0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz – DVG) v. 9.12.2019 (BGBl. I S. 2562) mit Wirkung zum 19.12.2019 eingeführt. Krankenkassen erhalten die Möglichkeit, zur Verbesserung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Versorgung die Entwicklung digitaler Innovationen zu fördern.
1 Allgemeines
Rz. 2
Das DVG fördert digitale Gesundheitsanwendungen, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Die Vorschrift ermöglicht den Krankenkassen, an einer versorgungsnahen und bedarfsgerechten Entwicklung digitaler Innovationen mitzuwirken und diese zu fördern. Die Förderung muss bedarfsgerecht und zielgerichtet sein. Förderkriterien sind eine verbesserte Versorgungsqualität und Versorgungseffizienz, beheben von Versorgungsdefiziten sowie eine verbesserte Patientenorientierung. Dazu können Krankenkassen bis zu 2 % ihrer Finanzreserven (§ 260 Abs. 2 Satz 1) in Anteile an Investmentvermögen nach § 1 Abs. 1 Kapitalanlagegesetzbuch anlegen. Die Regelung korrespondiert mit dem Leistungsanspruch der Versicherten auf digitale Gesundheitsanwendungen (§ 33a) und der Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Einsatzes digitaler oder telemedizinischer Anwendungen und Verfahren durch die Versicherten (§ 20k).
2 Rechtspraxis
2.1 Förderziele (Abs. 1)
Rz. 3
Zur Verbesserung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Versorgung können Krankenkassen die Entwicklung digitaler Innovationen fördern (Satz 1). Die Förderung liegt im Ermessen der Krankenkasse und erfordert einen positiven Beschluss des Verwaltungsrats. Die Förderung muss möglichst bedarfsgerecht und zielgerichtet sein und soll insbesondere zur
- Verbesserung der Versorgungsqualität und Versorgungseffizienz,
- Behebung von Versorgungsdefiziten und
- verbesserten Patientenorientierung in der Versorgung
beitragen (Satz 2).
2.2 Förderfähige Innovationen (Abs. 2)
Rz. 4
Förderfähige digitale Innovationen sind insbesondere
- digitale Medizinprodukte,
- telemedizinische Verfahren oder
- IT-gestützte Verfahren in der Versorgung.
Dazu gehören u. a. die Entwicklung von Applikationen (Anwendungssoftware für Computer und Mobilgeräte; Apps) sowie Verfahren zur Anwendung künstlicher Intelligenz. Die Aufzählung ist nicht abschließend und ermöglicht, weitere digitale Innovationen innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Ziele zu fördern.
2.3 Produktentwicklung (Abs. 3)
Rz. 5
Krankenkassen können digitale Innovationen zusammen mit Dritten entwickeln oder von Dritten entwickeln lassen (Satz 1). Dritte sind insbesondere
- Hersteller von Medizinprodukten,
- Unternehmen aus dem Bereich der Informationstechnologie,
- Forschungseinrichtungen sowie
- Leistungserbringer oder Gemeinschaften von Leistungserbringern
(Satz 2). Die Aufzählung ist nicht abschließend. Die Krankenkassen können mit weiteren Stellen zusammenarbeiten oder diese fördern. Bei der Förderung oder Beauftragung privater Unternehmen durch die Krankenkassen sind die Vorschriften des einschlägigen Haushalts- sowie Wettbewerbs- und Beihilferechts zu beachten. Soweit die Förderung eine Zuwendung beinhaltet, gilt § 17 der Verordnung über das Haushaltswesen in der Sozialversicherung (SVHV; BT-Drs. 19/13438 S. 46).
2.4 Art der Förderung (Abs. 4)
Rz. 6
Die Krankenkasse fördert, indem sie entweder durch eine fachlich-inhaltliche Kooperation mit Dritten (Abs. 3) oder Anteile an Investmentvermögen erwirbt (§ 263a). Beteiligt sich die Krankenkasse an Investmentvermögen, hat sie dazu eine fachlich-inhaltliche Kooperation mit der Kapitalverwaltungsgesellschaft vertraglich zu vereinbaren. Beide Fördermöglichkeiten unterliegen der gesetzlichen Zweckbindung (Abs. 1). Die Inhalte und Verfahren der Kooperation sind im Rahmen einer zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern zu konkretisieren. Darin sind insbesondere konkrete Maßnahmen zu vereinbaren, die einen Informationsaustausch zum gegenseitigen Nutzen der Beteiligten vorsehen und im Falle eines Erwerbs von Anteilen an Investmentvermögen die Vertretung der Krankenkasse in einem Anlegergremium (ohne Stimmrecht) sicherstellen (BT-Drs. 19/13438 S. 46).
2.5 Datenschutz (Abs. 5)
Rz. 7
Krankenkassen sind berechtigt, die rechtmäßig erhobenen und gespeicherten versichertenbezogenen Daten (§ 284 Abs. 1) im erforderlichen Umfang auszuwerten (Satz 1). Mit den bereits vorhandenen Sozialdaten kann die Krankenkasse den konkreten Versorgungsbedarf und den möglichen Einfluss digitaler Innovationen auf die Versorgung ermitteln und positive Versorgungseffekte digitaler Anwendungen evaluieren. Die Daten sind vor der Auswertung zu pseudonymisieren (Satz 2). Dabei werden der Name und andere Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen ersetzt, um die Bestimmung des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren (§ 3 Abs. 6a BDSG). Die Krankenkasse hat die pseudonymisierten Daten zu anonymisieren, wenn den Zwecken der Datenauswertung auch mit anonymisierten Daten entsprochen werden kann (Satz 3). Dabei werden personenbezogene Daten derart verändert, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten u...