengeld den Betrag der Rente, sodass der Krankenkasse ein Teil des bereits gezahlten Krankengeldes nicht erstattet wird. In diesem Fall kann die Krankenkasse den überschießenden Betrag vom Versicherten nicht zurückfordern (§ 50 Abs. 1 Satz 2).
Der Rentenversicherungsträger hält die nachzuzahlende Rente zunächst einmal zurück und wartet auf die Bezifferung des Erstattungsanspruchs, den die Krankenkasse aus der Rentennachzahlung heraus hat. Die laufende Zahlung der monatlichen Rente beginnt dann meist zum nächsten/übernächsten Monat. Wurde der Erstattungsanspruch von der Krankenkasse nicht in einer angemessenen Zeit beim Rentenversicherungsträger angezeigt, wird die Rentennachzahlung unmittelbar an den Versicherten ausgezahlt. In diesem Fall muss der Krankenversicherungsträger das überzahlte Krankengeld (in Höhe der Rente) vom Versicherten unmittelbar zurückfordern.
Rz. 25
Zur Erfüllung des Erstattungsanspruches der Krankenkasse darf auf Rentenbeträge nur für die Zeit zurückgegriffen werden, für welche Krankengeld und Rente zusammentreffen. Durch diese Bestimmung wird klargestellt, dass ein Erstattungsanspruch zeitliche Kongruenz der Leistungen aus der Rentenversicherung ("Monatsprinzip") und aus der Krankenversicherung zur Voraussetzung hat (Abschn. A IV ErstVfVb).
Der Grundsatz der zeitlichen Kongruenz erfordert eine kalendermonatlich getrennt vorzunehmende Gegenüberstellung beider Leistungen. Eine lediglich summarische Gegenüberstellung der im Erstattungszeitraum erbrachten Gesamtleistungen ist unzulässig (BSG, Urteil v. 29.11.1985, 4a RJ 84/84).
Bei der Ermittlung des Erstattungsanspruchs sind
a) das Krankengeld und
b) der Rentenbetrag
gegenüberzustellen. Der Erstattungsanspruch besteht in Höhe des niedrigeren der beiden Beträge. Der dem erstattungsberechtigten Leistungsträger zustehende Erstattungsanspruch (Endbetrag) ist centgenau auszuzahlen.
zu a)
Als Krankengeld gilt der Betrag des Brutto-Krankengeldes – also der Betrag, der sich nach der Berechnungsvorschrift des § 47 als jeweils tägliches Krankengeld ergibt (= Betrag vor Abzug der vom Versicherten zu tragenden Beitragsanteile). Man spricht hier in der Praxis von dem Brutto-Krankengeld.
zu b)
Der Erstattungsanspruch der Krankenkasse wird in den Fällen des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 auf den jeweiligen Auszahlungsanspruch der Rente begrenzt. Rente in diesem Sinne ist der dem Versicherten zustehende Betrag abzüglich der dem Versicherten einbehaltenen Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung (Krankenversicherung = halber Beitragssatz – § 249a SGB V, Pflegeversicherung = voller Beitragssatz – § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Dieser Betrag wird auch als "Nettorente" bezeichnet.
Leistungsanteile der Rente aus Beiträgen der Höherversicherung werden von dem Erstattungsanspruch nicht erfasst. Das bedeutet aber nicht, dass bei kranken- und pflegeversicherten Rentnern von der Nettorente einfach der Bruttobetrag der Leistungsanteile aus den Höherversicherungsbeiträgen abgezogen werden kann. Weil von den Höherversicherungsanteilen auch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten sind (vgl. § 228 Abs. 1 Satz 1), ist von der Nettorente der um die Beiträge geminderte Höherversicherungsanteil abzuziehen.
Wegen der rückwirkenden Zubilligung einer Vollrente wegen Alters hat die Krankenkasse gegenüber dem Rentenversicherungsträger einen Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X. Laut Rentenbescheid setzt sich die Rente wie folgt zusammen:
monatliche Bruttorente 728,50 EUR
zuzüglich Höherversicherung + 61,18 EUR
monatliche Bruttorente 789,68 EUR
abzüglich Beitragsanteil zur Krankenversicherung (15,9 % : 2 =): 7,95 % – 62,78 EUR
abzüglich Beitragsanteil zur Pflegeversicherung: 3,05 % – 24,09 EUR
monatliche Nettorente 702,81 EUR
Rechtsfolge
Bei der Ermittlung des für den Erstattungsanspruch der Krankenkasse maßgebenden Rentenbetrages ist von der Nettorente (702,81 EUR) noch der darin enthaltene Höherversicherungsanteil (ebenfalls "netto") abzuziehen.
Dieser geminderte Höherversicherungsanteil berechnet sich wie folgt:
monatlicher Höherversicherungsanteil 61,18 EUR
abzüglich Beitragsanteil zur Krankenversicherung (15,9 % : 2 =): 7,95 % – 4,86 EUR
abzüglich Beitragsanteil zur Pflegeversicherung: 3,05 % – 1,87 EUR
monatliche Höherversicherungsanteil nach Abzug der Beiträge: 54,45 EUR
...