Rz. 8
Tagsüber haben die Prüfer gemäß Abs. 2 Satz 1 jederzeit die grundsätzliche Berechtigung, im Rahmen der teil- und vollstationären Pflege die benutzten Grundstücke und Räumlichkeiten des betroffenen Pflegeheims zu betreten, um dort für Zwecke der Qualitätssicherung entsprechende Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen, sich mit den Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen, vertretungsberechtigten Personen und Betreuern in Verbindung zu setzen sowie die Beschäftigten und Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohner zu befragen (vgl. aber unten Rz. 7). Zur Nachtzeit räumt das Gesetz den Prüfern solche Befugnisse nur ein, wenn und soweit das Ziel der Qualitätssicherung zu anderen Tageszeiten nicht erreicht werden kann (Abs. 2 Satz 2). Konkret kommt dies nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 14/5395 S. 42) vor allem bei Prüfgegenständen in Betracht, die tagsüber nicht kontrolliert werden können (z. B. Anzahl der Nachtwachen, Fixierung/Sedierung der Pflegebedürftigen, Flüssigkeitszufuhr). Einen rechtssicheren Zeitrahmen für die Dauer der Nachtzeit gibt das Gesetz nicht vor. Die Gesetzesbegründung geht von 22 bis 8 Uhr aus (vgl. BT-Drs. 16/7439 S. 87).
Rz. 9
Das Zutrittsrecht erstreckt sich auf alle für den Pflegebetrieb benutzten Grundstücke und Räume und beschränkt sich nicht nur auf die für die eigentliche Pflegetätigkeit in Anspruch genommenen Räumlichkeiten und Geschäftsräume (so zutreffend Weber, in: Udsching/Schütze, SGB XII, 5. Aufl., § 114a Rz. 4 mit weiterem Literaturhinweis). Räume, die einem Wohnrecht der Heimbewohner unterliegen, dürfen nach Abs. 2 Satz 3 nur mit deren Einwilligung betreten werden. Ohne Einwilligung des Heimbewohners gestattet Abs. 2 Satz 3 den Prüfinstitutionen für Zwecke der Qualitätsprüfung und Qualitätssicherung den Zutritt zu den dem Wohnrecht unterliegenden Räumen ausnahmsweise dann, wenn dies zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist (Gefahr im Verzug). In Betracht kommt ein solcher Ausnahmetatbestand bei Anhaltspunkten für Qualitätsmängel, deren Schwere im Einzelfall die Annahme einer erheblichen Gefährdung von Leben und Gesundheit des Heimbewohners rechtfertigt (z. B. Gefahr der Austrocknung wegen unzureichender Flüssigkeitszufuhr, unzulässige Medikamentenversorgung). Abs. 2 Satz 3 HS 2 schränkt unter diesen Voraussetzungen das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) ausdrücklich ein. Mit Rücksicht auf den qualifizierten Gesetzesvorbehalt in Art. 13 Abs. 7 GG, der gerade die anlassunabhängige Verhütung von Gefahren für besonders wichtige Rechtsgüter, wie etwa die menschliche Gesundheit, umfasst und damit ein hierauf bezogenes präventives ordnungsbehördliches Einschreiten ermöglicht (vgl. hierzu BT-Drs., 14/5395 S. 42), dürfte der hier auf übergeordneten öffentlichen Interessen beruhende Erlaubnistatbestand verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein.
Soweit ein Pflegebedürftiger die Einwilligung nicht erteilen kann, sah Abs. 2 Satz 5 in der bis 29.10.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze v. 26.7.2011 (BGBl. I S. 1622) die Möglichkeit vor, diese durch die Einholung der Einwilligung einer vertretungsberechtigten Person oder eines bestellten Betreuers zu ersetzen. Diese Regelung wurde durch das PNG mit Wirkung zum 30.10.2012 in Abs. 2 gestrichen und in Abs. 3a Satz 6 sinngemäß übernommen. Soweit indes diese Regelung in der durch das PSG III mit Wirkung zum 1.1.2017 geänderten Fassung die Ersetzung der Einwilligung des Pflegebedürftigen durch eine entsprechende Erklärung eines hierzu Berechtigten (gesetzlicher Vertreter oder Betreuer) nur im Zusammenhang mit einer Inaugenscheinnahme der in die Prüfung einbezogenen Person vorsieht, dürfte es sich bei dieser Einschränkung um ein Redaktionsversehen handeln, weshalb einer anlogen Anwendung des Abs. 3a Satz 6 in den Einwilligungsfällen des Abs. 2 Satz 3 und 4 keine rechtlichen Bedenken entgegenstehen (so im Ergebnis zutreffend Gutzler, in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand 11/17, § 114a Rz. 11).
Rz. 10
Neben den für die sachgerechte Durchführung einer Qualitätsprüfung unabdingbaren Zutrittsbefugnissen räumt Abs. 2 Satz 1 den Prüfstellen vor allem auch das Recht ein, Beschäftigte des Einrichtungsträgers sowie die Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohner zu befragen. Im Rahmen der Befragung von Beschäftigten haben die Prüfer zur angemessenen Wahrung der Arbeitnehmerinteressen den Grundsatz der Vertraulichkeit zu beachten, weshalb der Einrichtungsträger als Arbeitgeber bei fehlender Einwilligung des Betroffenen von der Teilnahme an den Gesprächen ausgeschlossen werden kann. Entsprechendes gilt für die mit den übrigen Personenkreisen nach Abs. 2 Satz 1 durchgeführten Befragungen (umstritten; zum Meinungsstand vgl. Weber, in: Udsching/Schütze, SGB XI, 5. Aufl., § 114a Rz. 9).