Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 1a
Die Bedarfsplanung war 1977 (KVWG v. 28.12.1976, BGBl. I S. 3871) in das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt worden, um einer gelegentlich vorhandenen ärztlichen Unterversorgung in ländlichen Bezirken und in Stadtrandbezirken entgegenzuwirken. Obwohl die Zahl der im Bundesgebiet niedergelassenen Ärzte (ohne Psychotherapeuten) seitdem insgesamt stetig zugenommen hat – von knapp 100.000 im Jahre 1991 auf heute rd. 144.000 – weist die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in einigen KV-Bereichen weiterhin Probleme auf, weil die Vertragsärzte ungleich über die Republik verteilt sind. Überversorgten Regionen stehen solche gegenüber, in denen die Patienten schon heute wegen fehlender Vertragsärzte weite Wege oder lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Außerdem ist der Versorgungsbedarf insgesamt gestiegen, weil die Patienten im Durchschnitt älter, häufiger chronisch und mehrfach krank sind als vor 20 Jahren und der Patient nach Angabe der Barmer GEK im Durchschnitt 18 Mal im Jahr einen Arzt aufsucht, ein Spitzenwert im europäischen Vergleich. Ob dieser Spitzenwert im Sinne einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen vertragsärztlichen Versorgung bedarfsgerecht ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Es kommt hinzu, dass sich inzwischen Nachwuchsprobleme bei den niedergelassenen Ärzten aufgetan haben. Ende 2012 war nach der Erhebung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bereits jeder 4. niedergelassene Arzt über 60 Jahre alt, zwei Drittel hatten die 50 Jahre überschritten und der Anteil der unter 40 Jahre alten Ärzte lag bei nur 4 %. Diese Probleme betreffen insbesondere Hausärzte, sodass den Patienten künftig vor allem bei Hausärzten längere Wege und Wartezeiten drohen. Das macht die Bedarfsplanung im Sinne einer vorausschauenden Bedarfssteuerung durch Zulassungsbeschränkungen bei Unterversorgung notwendig.
Die Vorschrift konkretisiert die Aufgaben, die im Falle einer Unterversorgung in bestimmten Gebieten eines Zulassungsbezirks vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zu erledigen sind. Weitere Rechtsgrundlage ist Abschnitt IV der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), wo in §§ 15 und 16 die Vorgehensweise des Landesausschusses und die sich daraus ergebenden Folgerungen für den Zulassungsausschuss beschrieben sind.
Abs. 2 sieht Zulassungsbeschränkungen vor, falls die KV durch Maßnahmen oder durch andere geeignete Maßnahmen eine Versorgung nicht sicherstellen kann. Es können dann Zulassungsbeschränkungen in anderen Planungsbereichen angeordnet werden.
Abs. 3 betrifft die Feststellung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs in nicht unterversorgten Planungsbereichen.
Nach Abs. 4 gelten die Einräumung der Frist zur Beseitigung oder Abwendung der Unterversorgung sowie die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen nicht für Zahnärzte, weil sich die Sicherstellung in der vertragszahnärztlichen Versorgung grundlegend anders darstellt als in der vertragsärztlichen Versorgung.
Mit der Änderung in Abs. 1 Satz 1 ist klargestellt worden, dass ermächtigte Ärztinnen und Ärzte und Ärzte in ermächtigten Einrichtungen zwar im Rahmen der Bedarfsplanung angerechnet werden, aber bei der Feststellung von Unterversorgung keine Berücksichtigung finden, um nicht gewollte Wirkungen bei einer Feststellung der ärztlichen Unterversorgung auszuschließen.